Man braucht nicht anzuklopfen. Besucher fallen nämlich direkt mit der Tür in Derbys Haus. Anfangs läuft der primär konsumierende Hörer-Gast dann auch Gefahr, gleich blindlinks durch alle 14 Zimmer ihres "Posters Fade"-adressierten Song-Apartments zu stürzen. Ein Fehler. Doch die drei Rock/Pop-Aktionisten machen es einem einfach zu leicht. Sympathisch unaufdringlich, umgänglich, frisch, natürlich Lichtjahre entfernt von Avantgarde, aber selbstbewusst, charakteristisch, ausgestattet mit Intuition und Roots-Intellekt. Was hat es mit dieser unfreiwillig (?) trilogieförmigen, geheimcodierten (?) Similarität zwischen den Titeln zwei, sechs und neun auf sich? Keine Ahnung… Nun ja, in Ordnung, 3. oben links, loppt man sie lässig urteilssicher in die entsprechende Indie-Schublade...
...Stop, halt, da war doch dieses vorletzte Ding.. "As My Own"! Also noch mal raus die Scheibe, noch mal hören. Bitte! Das hat Charakter, shuffelt sich warm, schaukelt sich schön hoch und entfaltet diese klar umrissene, symmetrische Akkordfolge, auf breit gezerrter, entfesselter Leadguitar. »...we try the groovy sound…« Fürwahr, tun wir. Diese Bridge - spannend aufgebaut, soundfarbig
ausgemalt, vollständig bis ins letzte Eckchen. Und überhaupt... Moment mal... das hat ja diesen verschleppt schlorrenden Beat von... genau! - "Breakdown", '76 - Major Tom lässt grüßen. Er grüßt viel, auch schon im sphärischen Slowdown des Openers, er winkt in "Stop Stalling" und "If Ever There's A Reason" und ja, noch ein herzliches shake hands dem Titletrack. - Sehr sauber, gewissenhaft, neben fliegenden Becken pettyesk entlang der Tonleiter gearbeitet. So erläutern die Portlander ihre Farbverblassungstheorie.
Auf "Posters Fade" folgt Nummer 12 - "Stumps" - ein klangsinnbildliches "Eleanor Rigby"? Oder eher seufzende "Girl"-Melancholie? Wer weiß, die Fab Four jedenfalls wandeln Strings-verspielt über Derbys umsichtig ausgelegten Zebrastreifen. Stück für Stück kann man die bekennenden Traditionalisten entdecken, ihre Referenzen erweisen sie mit allem nötigen Respekt und dem zugleich klar patentierbaren, soliden Grundwerkstoff des Dreigespanns. Der mischt ihren Einfallsreichtum mit den etwas begrenzten Möglichkeiten ihres trotzdem sehr aparten, zartstimmigen Harmoniegesangs in clever tempowechselnden, variantenreichen Song-Schönheiten.
Titel Nr. 7 lässt die Mundwinkel etwas nach unten sinken, doch die drohende
Plattitüde wird ganz knapp verhindert, wenn sich "Hopes" gegen Ende sehr geschickt aus der Affäre zieht und zwar äußerst unerwartet - psychedelisch!
Danach sliden die "Tree Tops" auf der feinen Lap-Steel durch ein echtes songwriterisches Highlight. Gott, sie werden immer besser, bei jedem Hördurchgang!
Ein weiteres Schmuckstückchen ist das goldig sonderbare, szenisch-skurrile "Don't Feed The Bear... she'll mess you up" …eine für die drei Nordwestamerikaner offensichtlich nicht oft genug auszusprechende (in "Only What She's Selling" auch schon gegebene) sorgfältige Warnung, wieder diskret psychedelisiert. Zu schön.
Da stehen wir wieder am Anfang mit Derbys 'Poster'. Dieses nur scheinbar triviale, bizarre Poprock-Patchwork passt nicht in Nr. 3 oben links. Es klemmt und sperrt sich unter Einsatz wahrhaft anerkennungswürdigem Kampfgeistes gegen die obligatorische Verwahrung. So darf der zweite Silberling des reizenden Trios erstmal in unmittelbarer Nähe der Playtaste verweilen und seine Runden drehen, während man sich über das blässlich tierfreundliche Cover-Artwork inkl. grimmigem Bär, lächelnder Schildkröte (ohne Schild?) und dem Green Submarine Records-Label amüsieren kann.
Posters may fade - Derby aber demonstrieren eindrucksvolle Farbechtheit.
Tracklist |
01:Why Don't You Do It
02:All Or Nothing
03:Only What She's Selling
04:Stop Stalling
05:If Ever There's A Reason
06:Streetlight
07:Hopes
08:Tree Tops
09:Michigan
10:Don't Feed The Bear
11:Posters Fade
12:Stumps
13:As My Own
14:Episode
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