Dakota Suite / An Almost Silent Life
An Almost Silent Life Spielzeit: 53:20
Medium: DoCD
Label: Glitterhouse Records, 2011
Stil: Pop, Rock, Singer-Songwriter


Review vom 29.11.2012


Günther Klößinger
"An Almost Silent Life", also ein nahezu stilles Leben - dieser Titel des aktuellen Albums von Dakota Suite kann getrost als Untertreibung des Jahres gewertet werden. Chris Hooson, Mastermind des musikalischen Projekts, das er 1996 gemeinsam mit David Buxton aus der Taufe gehoben hat, legt hier sein Innerstes auf künstlerische Art und Weise offen und gewährt sehr intime Einblicke in sein Seelenleben. Und diese Introspektion erweckt beim genaueren Zuhören den Eindruck, als führe Hooson 'a totally silent life'. Nach eigenen Aussagen entstand dieses Werk nach einer sehr schwierigen Zeit im Leben des Musikers, die geprägt von Leid, Trauer und Depression war.
In der Verarbeitung dieser höchst persönlichen Eindrücke fungieren Musikinstrumente quasi als die Medien, die den Schmerz kanalisieren und transportieren. Hooson greift nie zur Gitarre, um mal eben so zum Spaß alte Beatles-Titel anzustimmen oder locker zu jammen. Vielmehr nimmt er sie zur Hand, wenn der Schmerz zu groß wird und heraus muss. Entstanden sind dabei kleine, ergreifende Meisterwerke, die Emotionen authentisch wiedergeben, fernab von schwülstigem Seelenstriptease. Hooson begibt sich in den Schmerz hinein, durchlebt ihn mit voller Aufmerksamkeit und setzt sein Erleben dann in Texte und Töne um.
Dabei gelingt ihm ein wahres Kunststück - nach diesen Einblicken in sein Schaffen und die Motivation, die hinter den Kompositionen von "An Almost Silent Life" stehen, könnte man ein depressives Stück Frustmusik erwarten, das den geneigten Hörer mit düsteren Selbstmordgedanken zurücklässt - doch genau dies ist nicht der Fall. Vielmehr verbreitet das Werk eine eher positive Stimmung. In all der Trauer, die hier verarbeitet wurde, steckt doch auch Liebe und Dankbarkeit. Diese drückt Hooson nicht esoterisch-überhöht aus, sondern projiziert sie auf eine sehr reale Person. Die Lieder sind allesamt seiner Frau Johanna gewidmet. Hooson betrachtet das als Dank dafür, dass es die Dame an seiner Seite trotz all seiner Depressionen mit ihm aushält.
Dass diese Innerlichkeit und die Liebeserklärungen in Text und Musik keine Masche für das schottische Ausnahmeprojekt ist, entdeckt man, wenn man sich intensiver mit dem bisherigen Oeuvre von Hooson und Buxton auseinandersetzt. Einen einheitlichen Stil wird man hier vermissen, da findet sich alles von Singer/Songwriter-Scheiben bis zu stimmungsvoller Filmmusik. "An Almost Silent Life" ist gar das erste reine Song-Opus nach einer fast ausschließlich instrumental gehaltenen Trilogie.
»Nach dem ersten Singer/Songwriter-Album von Dakota Suite hatte ich das Gefühl, diesen Stil ausgereizt zu haben, nichts mehr hinzufügen zu können«, konstatierte Chris Hooson in einem früheren Interview. Erst die Verarbeitung jener traurigen Phase seines Lebens, die der Produktion voranging und das Bedürfnis, den Dank an seine Frau auch in Worte zu kleiden, führte dazu, dass das vorliegende Werk ein Songzyklus im eigentlichen Sinne wurde.
Dass die Stücke trotz aller opulenten Instrumentierung durchwegs ihren stillen Charakter behalten, ist schon eine Leistung für sich. David Buxton durfte für dieses Album gar erstmals einen Synthesizer bei Dakota Suite einsetzen und auch das geschieht vollkommen unaufdringlich, ganz im Sinne des Gesamtkonzepts.
"An Almost Silent Life" ist in jedem Fall ein sehr ungewöhnliches Album. Vielleicht kostet es sogar etwas Mut, sich mit Chris Hooson und seinen Mitfrustenden in diese traurigen Seelenlandschaften hineinzubegeben, doch wer diesen Schritt wagt, wird auch belohnt. Selbst nach mehrmaligem Hören fühle ich mich durch die Songs, ihre Harmonien und die Worte wieder und wieder im positiven Sinne berührt. Wie oft steht man fassungslos vor dem Phänomen 'Leid', sei es global betrachtet oder auf der ganz persönlichen Ebene. Angesichts von Krankheit, Katastrophen und Tod kann man verzweifeln, zynisch oder depressiv werden - man kann aber auch solch ein künstlerisches Juwel in die Welt entlassen. Und auch David Buxtons Instrumental "Lumen" passt kongenial in die Songs aus dem Hause Hooson. Wenn diese Scheibe eine Message transportiert, dann diese: Es gibt ein Licht am Ende des Tunnels - und Musik!
Line-up:
Chris Hooson (acoustic & electric guitar, bass, vocals)
David Buxton (bass, strings, Juno & ARP synthesizer, sampler, clarinet, flute)
Quentin Sirjacq (piano)
John Shepherd (drum kit) Colin Dunclay (cello)
Laura Donahue (harmony vocals)
Irène Lecoq, Samuel Leloup (violin)
Cyprien Busolini (viola)
Youen Cadiou (double bass)
Tracklist
01:I See Your Tears
02:If You've Never Had To Run Away
03:An Almost Silent Life
04:Last Flare From A Desperate Shipwreck
05:Everything Lies
06:Lumen
07:I Recoiled So Violently I Almost Disappeared
08:A Comfortable Lie
09:Wanneer De Pijn Ons Doet Scheiden
10:Don't Cry
11:I Know Your Desolate Places
12:Top Rocker
13:Without You
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