Die Desperados [sic!] waren doch mal eine Art Nebenprojekt von Tom Angelripper (u. a. Onkel Tom, Sodom), wo er auch am Mikro gestanden hat? Die haben doch so etwas wie eine Mischung aus Western-Mucke und kernigem Rock'n'Roll gemacht? Richtig, nur heißen sie heute eben Dezperadoz, Angelripper ist nicht mehr dabei, aber dafür hat Alex Kraft (ebf. Onkel Tom), der ursprüngliche Gründer der Truppe, nun das Zepter richtig in der Hand. Mit bereits drei Vorgängern seit 1999 auf der Liste, schieben sie jetzt ihr viertes Album auf den Markt. Passend zum Genre "Dead Man's Hand" genannt, sagt uns bereits das Booklet, wo die Reise hingehen wird. Eine blutbefleckte Kartenhand, eine leere Patronenhülse und eine (wohl gerade abgefeuerte) Six-Gun. Das Ganze in Western-Manier, nach der Art von alten Fotos leicht bräunlich gehalten, ein Bild von Wild Bill Hickok, Zigarillostummel und Whiskeygläser komplettieren die Szenerie. Und wer es jetzt noch nicht geschnallt hat (und für diejenigen unter uns, die mit Poker und Western-Mythen nix an der Uhr haben): Die sog. Dead Man's Hand, zwei Asse und zwei Achten, soll eben jener Revolverheld damals gehalten haben, als man ihn hinterrücks erschoss. Noch Fragen? Keine? Also, ab in den Player mit dem Ding…
Die ersten akustischen Gitarrenlaute und das Pfeiffen beim Opener "Deadwood" lassen sofort Erinnerungen an die guten alten Spaghettiwestern mit Ennio Morricones Musik wach werden. Clint Eastwood reitet einsam in die Weite der Plains während Bösewicht Lee Van Cleef am Boden liegend, unter leichten Zuckungen der Revolverhand, seine letzten matten Atemzüge tätigt. Bevor aber diese Szene zu Ende geträumt ist, hauen die Dezperadoz den zweiten Song aus ihren Waffen, dieses Mal aber mit Vollgas. Harte, schnelle Riffs und eine ebensolche Rhythmusunterstützung bieten die Basis für den leicht angerauten Gesang Alex Krafts. Und wem das noch nicht genug ist, der muss einfach nur weiterhören, denn die Steigerung von Vollgas bei Western Metal heißt offensichtlich Dezperadoz, "Under The Gun" und "Yippie Ya Yeah!..." beweisen das eindrücklich. Erst bei Song Nummer vier geht es ein wenig reduzierter im Tempo vonstatten und neben den beiden Hauptkomponenten Metal und Western kommen hier auch ein paar orientalische Einflüsse zum Tragen. Dass die Jungs aber noch mehr können, beweisen sie mit "Bullet With My Name", indem sie geschickt ein paar New Orleans-Töne mit einflechten - Blechbläser guter alter Trauermarsch-Provenienz.
Banjo-pickend geht es danach weiter, Alex Kraft mit leicht überzogenem Western-Twang singend, das extremst eingängige "Just Like Cowboyzz Do" eröffnet den Reigen weiterer neun Kracher, einer besser als der andere. Zwischendurch immer wieder seichte, akustische Reminiszenzen an die vielgeliebte Filmmusik mit Eastwood, Bronson und Co., wenngleich z. B. "Last Man Standing" recht aufdringlich Erinnerungen an "Hells Bells" von einer ganz anderen Band in mir wach ruft. Waren die ersten Titel der Scheibe noch den hart und schnell donnernden Hufen gewidmet, so wurden anschließend die Gäule gezügelt, etwas. "My Ol' Rebel Heart" ist ein geiler Country-Song, der unbedingt bis zum Ende gehört werden muss. "Saloon No. 10" haut danach schon eher im Metallica-Spaghetti-Western-Mix-Style volles Pfund auf die Ohren. Auch der Titeltrack "Dead Man's Hand" kommt hart und schnell und immer auf die Zwölf, ebenso wie das von einer kernigen Double-Bass und irrsinnigen Riffs getriebenen "Showdown", für das Meister Angelripper dem Duett seine vokalen Dienste angedeihen lässt. Den Ausklang bilden wieder ein paar Songs, die im Tempo zurückgenommen sind, "Wild Horses" ist sogar komplett instrumental und der endgültige Rausschmeißer "My Gun And Me" anfangs akustisch gehalten, bevor er sich in voller Epik ausbreitet und noch einmal an Größen der Western-Filmmusik erinnert, zumindest mich.
Unter dem Menüpunkt "Interessen" gibt die Band an, sich neben der Musik hauptsächlich um Motorcycles, Tattoos, Girls und Booze zu kümmern. Da kann ich nur hoffen, dass eben dieses auch bei einem der nächsten Live-Acts ebenso deutlich rüberkommt, wie es auf dem Album der Fall ist. Denn was wir hier zu hören bekommen, ist ein toller Stilmix, der mir in dieser Form bislang viel zu selten zu Ohren gekommen ist und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie die Dezperadoz ihre Pferde satteln, die Winchesters laden und donnernd jede Bühne in jedem Saloon des Landes platt walzen. Yippie Ya Yeah!
Line-up:
Alex Kraft (lead guitar, vocals)
Nils Stürzer (guitar, backings)
Alex Weigand (bass, backings)
Markus Kullmann (drums, backings)
Tracklist |
01:Deadwood
02:Under The Gun
03:Yippie Ya Yeah! "More Than One Good Reason"
04:Badlands
05:Bullet With My Name
06:Just Like Cowboyzz Do
07:Last Man Standing
08:My Ol' Rebel Heart
09:Saloon No. 10
10:Dead Man's Hand
11:Showdown
12:Train Of Souls
13:Wild Horses
14:My Gun And Me (Southern Pride Version)
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