Deadman / Live At The Saxon Pub
Live At The Saxon Pub Spielzeit: 68:30
Medium: CD
Label: Blue Rose Records, 2011
Stil: Roots-, Jam Rock


Review vom 22.08.2011


Steve Braun
'Austin City Limits' heißt ein Festival in der texanischen Metropole Austin, das von Superstars gerne und oft frequentiert wird. Es wird wohl leider noch eine Weile dauern, bis Deadman - in dieser Stadt beheimatet - uns mit Live-Aufnahmen von dort versorgen werden, aber der Tag wird kommen, wenn die Band die dazu notwendige Konstanz an den Tag legen wird. Vorerst muss man wohl noch eine Weile mit dem 'Saxon Pub' vorlieb nehmen, aber wer sich dieses vor Energie und Spielfreude nur so überbordende, in glühender Live-Atmosphäre eingespielte Album genau anhört, wird das Potenzial, das in Deadman schlummert, sofort wahrnehmen können.
Austin ist die wohl quirligste Musikmetropole von Texas. Lang ist die Liste von Musikern, die sie hervorgebracht hat. Am ehesten kann man Deadman aber mit der Band Of Heathens, mit der man übrigens bestens befreundet ist, in Verbindung bringen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass sie Brüder im Geiste sind!
Steven Collins schickte die erste Deadman-Inkarnation bereits vor gut zehn Jahren ins Rennen. Seine Frau Sherilyn, die derzeit nicht mehr dabei ist, drückte seinerzeit die Tasten. Die Band zeitigte zwei Platten, die allerdings das Ehepaar stark in den Vordergrund stellten und vom Folk ausgehend mehr und mehr in Richtung Alt. Country tendierten, um schließlich ganz in der Versenkung zu verschwinden. 2008 hauchte Collins der Band neues Leben ein und stellte sie komplett neu auf.
"Live At The Saxon Pub" beinhaltet hauptsächlich das Konzert vom 30. März 2010, sowie drei weitere Songs von 2009 und 2010, ebenfalls in besagter Lokalität aufgezeichnet. Man erkennt diese im Line-up an den unterschiedlichen Bassisten. Bislang war diese Scheibe nur in lokalen Plattenläden und über die Website der Band zu beziehen. Im Vorfeld der ersten Studio-Scheibe für Blue Rose Records, hat sich das deutsche Kult-Label nun entschieden, dieses großartige Live-Dokument als Appetizer hierzulande zu veröffentlichen.
Mit zwei knackigen Roots-Rockern starten Deadman in ihr Set, wobei "Don't Do This To Me" ein reichlich genialer Ohrwurm ist, den man garantiert nicht so schnell aus dem Hörorgan bekommt. "If I Lay Down To The River" wird dann auf einem ebenso einfachen wie griffigen Riff 'jammig aufgeblasen'. Die Background Vocals erinnern an Gospelgesänge, die Hammond setzt cremige, warme Tupfer, während die Gitarren minutenlang über dieses geile Riff schrammeln - so kennen wir das von
The Band. Augen zu, abheben und wegfliegen ist angesagt... "Love Will Guide You Home" hört sich original wie ein Gospelchor 'auf' Roots Rock an. Auch hier gibt man dem Midtempo-Rocker die nötige Zeit zur Entfaltung. Mit einer solchen Hammond-Messe könnte man gar eingefleischte Atheisten wie mich bekehren...
Zur gekonnten Auflockerung werden diesen beiden Longtracks zwei kompaktere Songs nachgeschoben. "Oh Delilah" könnte auch von ihren Buddies, der Band Of Heathens, stammen. Bei "Adios Mi Corazon" muss ich unweigerlich an den umstrittenen Jackson Browne-Song "Linda Paloma" denken - diesen lässigen 'TexMex' kennt man aber auch von Greyhound Soul und den Altmeistern dieser Stilrichtung, den Los Lobos. Mit "The Ballad Of The Gold Thief" bleibt man musikalisch wie thematisch im amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet. Vor dem geistigen Auge bauen sich verwegene Desperados, Sandwüsten, Kakteen und Skelette von vertrockneten Pferden auf. Wer das wunderschön melancholische 'Schifferklavier' spielt, geben die spärlichen Informationen auf dem Digipak leider nicht her. Den krönenden Höhepunkt bildet der fast zehnminütige Jam "Ain't No Music", eine gekonnte Mixtur aus Roots- und Southern Rock mit einigen Gospel-Spritzern. Bemerkenswert, wie sich hier Steven Collins und Jacob Hildebrand die gitarristischen 'Tennisbälle' um die Ohren hauen...
In "Take Up Your Mat And Walk" verbreiten die Hammond und die akzentuierten Gitarren ein relaxtes No Woman No Cry-Feeling, wobei es sich bei dem Song keinesfalls um einen Reggae handelt - es ist nur eine Assoziation, die sich bei jedem Hören im Raum breit macht. Joe Cocker meets
Drive-by Truckers heißt es beim geschmeidigen Rocker "Absalom! Absalom!", der durch einen glänzenden A Capella-Break zu bestechen weiß.
Es folgt mit "When The Music's Not Forgotten" die zweite Hymne des Abends. Es könnte mich kaum verwundern, wenn dies die Erkennungsmelodie Deadmans werden würde! Diese Midtempo-Ballade nimmt den Hörer zunächst mit packenden Gesangslinien und dann mit einem ausufernden Gitarrensolo gefangen. "Mankind", ein Country-Rocker mit enormen Zug, beendet die reguläre Ausgabe von "Live At The Saxon Pub" - im starken Kontrast zu dem druckvollen Riff stehen erneut seelenvolle A Cappella-Breaks, die man durchaus als ein Markenzeichen der Band sehen kann.
Für diese Blue Rose-Edition hat man mit "Rough God Goes Riding" einen Bonustrack - quasi als Zugabe - dazugepackt. Dieser einzige Coversong, Van Morrisons 1997er Album "The Healing Game" entliehen, ist der Band ebenso wie dem Ausnahmesänger Steven Collins »wie auf den Leib geschneidert«, wie es Blue Rose überaus treffend beschreibt - eine herrlich 'groovige' Nummer, die dem großen Original in nichts nachsteht!
Deadmans "Live At The Saxon Pub" ist eines der erfreulichsten Alben dieses Jahres - ja, es hat sogar alle Chancen, am Ende des Jahres als meine 'CD des Jahres' gekürt zu werden. Freunde feinsten Roots Rocks im Allgemeinen, und der Band Of Heathens im Speziellen, können bedenkenlos zugreifen. Und weil "Live At The Saxon Pub" so viel Spaß macht und sich bei mir sicherlich noch wochenlang drehen wird, gibt's folgerichtig einen TIPP sowie
9 von 10 RockTimes-Uhren obendrauf!
Line-up:
Steven Collins (lead vocals, guitar)
Jacob Hildebrand (lead guitar, vocals)
Kevin McCollough (acoustic guitars, backing vocals)
Matthew Mollica (Hammond, backing vocals)
Kyle Schneider (drums, backing vocals)
Lonnie Trevino Jr. (bass, backing vocals)

Guests:
John-Michael Schoepf (bass - #7)
Glenn McGregor (bass - #8)
Chris Gebhard (bass - #12)
Tracklist
01:Brother John (3:45)
02:Don't Do This To Me (2:43)
03:If I Lay Down In The River (7:13)
04:Love Will Guide You (6:25)
05:Oh Delilah (3:15)
06:Adios Mi Corazon (3:51)
07:The Ballad Of The Gold Thief (6:10)
08:Ain't No Music (9:25)
09:Take Up Your Mat And Walk (5:48)
10:Absalom! Absalom! (3:42)
11:When The Music's Not Forgotten (5:45)
12:Mankind (5:26)
13:Rough God Goes Riding [Blue Rose-Bonustrack] (4:58)
Externe Links: