Dithyrambs / Free To Be Filthy
Free To Be Filthy Spielzeit: 35:39
Medium: CD
Label: Beautiful Scum Records, 2007
Stil: Psychedelic Metal

Review vom 28.06.2007


Ulli Heiser
Ungewöhnlich (leider): Ein Musiker träumt davon, ein eigenes Label zu gründen, um Bands, die ansonsten kaum Chancen auf Bekanntheit bei einem größeren Interessentenkreis hätten, eine Chance zu geben. Der Mann von dem ich rede heißt Michele Angelini, Chef von Beautiful Scum Records, den ich gleich zu Beginn zitieren möchte:
»Betrachtet man den in Deutschland bestehenden Dschungel aus GVL, Gema, GS1 und die dann anfallenden Marketing- und Vetriebsschwierigkeiten ist es verständlich, dass jeder Musiker erst mal kotzen muss.«
Normal (leider): Eine Band, die fast schon einen Plattenvertrag in der Tasche hatte, kuckt in die Röhre, weil durch Labelumstrukturierungen plötzlich nichts draus wird. So geschehen Anfang der Neunziger. Die Band von der ich rede, heißt Dithyrambs, kommt aus Montepulciano in Italien und spielt eine Mischung aus Thrash Metal und Psychedelic Rock. Ja, liebe Leser, das klingt erst mal strange, ist es aber mitnichten.
Ungewöhnlich (leider): Im Urlaub lernt der siebzehnjährige Michele Angelini die Jungs von Dithyrambs kennen und fast 20 Jahre später sind die Italiener der Grund, warum Michele die für die eigene Band geplante Labelgründung zeitlich vorgezogen hat und wir nun in den Genuss der bereits 2006 im Eigenvertrieb erschienenen Scheibe "Free To Be Filthy" kommen - und zwar neu gemischt und gemastert.
Normal (leider): Weil die Band ihrem Stil treu blieb, gab es in der Vergangenheit kaum noch Auftritte, obwohl Dithyrambs immer gerne live aufspielte. Dem damaligen Zeitgeist, der in Italien eher in Ethno, Folk, Reggae und Ska (so die Presseinfo) zu finden war, wollte man auf keinen Fall nachrennen. Durch ständige Besetzungswechsel und Umformierungen litten auch die Kontakte zu Veranstaltern.
Das alles änderte sich 2000 mit dem Einstieg von Daniele Mencarelli, der die Position als Tieftonerzeuger endlich festigte und den Line-up-Wechseln der Vergangenheit ein Ende bereitete. Ein eigener Proberaum tat ein Übriges und nun schaun wir mal, was "Free To Be Filthy" zu bieten hat.
Einer psychedelischen Orgie gleich, rocken die Drei ordentlich los. Ein Wah Wah-Gewitter, brabbelnde Bassbegleitung führen hin zum Break, der überleitet zu einer psychedelischen Tour de Force. "Abu Mash'ar Washington-Bagdad" erinnert intromäßig an "The End" von den Doors. Unheimlich dicht wirkt dieser Track - und organisch. Bis wieder die bereits erwähnte Tour de Force einfällt, der Nummer eine 'angenehm agressive' Note verpasst, um gegen Schluss wieder "End"-Stimmung zu verbreiten. Ganz anders "So Bad Fate", welches erst mal die Speed-Keule auspackt, um alsbald in einen herrlichen, irgendwie spanisch-marokkanisch angehauchten Rhythmus zu wechseln. Drums, Bass und Gitarre haben ihre Einsätze, werden allerdings nie dominant, sondern umspielen Andreas' vokalistische Reise durch die südlichen Gefilde. Jedenfalls die ersten drei Minuten, denn dann marschiert die Gitarre los. Drums und Bass bremsen den Lauf. Kurz nur, dann laufen sie mit...
Nahtlos geht es über in "Only A Filthy Truffle Can Save Us From The Sprut". Einem harten Jam gleich rocken Andrea, Francesco und Daniele um die Wette, dass die Fetzen nur so fliegen. Das ist aber kein Thrash, denn dann hätte ich mangels Kenntnis und Liebe dieser Richtung, dieses Album an die zuständigen RockTimes-Kollegen gegeben. Was hier gerade läuft, ist ein affengeiler Psychedelic-Jam mit der richtigen Prise Härte. Nie unmelodiös drauf los knüppelnd, sondern dem Hörer immer die Gelegenheit gebend, das Stück mitzuverfolgen. Der Titeltrack mag anfangs eine thrashige Spur legen, aber schnell wird klar, dass auch dieses Stück eine superharte Psychedelic-Nummer ist. Schön, wie Andrea den Lauf rauf und runter hetzt und uns eine Art musikalischer Achterbahnfahrt beschert.
Harte Metaltöne, psychedelische Strukturen... "Arale's Dream", sowie das nicht minder harte "X" bieten uns stellenweise wieder einen Ritt auf dem psychedelischen Gaul mit dem harten Metall-Sattel. Was für eine starke Gitarrensequenz gegen Ende von "X". Gibt es eigentlich Psychedelic Metal? Egal, dann habe ich diesen Stil eben erfunden. Nichts passt m.M. nach besser auf die Musik von Dithyrambs.
"2013 Pediatras", eine geniale Mischung aus brutaler Härte und 'weichen' Psycho-Elementen. Francesco trommelt sich mal wieder den Schweiß aus allen Poren, 70er Jahre-Rock lässt stellenweise grüßen - im Prinzip kann man gerade in diesem Stück viele der damals angesagten Dinos hören.
Um nochmals auf die anfangs angesprochene Schublade mit dem Etikett 'Thrash Metal / Psychedelic Rock' zu kommen: Die Thrash-Momente dauern nicht lange, eigentlich sind es nur kurze, schnelle Attacken. Sonst ist da nichts Thrashiges. Also keine Berührungsängste, wenn Thrash nicht eure Ecke ist. Steht ihr auf brachiale, aber melodische Gitarrenorgien, auf psychedelische Momente, auf eine Kreuzung aus Doors und Mountain und das alles in einem Metalgewand, das dem Rock näher als der Rüstung ist, dann dürften die Italiener genau das richtige sein.
Dithyrambs arbeiten zur Zeit an neuen Songs, was ich mir schon mal vermerkt habe. Bis es soweit ist, sollten wir unsere Aufmerksamkeit aber "Free To Be Filthy" schenken, denn wie schreibt Michele Angelini so treffend?

»Viel Spass mit Dithyrambs "Free To Be Filthy" und all den Schönheiten, die man vom Flugzeug aus gar nicht sehen kann.«
Line-up:
Andrea Pacini (voice and guitar)
Francesco Biagianti (drums)
Daniele Mencarelli (bass)
Tracklist
01:What Rubbish
02:Abu Mash'ar Washington-Bagdad
03:So Bad Fate
04:Only A Filthy Truffle Can Save Us From The Sprut
05:Free To Be Filthy
06:Arale's Dream
07:X
08:2013 Pediatras
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