Die Art / Für Immer und Ewig, Best of Vol I
Für Immer und Ewig, Best of Vol I Spielzeit: 63:00
Medium: CD
Label: Brachialpop, 2009
Stil: Indie

Review vom 16.09.2009


Petra Müller
Im Herbst, wo die Tage kürzer und die Nächte kalt und lang werden, wird es Zeit für eine neue Portion Die Art.
Eine "Best Of" ist es anno 2009 geworden. Nach 23 Jahren mehr oder weniger unterbrechungsfreiem Werken ein Zeugnis von großer Indie-Kunst.
Für Fans der Leipziger Brachialpop-Heroen mag es schlicht die Ansammlung der deutschen Hits sein, wobei sich sicher darüber streiten lässt, ob der eine oder andere fehlt oder zu viel ist. Darüber hinaus finden sich auch Restauranten, Varianten und Neuigkeiten auf dieser CD.
Worüber es kaum Diskurs geben dürfte, ist die Qualität. Sowohl die unbearbeiteten Klassiker als auch die ins digitale Neugewand gekleideten Songs kommen wunderbar frisch und in ihrer oft melancholischen Tiefe manchmal regelrecht bedrückend daher. Uneingeweihte werden fragen: Ja, wie geht das denn? Ganz einfach: Man nehme beschwingte, fröhliche Melodien, wie immer meisterhaft vorgetragen von Gitarrist Thomas Gumprecht, der Gott sei Dank nicht müde wird, immer wieder neue verträumte Riffs in scheinbar vertraute Songs einzubauen. Dazu gebe man die dunklen, schweren Texte von Frontmann Makarios.
Womit man automatisch zu einer der Überraschungen kommt, der neuen Version von "Nur 1 Traum". Wem bei diesem Lied das Herz nicht schwer wird, der hat einfach keins. Und doch hört man einfach unheimlich gerne zu, lässt sich einfangen von der Vision, dem Endzeitszenario, und dazu pumpt einem Drummer Sven Löberts stoischer Rhythmus das eiskalte Blut durch die Adern …
Um sich der Platte anzunähern, empfiehlt sich insbesondere auch für Neugierige und Die Art-Unkundige die Trilogie "Ozean/Das Schiff/Samtmarie". Hier bekommt man einen schönen Einblick in die musikalische Vielfalt dieser Band. Von langsamen Melodien bis hin zu fetzig-punkigen Stücken, die einem schnell im Gedächtnis bleiben und schon beim zweiten Zuhören zum Mitsingen verführen. Und immer wieder kommt einem der schon oben erwähnte Gedanke, dass die oftmals heiteren Melodien einfach so gar nicht zu den unendlich traurigen Texten passen wollen - mittlerweile ein Markenzeichen der vier Leipziger. Sollten sich eingefleischte Fans fragen, ob es sich bei der "Samtmarie" um die legitime Fortsetzung der "Schiff"-Story handelt, so sei dies hiermit bestätigt. Dieser zugegebenermaßen geniale Song stammt in Gänze aus der Feder von Frank Bröker, der zweiten Hälfte der Russian Doctors, einem der Nebenprojekte von Sänger Makarios.
Zwei weitere Raritäten dürfen nicht unerwähnt bleiben. Da wäre zum einen das fast schon vergessene und doch so unvergleichliche "Vereinsamt". Ein Nietzsche-Text, der 1999 auf einem Tribute-Album das erste Mal veröffentlicht wurde und hier nun in seiner wahren Bedeutung erstrahlt. Selbstmordgefährdete überspringen diesen Titel beim Anhören der Platte bitte geflissentlich. Zum anderen wurde mit "Every Day" ein gänzlich neues Stück angefügt, mit englischem Titel, aber deutschsprachigem Text. Sperrig und schön.
Am zweiten Oktober startet Die Art auf "Für Immer und Ewig"-Tour, und wer kann, der sollte sich die livehaftige Umsetzung dieses Meilensteins des deutschen Indie Rocks nicht entgehen lassen.
Line-up:
Makarios (vocals)
Thomas Gumprecht (guitar, keys)
Conne Hoffmann (bass)
Sven Löbert (drums & programming)
Tracklist
01:Endlos (4:04)
02:Ozean (4:18)
03:Das Schiff (7:31)
04:Samtmarie (3:48)
05:Sie sagte (2:32)
06:Heimatlied (4:09)
07:Alles was dein Herz begehrt (4:40)
08:Symbole (2:42)
09:Nur 1 Traum [Version] (3:30)
10:So weit … (3:18)
11:Weich wie Schnee (4:57)
12:Schreien (3:46)
13:Tanzende Schwermut II (3:10)
14:Vereinsamt (4:33)
15:Radiokrieg (3:36)
16:Every Day [Special Bonus Track] (2:53)
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