Kneipen - das ist genau das Stichwort, das sich dem Hörer beim ersten Durchlauf dieses mit rund achtunddreißig Minuten eher knapp bemessenen Rundlings aufdrängt. Beginnt man zwar den Opener "Ballad Of A Broken Man" mit mexikanisch angehauchten Blechbläsern und einer dazu passenden Akustischen, so gehen die Assoziationen doch während der gesamten Spielzeit eher in Richtung verrauchter Guinness-Tränke. Es soll ja durchaus auch ein oder zwei Iren in diese ehemalige Sträflingskolonie auf der Südhalbkugel verschlagen haben. Und dazu wirkt dann auch
Dirt River Radios leicht selbstironische Kategorisierung ihrer Musik als debaucherous sing along rock'n'roll wie maßgeschneidert. Mit ihrem musikalischen Haupteinfluss in der Welt amerikanischer Country-Musiker à la
Gram Parsons, verbunden mit der Liebe zu ihren Landsleuten von
AC/DC oder
Clutch schaffen sie eine eigenständige, schwer Blues-geladene Mixtur. Aber eben auch und gerade in Richtung ihres Sing-Along-Rock'n'Roll können sie wunderbare Ausflüge machen, da lassen an einigen Stellen die
Pogues ein wenig grüßen. Aber es kommt auch z. B. "Chase The Sun" als flottes Rockabilly-Stück daher, begleitet von einer eingängigen Blues Harp, das fast schon orgiastisch endet.
Kernstück all ihrer Songs sind neben der Musik natürlich in erster Linie die Texte, die, wie schon weiland Cold Chisel, knallhart mit dem australischen Machismo aufräumen. Kerle, die Bier saufen, laut lachen und über Footie reden, täuschen damit nur über ihre Ängste (Frauen gegenüber) hinweg - »so the women can't tell that they're riddled with fear« ("The Boys In The Public Bar" - ganz groß). Die Kumpels sind zwar allesamt »fucked up«, aber trotzdem die besten Freunde der Welt (solange du ihnen das nächste Bier kaufst). Den Herren um die beiden Sänger Alex Raunjak und Heath Brady kauft man bedingungslos ab, dass sie sich äußerst sicher in diesem Metier bewegen, weil sie sich sowohl mit Bars als auch den Inhalten ihrer Songs bestens auskennen und wohl auch einen Haufen von "All My Friends" haben.
"Come Back Romance, All Is Forgiven" war seinerzeit in Australien unter dem absolut passenden Titel "Beer Bottle Poetry" erschienen. Warum das für unsere Regionen nun geändert werden musste, steht in den Sternen (oder zumindest nicht auf dem Promo Sheet). Mir gefällt der Originaltitel besser, aber letztendlich ist das ja auch nur Verpackung. Der Inhalt jedoch ist geblieben und das anzuerkennen fällt mir im vorliegenden Fall alles andere als schwer. Nur zu gut kann ich mir vorstellen, dass der Fünfer aus Down Under im Anschluss an seine mitreißenden Shows (und ich rede nicht von knallharter Mucke, die permanent auf die Zwölf haut, sondern von emotionalen Geschichten aus dem Leben zum Mitsingen) noch so richtig mit den Gästen an der Bar abhängen und über die wirklich wichtigen Dinge des Lebens quatschen kann. Coole Scheibe, bald gibt es eine zweite!