Allzu oft passiert das nicht: Ich leg' eine CD einer mir bislang unbekannten Band in den Player und schon nach den ersten Takten wird mir klar: 'That's it'. Was für ein Zufall, heisst doch der erste Song dieser Platte tatsächlich so. Und genau so geht es weiter, in einer besonderen Spielart des Blues, fast Rock, aber natürlich kein Blues-Rock, viele Southern Einflüsse, zwei (!) Slidegitarren, rhythmisch zwingend, dabei wie selbstverständlich keine sturen 12-Takter, eher Americana...eine simple Schublade wird dem, was die hier machen, sicher nicht gerecht...wer um Himmels willen sind Delta Moon?
Die Band stammt aus Atlanta, Georgia und wurde schon vor 15 Jahren von Tom Gray, Gina Leigh und Mark Johnson gegründet. Schon bald kamen Drummer und Bassist hinzu und man bestreitete jede Menge Shows im DeKalb County (also östliche Vororte von Atlanta und Umgebung). 2002 legten sie ihr erstes Album vor und gewannen 2003 die 'International Blues Competition' in Memphis.
Zumindest Tom Gray ist im Business kein gänzlich Unbekannter. Einige Kollegen coverten seine Songs, Cindy Lauper hatte mit dem von ihm geschriebenen "Money Changes Everything" sogar einen veritablen Hit. Sein Konto wird es erfreut haben, aber zufrieden war er wohl damit nicht, denn er hat offensichtlich jeglichen Pop abgeschüttelt und mit durch und durch authentischer Musik aus dem 'Melting Pot' der Südstaaten ersetzt. Die Vocals teilt er sich kongenial mit Gina Leigh, die nach Veröffentlichung dieses Albums aber ausstieg und durch Kristin Markiton ersetzt wurde.
Die Band spielte für diese (dritte) CD drei Coverversionen ein, die so umarrangiert sind, dass sie kaum noch was mit dem Original gemein haben, z.B. "Nightclubbing" von David Bowie/Iggy Pop (of all people!). Alles hat sich dem spannenden Ansatz der Band unterzuordnen. Und beileibe, das Konzept ist wirklich selten und deshalb klingt auch nichts ausgelutscht, das garantiert schon die Instrumentierung. Eine Fiddle ("Stone cold Man"), die, wie ein Rezensent bemerkt hat, nach Dylan's "Desire" Album klingt. Recht hat er, und gemeint hat er wohl "One more Cup of Coffee". Aber noch mehr als an Dylan würde ich bei diesen Fiddleklängen an den seligen Don 'Sugar Cane' Harris denken - die gleiche, fast unheimliche Intensität, mit der schönen (weil etwas spröde und wirklich zu der ausdrucksstarken Musik passenden) Stimme Gina Leighs garniert.
Namensgeber des Albums ist eine Coverversion eines Klassikers des alten Blues-Veteranen R.L. Burnside, der momentan in der Szene (zurecht) immer mehr Zuspruch findet und gecovert wird, aber auch J.B.Lenoir wurde mit "I want to go" geehrt - und wie! Dieser bestimmende Rhythmus, diese regelrechten Orgien der beiden Slidegitarren - klasse! Das zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Platte, wobei die selbstgeschriebenen Songs auf gleichem Niveau angesiedelt sind. Bemerkenswert ausserdem das 'süße Gift' der Dobro, mit der Mike Auldridge angenehme Duftnoten hinterlässt, ohne das Ergebnis auch nur in irgendwelche Country-Gefilde zu bringen!
Die Songs werden abwechselnd von Tom Gray und Gina Leigh vorgetragen, was natürlich auch für Abwechslung sorgt. Dabei wurde stilsicher ausgewählt, wer welchen Song singt, es ist wirklich faszinierend. Die Stimmungen, die von den teilweise akustischen (Slide-)Gitarren erzeugt werden, erinnern manchmal entfernt an das famose Gespann Duane Allman/Dickey Betts, noch mehr könnte man jedoch eine gedankliche Brücke zu The Shivers (was ist wohl aus denen geworden?) und vor allem zu Terry Dolan bauen. Das Ergebnis ist ebenso selbstbewusst und vor allem ebenso locker 'rootsy' vorwärtstreibend.
Wer mit den angesprochenen 'Vergleichsinterpreten' nichts anfangen kann, sollte sich dann ersatzweise vielleicht eine Mischung aus John Hiatt der "Slow turning"-Phase und früher, noch weitgehend kommerzielle Begehrlichkeiten verneinender Bonnie Raitt vorstellen. Das trifft es zwar nicht so ganz, aber als Anhalt könnte es dienen.
Ich kann kaum verhehlen, dass dies eine der besten Platten ist, die ich seit langer Zeit gehört habe. Wohl auch, weil dieser Stil und diese mitreissende Kunst der Slidegitarren genau das ist, auf was mein Inneres programmiert ist. Wer ähnliche musikalische Vorlieben hat, kommt an dieser CD nicht vorbei.
Die Produktion kann man nur als gekonnt bezeichnen, es gibt keinerlei Hang zu Über- oder Untertreibungen. Zudem ist der Klang durchsichtig, aber auch sehr natürlich warm, was gerade den Gitarren entgegenkommt. Geliefert wird die CD in einem schönen Digipack, nur will sich mir das Coverbild nicht so recht erschließen. Der Typ mit der Dobro ist ja verständlich, aber die Ausserirdischen und das UFO in fast unmöglicher Farbzusammenstellung? Zum Glück kommt es darauf nicht an, denn...
...der Inhalt ist nicht nur einfach 'überdurchschnittlich', sondern wirklich begeisternd und damit jeden Eurocent wert! Jeder Roots-Fan kann einfach zuschlagen, wer erstmal was hören will, sollte die 5 Soundbeispiele bei Bärchen Records anklicken.
Spielzeit: 43:09, Medium: CD, Delta Moon Records 2004
1:That's It 2:I Want To Go 3:Dreams Come Real 4:Stone Cold Man 5:Goin' Down South 6:Poplar Grove
7: All She Wrote 8:Nightclubbing 9:Shake Something Loose 10:I'll Die Trying 11:Nobody Knows
Manni Hüther, 29.01.2005
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