Man kann es als Künstler niemals allen recht machen und wenn man das versucht, kann man nur verlieren
Kulturfabrik Krefeld
Die Band Die Happy erfreut sich in den letzten Jahren an einem zunehmendem Erfolg, was sie nicht zuletzt ihrem permanenten Touren zu verdanken haben. Rocktimes traf die hübsche und sehr charmante Sängerin der Band, Marta Jandova, vor dem Konzert in Krefeld zum Plausch über den netten Tourkoller und musikalische Klassentreffen.



Artikel vom 08.04.2006


Udo Gröbbels
Kulturfabrik in Krefeld am 30.03.2007
RockTimes: Euer aktuelles Album "No Nuts No Glory" ist jetzt knapp sechs Monate auf dem Markt. Zur Veröffentlichung habt ihr in diversen Interviews betont, wie wichtig euch gerade diese Scheibe ist. Wie siehst du das nach einem halbem Jahr Distanz?
Marta: Natürlich sagt jeder Künstler, dass die aktuelle Platte die beste ist. Auch wir haben damals betont, dass wir stolz sind, da die Platte sehr authentisch geworden ist. Nach der ersten Tour Ende 2006 hat sich unser Eindruck nur noch bestätigt und auch heute, kurz vor Ende der zweiten Tour zu diesem Album, sind wir immer noch begeistert von den Aufnahmen. Die Qualität zeigt sich ja auch darin, wie gut die neuen Songs live ankommen. Die neuen Lieder funktionieren live klasse. Wir spielen auch auf dieser zweiten Tour viele Stücke davon und einige Leute haben uns sogar erst mit dieser, unserer fünften Platte, kennengelernt. Natürlich haben sich auch einige sogenannte 'alte Fans' beschwert, dass wir nicht mehr die Die Happys von vor einigen Jahren sind. Man kann es aber als Künstler niemals allen recht machen und wenn man das versucht, kann man nur verlieren. Man muss immer seinen Visionen und Ideen vertrauen und das hat bei uns bisher immer geklappt, auch wenn der Sprung von der vierten zur fünften Platte für einige Fans vielleicht etwas zu hart war. Unser aktuelles Album ist, bis auf meinen Gesang, komplett live eingespielt worden, was natürlich auch so unserem Live-Sound sehr nahe kommt. Ohne große Chöre oder technischem Schnick-Schnack - einfach nur pure Musik.
RockTimes: Du bist in letzter Zeit doch relativ häufig im Fernsehen präsent; sei es nun beispielsweise bei der WOK-WM oder beim Bundesvision-Song-Contest als Gastsängerin bei Oomph. Haben deine männlichen Bandkollegen keine Probleme damit, dass sicherlich einige Leute da draußen die Band Die Happy zuerst mit dir assoziieren?
Marta: Nein, absolut nicht! Eigentlich haben mich sogar die Jungs dazu ermutigt, dieses Jahr nochmals bei Stefan Raabs Bundesvision-Song-Contest mitzumachen. Ich war ja bereits vor ein paar Jahren als Gast mit Apocalyptica dabei und ich war mir nicht sicher, ob es gut sei, jetzt nochmals dort mitzumachen. Nach damaliger Zusage meines Gastauftritts bei BAP war unser Gitarrist völlig begeistert, dass ich dort mitmachen werde, denn er ist ein großer BAP-Fan und hatte so die Möglichkeit, Wolfgang Niedecken einmal persönlich kennen zu lernen. Andererseits sind Auftritte, wie z.B. bei The Dome auch eine Chance, unsere Musik mal einem Teenie-Publikum zu präsentieren und ihnen zu zeigen, dass es auch andere Musik, als z.B. US5, gibt. Das macht manche auch neugierig; sie kommen zu einem Konzert und lernen so vielleicht ihren Faible für Rockmusik kennen. Außerdem ist es schön, wenn ich auch mal auf deutsch singen kann.
RockTimes: Lustig, dass du das ansprichst, denn genau diese Frage wollte ich euch nicht stellen, da sicher jede deutsche Band, die englisch singt, auf den Deutschmusiktrend angesprochen wird und man diese Frage sicher nicht mehr hören kann.
Marta Marta: Ja, das stimmt eigentlich auch, aber als Die Happy werden wir auch zukünftig immer englisch singen. Als ich damals von Tschechien nach Deutschland gekommen bin und dann zwei Wochen später in der Band eingestiegen bin, sprach ich kein Wort Deutsch und die Ansagen bei unserem ersten Konzerten habe ich komplett in Englisch gemacht.
Außerdem machen wir jetzt schon so lange Musik in englischer Sprache und jetzt auf einmal dann deutsch zu singen, wäre wohl auch eher nach dem Prinzip 'auf den fahrenden Zug aufspringen', was uns sicher unsere komplette Glaubwürdigkeit bei den Fans kosten würde - und das zurecht!
RockTimes: Am morgigen Samstag beendet ihr bereits eure zweite Tour zum letzten Album und im Sommer spielt ihr wieder auf diversen Festivals in der Republik. Habt ihr denn noch so etwas wie eine Heimat, wenn man nur on the road ist oder bekommt man durch das viele Touren erst eine ganz eigene Beziehung zur Heimat?
Marta: Ich freue mich, nach einem Monat am Sonntag wieder nach Hause zu kommen und wieder in meinem eigenen Bett zu schlafen. Außerdem kann ich dort endlich mal den ganzen Tag im Pyjama rumlaufen, ungeschminkt und brauche keine Interviews zu geben oder mich nach einem genauen Zeitplan auf Tour zu richten. Das heißt jetzt allerdings nicht, dass ich Touren nicht mag, denn wir haben eine sehr nette Gemeinschaft mit allen Leuten auf Tour, aber es ist dann doch schön, wieder in seine eigenen Wände zurückzukehren und mal wieder Ruhe zu haben. Das kann sicherlich jeder nachvollziehen.
RockTimes: Du sagtest 'nette Gemeinschaft'. Gibt es denn nicht trotzdem so etwas wie Lagerkoller, wenn man sich jeden Tag permanent sieht und so eng miteinander zusammen ist? Habt ihr eure eigenen Rituale auf Tour, um diesen Koller zu verhindern?
Marta: Den Koller auf Tour bekommt man irgendwann immer, aber der Koller wird doch meistens zu einem netten Koller. Man läuft dann rum und macht die anderen irgendwie blöd an mit solchen Gesten (Marta streckt symbolisch die Zunge raus), aber das ist kein Problem. Ein Ritual haben wir vor jedem Konzert. Kurz bevor wir auf die Bühne gehen, kommen wir mit der kompletten Mannschaft (Band, Vorband, Crew, Merchandiser usw.) zusammen und trinken zu einem kurzfristig ausgedachten Trinkspruch unseres Gitarristen Thorsten zusammen einen Schnaps. Das vereint uns für einen Moment.
RockTimes: Gibt es denn heutzutage eigentlich noch diesen sagenumwogenen 'Rock'n'Roll-Lifestyle on Tour'?
Thorsten Marta: Sicher, aber ich mache da nicht mit (lacht). Auf Tour bin ich wirklich die langweiligste Person, aber ich habe vor allem Probleme mit Leuten, die rauchen. Ich gehöre zu der Spezies, die früher selber geraucht haben und jetzt alle Raucher verflucht, aber ich mag es nun mal nicht.
Vorgestern haben wir in Aschaffenburg gespielt und der Konzertsaal war so zugequalmt, das ich auf der Bühne einen Blackout hatte und gestürzt bin (zeigte ihre blauen Flecken am Arm). Von daher gehe ich lieber nach dem Konzert unter die Dusche und dann ins Bett.
RockTimes: Mich würde mal interessieren, welchen Einfluss ihr als Band auf die immer höheren Ticketpreise habt. Bei euch sind die Eintrittspreise ja noch zivil, aber einige Veranstalter buchen in letzter Zeit lieber, z.B. skandinavische Bands, weil ihnen deutsche Bands schlichtweg zu teuer sind.
Marta: Da habe ich leider überhaupt keine Ahnung von, aber ich denke einfach, dass dies auch etwas mit Angebot und Nachfrage zu tun hat. Die Nachfrage nach deutschen und vor allem nach deutschsprachigen Bands ist zur Zeit sehr hoch und daher können die entsprechenden Manager natürlich diese hohen Preise verlangen, was ich auch nicht so toll finde. Andererseits darf man aber auch nicht so blauäugig sein und denken, wenn eine Band beispielsweise vor 1.000 Leuten spielt und 20 Euro Eintritt verlangt, dass die Band dann nach dem Konzert mit 20.000 Euro nach Hause fährt. An einer Tour hängen schon jede Menge Leute mit dran und jeder möchte natürlich gleichfalls seinen Teil davon abhaben. Im Herbst beispielsweise gehen wir in Tschechien als Vorband einer dort sehr bekannten Band mit auf Tour und bekommen dafür so wenig Geld, dass wir nicht mal unsere komplette Crew mitnehmen können, geschweige denn überhaupt Gewinn machen.
RockTimes: Verwendet ihr auf der Bühne für euren Live-Sound eigentlich Samples oder hört man nur deine Stimme plus Gitarre, Bass und Schlagzeug?
Marta: Früher haben wir teilweise bei Konzerten Dinge wie Drumloops oder ähnliches verwendet, aber das manchen wir mittlerweile nicht mehr. Live gibt es nur uns Vier.
RockTimes: Was ist eigentlich in euren Liedern mit den guten alten Gitarrensoli passiert? Verweigert sicher eurer Gitarrist Thorsten konsequent dem Solo?
Marta Marta: Auf der neuen Platte gibt es sogar zwei Soli, aber du hast recht, dass es bei Die Happy sehr selten mal ein Solo gibt. Thorsten sieht sich eher in der Tradition der klassischen Riff-Gitarristen und mag einfach Gitarrensoli nicht so sehr.
RockTimes: Zum Schluss würde mich noch interessieren, ob ihr euch, wie zur Zeit bei Genesis oder Police, vorstellen könntet, irgendwann später einmal nach langer Auszeit, euch nochmals für eine Tour wiederzuvereinigen ?
Marta: (vehement): Natürlich kann ich mir bei uns auch mal so etwas vorstellen. Ich bin mir auch sicher, dass z.B. die von dir genannten Bands dies nicht nur aus finanziellen Gründen machen, sondern das ist dann eher wie ein Klassentreffen. Man hat jahrelang zusammen etwas gemacht und nach einigen Jahren Abstand freut man sich einfach wieder auf ein Treffen und das Wiederaufarbeiten des Erlebten - eben wie bei einem Klassentreffen. Ich habe mich auch sehr über die Reunion von Take That gefreut. Ich habe die Jungs beim 'ECHO' auf der Bühne gesehen und die hatten echt Spaß. Ich erlaube mir nach so langer Zeit im Musikgeschäft einschätzen zu können, ob es Show oder wirklich Spaß ist und Take That hatten definitiv richtig Bock.
Wir danken Andreas Walser (Extratours-Konzertbüro ) sowie Frank Babrikowski, dem offiziellen Tourleiter von Die Happy, die uns das Interview ermöglicht haben.
Beim anschließenden Konzert in der sehr gut gefüllten Kufa war von dem beim Interview etwas zurückhaltendem Verhalten der Sängerin nichts mehr zu spüren. Zum Opener "Big Big Trouble" sprang die quirlige Frontfrau über die Bühne und war klar der Blickfang der Band.
Bühne In den folgenden 100 Minuten erkannte man überhaupt nicht den Unterschied zwischen älteren und neueren Liedern der Band, denn alle Stücks wurden vom Publikum gleichermaßen mitgesungen und bejubelt. Marta animierte die Fans oft zum Mitmachen, was aber nie peinlich oder aufgesetzt wirkte, wie es oft bei anderen Rockbands der Fall ist. Nebenbei gab es auch einige originelle Ansagen. Die aktuelle Single "The Ordinary People" beispielsweise leitete Marta mit einem Stampfschritt ein und erklärte, dass der Rhythmus dieses Liedes dem Stampfen entspreche, das die Tschechen beim Einzug in die Kneipe zum Saufen auch gerne machen.
Nach ihrem ersten Hit "Supersonic Speed", der zum Schluss in "God Gave Rock'n'Roll" überging, verabschiedete man sich zunächst. Natürlich verlangte das äußert bunt gemischte Publikum (vom hippen Teenager bis zu ganz normalen 30something war alles vertreten) nach einer Zugabe und die bekam es natürlich auch.
Nach der Ballade "Slow Day" gab es passend mit ihrem vielleicht bekanntestem Lied "Goodbye" dann eine würdige Verabschiedung der sympathischen Band vom Krefelder Publikum.
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