Sehr gerne wird heute in den verschiedensten Musikbereichen mit Bezügen zu den Anfängen der jeweiligen Stilrichtung kokettiert. Man kann regelrecht von einer Retro- oder, wie die Metaller gerne sagen, 'Old School'-Welle sprechen. In vielen Fällen mag dies aus diversen Kalkülen geboren sein und dann in seiner Berechenbarkeit gelegentlich zur reinen Pose verkommen. Es gibt aber auch zahlreiche glaubwürdige Vertreter (hier ein Paradebeispiel für den Bluessektor), bei denen das absolut authentisch rüberkommt.
Die kanadischen Bluesrocker Daddy Long Legs nennen das, was sie seit vier CDs und unzähligen knisternden Liveshows zelebrieren, treffsicher »Garagenblues«. Und richtig, hier klingt alles, aber auch wirklich alles nach der 'guten alten Zeit': authentisch, nachvollziehbar und zu keinem Zeitpunkt abgeschmackt. Die vier jungen Männer aus dem Süden der Provinz Ontario wirken rau und archaisch wie ihre Vorbilder aus den Fünfzigern und Sechzigern. Ihre Songs klingen tatsächlich, wie unter minimalistischen Bedingungen in der Garage eines Wohnhauses entstanden. Sicherlich wurde hier alles live eingespielt - Overdubs scheinen nur (wenn überhaupt) in geringsten Ausmaßen, bspw. beim Backgroundgesang, gesetzt worden zu sein.
Stilistisch 'hängt' man dreißig, vierzig Jahre zurück und bedient sich hier ausgiebig beim urtümlichen Blues - eine muntere Mischung aus Shuffle, Boogie, Rock'n'Roll, Country Blues und Skiffle. Omnipräsentes Soloinstrument ist neben der von Sänger Mike Elliot gespielten Gitarre eine raue Hoochie, von Chris 'Junior' Malleck mit der Virtuosität eines John Popper geblasen.
In ihrer Heimat haben sich Daddy Long Legs bereits einen Kultstatus erspielt, der mit zahlreichen Blues Awards bzw. Nominierungen honoriert wurde. Bekannt ist das Quartett vor allem durch seine hochenergetischen Auftritte. Mit ihrer mittlerweile fünften CD, der hier vorliegenden "The Devil's In The Details", nehmen sie nun auch das bluesverrückte Europa ins Visier, und - soviel darf vorab verraten werden - sie sollten es im Sturm erobern können, wenn den Clubs nicht das Bier nach dem Soundcheck ausgegangen ist ;-)
Track-by-Track-Reviews finde ich in der Regel eher unspannend und, wenn überhaupt, nur bei den ganz 'großen' Scheiben angesagt. "The Devil's In The Details" ist 'nur' eine Scheibe, die pure Lust auf eine Bluesparty weckt, da finde ich persönlich ein Sezieren eher unangebracht. Schließlich zielen Daddy Long Legs eindeutig auf den Bauch und nicht auf die 'Glocke'.
Die elf Songs köcheln und dampfen immer hart am Siedepunkt. Jeder einzelne wird hochenergetisch und dabei unglaublich locker rausgehauen - man spürt förmlich, wie die vier Musiker für ihre Sache brennen. So - und nur so - kann man diesen 'Old Style' authentisch rüberbringen. Live dürfte das richtig zünden, vor allem, wenn sich der Alkoholpegel vor und auf der Bühne im hochoktanigen Bereich eingependelt hat. Ob ein raubeiniger Boogie wie beim Titelsong, ein seelenvolles Exemplar der 'Königsklasse' Slow Blues ("Lonely"), ein Uptempo-Rock'n'Roller wie "Get Drunk And Be Someone", ein derber Shuffe mit Zündstoff ("Half Pint") oder das intensive, akustische "Dug My Own Grave" - Abwechslungsreichtum und Spaßfaktor von "The Devil's In The Details" lassen kaum Wünsche offen, wenn man sich dem ursprünglichen, traditionellen Blues verbunden fühlt.
Die einen mögen das Album 'altbacken' nennen, was ich sogar zu einem gewissen Grad nachvollziehen kann. Allerdings gibt es im Blues wie im Blues Rock so manches junge Projekt, das sich 'innovativ' nennt bzw. entsprechend 'hochgejazzt' wird und nicht die Spur der Authentizität von "The Devil's In The Details" besitzt. Nööö, beim Blues bin ich persönlich bekennend 'old school' und Daddy Long Legs gehen mir dahingehend richtig gut ab. Beim nächsten Mal darf aber die Spielzeit ruhig etwas länger ausfallen!
Line-up:
Mike Elliot (lead vocals, guitars)
Chris 'Junior' Malleck (harp, backing vocals)
Steve Toms (bass, tambourine, kick drum, backing vocals)
Jeff Wagner (drums)
Tracklist |
01:The Devil's In The Details (2:36)
02:Your Love Is Killing Me (3:21)
03:Lonely (3:58)
04:Borrowed Time (3:50)
05:40 Hour Week (3:30)
06:Easy For Me (4:18)
07:Get Drunk And Be Someone (3:07)
08:You Wonder (3:03)
09:The One (3:20)
10:Half Pint (3:44)
11:Dug My Own Grave (3:41)
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