Es gibt viele Prog-Bands, die sich komplexer Rhythmik, vielen Taktwechseln, frickeligen Abschnitten und anderen Obskuritäten widmen.
Dice fährt dagegen die harmonisch-romantische Variante mit viel Atmosphäre und Melodien, die von den unterschiedlichsten Instrumenten stammen. Mit
Jens Lübeck haben sie einen festen Saxofonisten, Flötisten und Sitaristen in ihrer Bandbesetzung, dessen Beitrag einen großen Anteil an der Musik hat. Bandleader ist
Christian Nové, der selber Keyboard, Bass, Rhythmusgitarre und Gesang übernimmt. Ergänzt wird die Truppe durch den Gitarristen
Peter Viertel und Drummer
Tom Tomson. In dieser Zusammenstellung könnte man fast Prog à la
Van Der Graaf Generator erwarten. Damit haben
Dice jedoch, zumindest auf "Newborn", nichts zu tun, da die Musik weder aggressiv, dissonant, noch allzu fordernd ist. Eher fällt einem sofort
Camel in instrumentaler, sowie
Eloy in gesangstechnischer Hinsicht ein. Und hier ist auch der entscheidende und einzige Nachteil zu finden, Denn
Chritian Nové versucht scheinbar auf Teufel komm raus wie
Eloy-Mastermind
Frank Bornemann zu klingen. Und der ist für einen Vokalisten nicht gerade das beste Idol, zumal es dadurch kein akzentfreies Englisch wird.
Ansonsten hat "Newborn" viele positive Aspekte, vor allem wenn man Freund von Bands wie z.B. Camel ist. Instrumentalen Passagen wird nämlich in den Stücken von durchschnittlich 10 Minuten Länge viel Raum gelassen. Was da aus Keyboard, Gitarre, Saxofon und Flöte zusammengezaubert wird, ist Schönklang pur. Allein im ersten Stück hört man das Saxofon über intelligenten, aber überschaubaren Rhythmen, um später, etwa ab der Mitte des Tracks, Flötensoli, sowie ein Gitarrensolo über Cembaloklängen genießen zu können, wobei Herr Nové zwischendrin die Geschichten über die Zukunft und den Weltraum weitererzählt.
Der Protagonist im zweiten Track fühlt sich, als würde er nicht in seiner eigenen Haut stecken, weiß aber, dass die 'weinenden Engel' niemals an seinen Verstand, seine Seele und seine Träume herankommen. Die Verträumtheit des Band-Sounds passt wunderbar zu solchen Texten.
"Tomorrow's World" handelt von Antworten, die in den Sternen gesucht werden. Die "Tomorrow's World" wird als 'Silent Machine' bezeichnet, also scheinbar eine unvorhersehbare Zukunft. Dice sind also auch in textlicher Hinsicht nicht so weit von Eloy entfernt. Aber der letzte Song, "Time Moves In Circles" zeigt, dass ein Vergleich mit Eloy in instrumentaler Hinsicht vollkommen ausgeschlossen ist. Waren Eloy immer eher bombastisch und damit etwas überladen, sind Dice trotz ihrer Weltraum- und Zukunfts-Attitüde eindeutig bodenständiger und dabei wie erwähnt dennoch verträumt.
Fazit: Kaum Überraschungsmomente, sondern ein Baden in schönen Melodien. Die Musik ist also eher für Genießer und weniger für Analytiker. Sie hält aber auch positiverweise ein gewisses Level an Anspruch durch, ohne auch nur eine Sekunde lang anstrengend zu werden. Wer von harmonischem Prog nicht genug bekommt, der kann bedenkenlos zugreifen.
6 von 10 RockTimes-Uhren