Dass wir Menschen heutzutage immerlauerndes Unheil und somit auch unsere Endlichkeit zu gern verdrängen, ist wohl mehrheitlich jener schönfärbenden Methusalem-Industrie und tabuzonen-schwärzenden, überdrehten Alltagsspirale anzukreiden.
Angesicht dieses menschlichen Dilemmas halten wir eben deshalb uns übel aufstoßende, körpergeiselnde Themen wie Krebs in musikalisch unangepasste Gewänder zu verweben, für durchaus waghalsig.
Beflügelt vom schmerzlichem Loslassen der unheilbar erkrankten Ehefrau und all den seelischen Verkrustungen, ertönen auf Frank Lessings nun mittlerweile Portugiesen-verstärkten Musikalien-Therapie "Cruz Quebrada" die schonungslosen Untiefen jener endlichen Reise.
Mit reichlich kompositorischem Tiefgang und einem üppigen Arsenal an Instrumentarien gelang ihm hierbei die, zwischen Trauerabgründen und wiederbeatmeter Zuversicht pendelnden Stimmungskurven, mit atmosphärisch verdichteter Prog-Schwerkost zu generieren.
Natürlich tummelte sich der stets selbsterforschende Mastermind hierfür auf der musikalisch längst erfüllten Spielwiese hüftsteifer Bildungsquerköpfe sowie dramaturgisch Überladenem, um seinen wohl dunkelsten Lebensabschnitt mit schwarzmalerischer Schwermut, als auch wundheilender Melancholie aufzubereiten.
Wie gut dann auch des ex-Berliners Intentionen intime Gefühlsagreggate in songdienlich arrangierte Hörbilder umzuwandeln funktionieren, spürt der nicht völlig abgestumpfte Proband teils im kloßigem Hals.
Lessings hochkultiviertes Rockpsychogramm überzeichnet in siebzig Minuten Liebe, Sterben und Glauben mit sowohl Dissonanz-gewalkter Fingerfertigkeit, dazu Floyd-gemahnter Düsternis, als auch im faden Befindlichkeitsbrei ertrinkender, jedoch Instrumental-gepoppter Retro-Attitüde.
Darüber hinaus dürften seine dichterischen Fähigkeiten jenen waidwunden Gefühlsabfahrten die nötige Emphase abringen, das mit Bandkumpan Bruno Evangelista bestrittene Sangesgrau hingegen wohl freudloses Nachhören.
Solch ein stilistisch tentageliker Arrangementwust sowie emotionale Verarbeitung lebenszerreißender Schicksale verlangen allenthalben mehr als ein Quantum Fingerspitzengefühl, darüber hinaus gehörig Courage.
Eigenschaften, welche diesem im Gesamtdurchlauf anzuratetem Hörwerk mitnichten abzusprechen sind, aber auch, dass mit seiner auf Breitwand getrimmten Pathetik, überdies Botschaft verkündendem Tiefgang belohnende Nachhaltigkeit zu erzeugen vermag.
Tatsächlich sollte man Lessings künstlerisch einerseits depressive, andererseits lebensbejahende Trauerbewältigung, ferner dessen Engagement, nämlich sämtliche Verkauferlöse einer Darmkrebs-Hilfsorganisation zu spenden, die nötigte Aufmerksamkeit widmen.
Line-up:
Frank Lessing (vocals, electric guitar, acoustic guitar, bass guitar, flute, baroque recorder, keyboards, percussion, anklung, African xylophone, blues harp, field recordings)
Andre Marques (drums)
Gabe Cresnar (acoustic drums, electronic drums, assorted percussion, keyboards, vocals, electric bass, acoustic bass guitar, field recording)
Bruno Evangelista (vocals)
Adriano Pereira (clarinet)
Guests:
Paulo Chagas (wind instruments)
Luca Calabrese (trumpet)
Thomas Olsson (electric guitar)
Rita Simoes (vocals)
Trevor Lever (spoken words)
Simon Harris (spoken words)
Tracklist |
01:Cruz Quebrada
02:Fish Dissected
03:Where It Hurts Most
04:Shipwreck
05:Whalebone
06:Over The Cliff
07:Thyme
08:The River
09:The Mummy
10:The Single-Most Expensive Kiss In History
11:Headlong
12:I Abraham
13:Ghost
14:Severance & Down Falls
15:Indian White
16:Onward
|
|
Externe Links:
|