Dismal schaffen es, die im wahrsten Sinne des Wortes italienische Tradition aus Schwermut, Melancholie und Romantik in neue Töne zu verpacken. Mit ihrem neuen Longplayer "Giostra Di Vapore" würde das Quartett aus Italien wahrscheinlich sogar ein Freudenfest in eine Bestattung, ganz im Stil von Francis Ford Coppola, umfunktionieren. Womit wir schon auf der visuellen Seite wären, denn dieser Gedanke drängt sich förmlich auf, wenn man die Tonfolgen aus gothischem Soft-Rock und alternativem Indie Pop auf sich einwirken lässt. Eindimensionalität kann man Dismal wirklich nicht vorwerfen, zumindest nicht in der Wahl der Sprachen. Rossana Landi haucht ihre melancholischen Gedanken auf Italienisch, Englisch, Deutsch und Französisch mit beachtlicher epischer Breite ins Mikro und befindet sich damit stilistisch in verschiedenen musikalischen Welten. Dismal geben sich sperrig, progressiv und loten Grenzen zwischen Walzerklängen und atmosphärischen Soundtrack-Welten aus. "The Waltz Of Mind" steht in kleinen Buchstaben über dem Bandnamen und scheint mir auch ein wesentlicher Bestandteil des Programms zu sein.
Orchestrale Streichattentate, die von symphonischen Keyboardklängen angereichert werden, einschließlich Kontrabasseinlage und dazu noch eine Sangeslerche, die in Arien zu entschweben scheint - das ist das Gerüst dieses aktuellen Tonträgers, wobei die E-Gitarre einen beinahe schon raren Kontrast bildet. Anhänger von symphonisch angehauchten Kompositionen, die einen Hang zum Operettenhaften haben, dürften bei den Klängen dieses Releases wahrscheinlich gut bedient werden. Diejenigen aber, die satte Klänge mit fetten Metal-Gitarrenwänden erwarten, sollten lieber schnell weghören.
"Giostra Di Vapore" ist anstrengend - ob bewusst oder nicht, das mag dahingestellt sein. Jedenfalls sind Titel wie "Microcosm & Macrocosm", die seltsam abgedreht wirken, nicht unbedingt für den klassischen Gothic-Hörer geeignet. Nach diesem alles verschlingenden Vorgänger wirkt der Instrumental-Titel "Eden" dagegen fast schon wie eine Befreiung. "Vimana" ist da ein echtes Kontrastprogramm, das mit Streichern geradezu überladen scheint und durch den Sprechgesang einen Exkurs in einen neuen Klangkosmos auslöst.
Die Italiener lieben es anscheinend, den Hörer zu verunsichern, denn die nächste Kehrtwendung eröffnet "Mélisse" - ein aus Chanson und Schlager bestehender Quell verschiedener Hörgewohnheiten. Dass 'kongenial' nicht zu ihren Tugenden zählt, wird einem bei "One Step In The Dark" klar, das mit etwas oberflächlichen Gesängen und beinahe atonal gehaltener Instrumentierung den bereits zu Anfang gebildeten Eindruck der Verstörtheit beinahe genial zu Ende bringt.
Dismal reizen das dunkle Dynamikspektrum nicht wirklich aus. Synthie- und Streicherorgien sind in der dargestellten Form wirklich nicht als düsteres Produkt zu erkennen. Aber vielleicht ist das auch nicht gewollt, sondern vielmehr eine bewusste Überschreitung alter Werte, die einen sinnvollen Einsatz von E-Gitarren und Killer-Grooves im Vornherein ausschalten. Im Vergleich zu früheren Werken sind sie hier über ihren Schatten gesprungen und haben Experimentelles mit eingebaut, das melancholische Stimmungen völlig anderer Art transportiert. Sollte das gewollt sein, dann wurde wirklich eine effektgeladene Wanderung zwischen den Welten geschafft.
8 von 10 RockTimes-Uhren
Line-up:
Rossana Landi (vocals, double bass)
Daniele Porfido (8-strings, electric guitar)
Italiano Stefano (piano, keys, percussion)
Valerio Mosso (violin)
Tracklist |
01:The Four Vibrations
02:Giostra Di Vapore
03:Il Ballo Degli Obesi
04:Microcosm & Macrocosm
05:Eden
06:Vimana
07:Mélisse (Part 2 - La Danse De Mélisse)
08:One Step In The Dark
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Externe Links:
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