Spielzeit: 67:03 Medium: CD Label: Eigenproduktion, 2010 Stil: (Southern-) Rock Review vom 05.10.2011 Steve Braun

Dirty York kommen aus Down Under und Bands von dort haben zumeist einen sehr speziellen Sound. Entweder klingen sie nach Atze/Detze oder leicht überdreht, wenn man an Cold Chisel, Midnight Oil oder vor allem Split Enz denkt. Normal ist selten etwas, das aus dem fünftem Kontinent kommt - man denke nur an die liebenswert Verrückten, die sich während der Fußball-WM 2006 hierzulande feucht-fröhlich vergnügt haben.

'Normal' ist auch nicht, was die Dirty York(s) mit "Say Goodbye To Diamonds" abliefern, denn das klingt nicht nach (sorry, liebe Aussies) Rock-Provinz sondern ganz schwer nach einem anderen Süden: dem Süden der US! Wenn die Jungs mit "Born With A Broken Heart" losrumpeln, denkt man sofort an die Krähen und zwar zu ihren allerbesten Zeiten - ein Eindruck, der sich mit "Deep Water" ungebremst fortsetzt. 'Glühende' Gitarren, schnaufende Harps, polternde Drums, flirrende Orgeln (leider wohl einem schnöden Keyboard entlockt) - das rockt wild ungestüm. Mit "Tired Up" wird ein simpler Rocker in Stones-Manier hinterher gerotzt, in dem ein paar scharfe (wohl 'echte') Bläser-Einsätze für Schweißausbrüche sorgen. Der richtig gute Sänger Shaun Brown nölt bei "Spin The Miracle Dice" derart überzeugend, als wäre hier Chris Robinson das neue Alter Ego vom ollen Keith Knitterface.

Hierzulande haben wohl die Wenigsten bislang etwas von Dirty York, die in Melbourne richtig angesagt sind, gehört. Das soll und wird sich im kommenden Frühling ändern, wenn der Fünfer die angesagten Clubs der Southern-Rockszene beehren wird. Dann wird man wohl auch einige Songs des 2009er Debütalbums "Waiting On St. George" auf die Ohren bekommen - schwül-hitzige Rock-Atmosphäre gibt's ganz sicher gratis dazu!

Zurück zu "Say Goodbye To Diamonds": Leider ist nach dem hervorragenden Einstieg ein kleiner Bruch zu verzeichnen. "Black Friday" beginnt sehr hoffnungsvolll, wird aber regelmäßig durch einen seltsamen Break in einen fürchterlich deplatzierten Refrain geleitet, was den Song immer wieder grausam zerreißt. "World Is Blinding" entpuppt sich als unsäglich langweilige Ballade, die mit sechseinhalb Minuten auch noch künstlich aufgebläht wird. Doch das sind die beiden einzigen Ausreißer nach unten.

Die folgenden Songs rocken wieder die Hölle, jedoch ist auffällig, dass die letzten vier Songs der CD etwas weniger inspiriert dahinplätschern. Vorher bekommt man aber mit "Miss You" und vor allem "Stop The Rumours" noch mal die Vollbedienung. Und "Can't Scare The Devil In Me" zeigt, dass Dirty York auch eine richtig kreative Ballade hinbekommen.
Im Anschluss an "Move On And Walk Away" bekommt man noch einen Hidden Track mit akustischen Gitarren serviert, der an die NDR-Pausenmusik aus den Achtzigern erinnert. Kennt jemand noch "Das Loch in der Banane" vom Liedermacher Klaus Weiland? Nicht? Aber dann bitte sofort diese Bildungslücke schließen!

"Say Goodbye To Diamonds" ist prall mit Musik gefüllt. Es wäre allerdings m. E. besser gewesen, sich auf eine gute dreiviertel Stunde zu beschränken. Dann wäre es ein gnadenlos überzeugendes Album geworden! So sind ein paar Längen drauf, was das Interesse an Dirty York allerdings in keinem Fall schmälern sollte. Im Gegenteil: Diese Band wird live wahre Funken versprühen, da darf man sicher sein!
Wie gesagt: Im kommenden Frühjahr kommen die fünf Aussies nach Deutschland. Selbstredend findet ihr die Termine zu gegebener Zeit (wie immer) in unseren bestens sortierten Tourdaten.

Line-up:
Shaun Brown (vocals, harp)
Benny James (lead guitar, pedal steel, backing vocals)
Luke Teys (guitar, backing vocals)
Todd Richmond Bennett (bass, backing vocals)
Luka Szpakolski (drums)
(wer die Keyboards spielt, war der Promo-Version ebenso wenig zu entnehmen, wie die Mitglieder der Horn Section!)