Däng / Tartarus: The Darkest Realm
Tartarus: The Darkest Realm Spielzeit: 52:21
Medium: CD
Label: No Remorse Records, 2013
Stil: Progressive Metal, Doom

Review vom 21.01.2014


Steve Braun
Ein kleiner Ausflug in die griechische Mythologie gefällig? Dann sei euch ein brandneues Projekt aus North Carolina allerwärmstens ans Herz gelegt!! Man wäre zwar durchaus geneigt, den vier Jungs den Award 'Dämlichster Bandname 2014' überreichen zu wollen, aber - sind wir ehrlich - wer soviel Intelligenz bei der Umsetzung eines Konzeptalbums offenbart, wird sich auch bei Däng etwas gedacht haben...
Chris Church ist der konzeptionelle Mastermind hinter Däng. Für das Debütalbum "Tartarus: The Darkest Realm" hat er einen siebenteiligen Zyklus über den wohl dunkelsten Ort der griechischen Mythologie, den Tartarus, komponiert. Dieser ist der schwärzeste Teil der Unterwelt, der noch unter dem Hades liegen soll. Hierhin werden diejenigen Verdammten verbannt, die die Götterwelt in ganz besonders hohem Maß erzürnt haben. Interessanterweise taucht der Tartarus auch in biblischen Zusammenhängen (ein einziges Mal) als der Ort, an dem Jahwe seine gefallenen Engel auf das Jüngste Gericht ausharren lässt, auf.
Sisyphos darf in unseren Breiten als der 'berühmteste Häftling' dieser Hölle der Höllen gelten. Eher nur Eingeweihten dürfte dagegen Salmoneus bekannt sein. Ihm wurde zum Verhängnis, dass er sich auf eine Stufe mit Zeus stellen wollte. Er gründete die Stadt Salmonia und ließ sich an Stelle des Gottvaters verehren. Dieser tötete ihn dafür und zerstörte die gesamte Stadt mit nur einem einzigen, gewaltigen Blitz.
Ixion, der König der Laphiter, wurde von Zeus in den Olymp erhoben. Fiel dann aber in Ungnade und wurde zur Strafe an ein Feuerrad gebunden und zunächst an den Himmel, später in den Tartarus versetzt, wo er bei jeder Umdrehung des Rades wiederholen muss: »Du sollst dem Wohltäter mit Dank vergelten.«
Danaos war der König von Libyen, dessen fünfzig meuchelmordenden Töchter, die Danaiden, von den Göttern ebenfalls verflucht und dazu verdammt wurden, in der Unterwelt beständig Wasser in ein durchlöchertes Fass zu schöpfen. Ähnlich des Fluchs des Sisyphos ein Sinnbild nie endenwollender, stets vergeblicher Arbeit.
Tityos ist gemeinsam mit Sisyphos und Tantalus einer der drei großen 'klassischen' Sünder der griechischen Mythologie. Nachdem der riesenhafte Halbgott versucht hatte, ausgerechnet Leto (die Geliebte seines Vaters Zeus) zu vergewaltigen, wurde er zur Strafe in den Tartarus verbannt, wo sich zwei Geier an seinen beständig nachwachsenden Organen, vorzugsweise an Herz und Leber, schadlos halten.
Tantalus - zu guter Letzt - war der unermesslich reiche König von Lydien. Er wurde an die Tafel der Götter geladen, zog sich aber nach einigen frevelhaften Diebstählen an seinen Gastgebern deren unmäßigen Zorn zu. Er wurde in den Tartarus verbannt und mit schrecklichsten Strafen belegt. Früchte und Wasser sind ihm greifbar nah, bleiben aber unerreichbar. Obendrein droht permanent ein über seinem Haupt schwebender, mächtiger Felsbrocken herabzustürzen. Diese ewige Pein zog als 'Tantalosqualen' in unseren Sprichwortschatz ein.
An dieser Stelle endet - für meinen Geschmack viel zu schnell - das textliche Konzept von "Tartarus: The Darkest Realm" und ich bedauere an dieser Stelle zutiefst, dass bislang nur die "Ilias" den literarischen Zweig meines Lebensweges gekreuzt hat. Ich hoffe, es geht dem einen oder anderen Leser ebenso...
Zudem ist beklagenswert, dass, wenn nun die musikalischen 'Korsettstangen' zur Sprache kommen, mir als 'Azubi für Metalfragen' die Referenzbands ausgehen. Was könnten jetzt unsere Hohepriester des Doom, Andrea und Jens, für ein Namedropping betreiben! Ich, als ein in dieser Hinsicht 'Minderbemittelter', muss auf die bekanntesten Größen wie Black Sabbath, Pentagram und Candlemass zurückgreifen, kann dies allerdings mit ruhigem Gewissen tun. Deren schwerblütiger Doom Metal stellt sicher das probateste Mittel dar, den höllenhaften Tartarus musikalisch zu interpretieren. Diese zäh wie Lava strömende 'Ursuppe' ist für mich das ideale Handwerkszeug, um die ewige Pein und Qual darzustellen.
Die zweite Säule der musikalischen Basis bildet der Progressive Metal, mit einem nicht unerheblichen Anteil von stahlhartem Hard Rock angereichert. Dieser sorgt für eine hochgradig-intelligente Explosivität der Arrangements, die durch die düstere, massive Wucht des Doom perfekt ergänzt wird. Was die Doppelbödigkeit der Strafen exzellent abbildet, denn das Leiden der Unglückseligen ist ja - fies wie Götterstrafen nun mal sind - nicht nur auf das Körperliche begrenzt.
Die Einleitung zu "Sisyphus" spiegelt perfekt das schwarze Nichts des Tartarus wider, bevor mächtige Gitarrensteilwände die Unmöglichkeit der Erfüllung von dessen Aufgabe abbildet. Die schwerblütig treibenden Riffs von "Salmoneus" sind von kristallklarer Reinheit, die immer wieder von schwärzestem Chaos konterkariert werden. Auch die folgenden Stücke sind perfekt durchdacht und hochintelligent umgesetzt worden - man sieht bei "Ixion" förmlich das Feuerrad seine erbarmungslosen Runden drehen...
Für einen 'Durchschnitts-Härtner' wie mich ist sicherlich "Danaides" - mit seiner gezupften Einleitung schön wie Danaos' hinterhältige Töchter - die zuträglichste Nummer. Zudem wird hier hardrockig-treibend erstmals das Tempo richtig forciert. Auch "Tityos" ist im Gegensatz der schaurigen Geschichte im Hintergrund eher eingängig arrangiert, während das abschließende "Tantalus" nach etwa der Hälfte der Spielzeit von einem jähen Abgrund des Chaos' verschlungen wird.
Genrekundige Leser mögen mir meinen beschränkten Sprachschatz an dieser Stelle entschuldigen, aber wir RockTimer sind bekanntlich stets bemüht, unseren musikalischen Horizont zu erweitern. "Tartarus: The Darkest Realm" war (auch und gerade aus dem musikalischen Blickwinkel) ein überaus interessanter Horrortrip in einen alptraumhaften, 'doomigen' Schlund ohne Wiederkehr. Für das Konzept hinter den gut fünfzig Minuten gilt ebenfalls: beide Daumen hoch!
Däng ist - zumindest bei mir - die erste titanenstarke, erfreuliche Überraschung des noch jungen Jahres gelungen. Lasst euch ebenfalls massenhaft begeistern!!
Line-up:
Chris Church (vocals, guitars)
Scott Cornette (guitars)
Matt Lutton (bass)
Brian Beaver (drums)
Tracklist
01:Sisyphus (7:10)
02:Salmoneus (7:42)
03:Titans (7:25)
04:Ixion (8:24)
05:Danaides (5:10)
06:Tityos (8:32)
07:Tantalus (7:28)
Externe Links: