Otis, Jimi und - Donovan. Das Konterfei dieses Dreigestirns ziert das Cover einer Rolling Stone-Ausgabe aus dem Jahre 1967. Mit seinem gleichnamigen Album katapultierte sich der 'Sunshine Superman' endgültig an die Spitze richtungsweisender Superstarrankings in den großen Sechzigern.
Blumen pflückten die Hippies höchstwahrscheinlich auf den heimischen Wiesen vor den Haustüren San Franciscos. Ihr 'Prince of Flower Power' aber kam tatsächlich aus dem schottischen Glasgow, um ihnen das bunte Blütenmeer mit grellstem Sonnenlicht strahlend zu erhellen.
Den ernstzunehmenden Blendungsfaktor erkannte '65 vermutlich schon Bob Dylan, als er, mit gleichsam respektvollen wie -einflößenden schwarzen Brillengläsern gewappnet, Donovan erstmals begegnete und ihm nach dem Hören einiger Kostproben, eher unfreiwillig denn herzlich begeistert, außerordentliche Fähigkeiten bescheinigte. Einen aufkommenden, zu dieser Zeit wohl gewagten Vergleich mit seiner Person schmetterte er auch noch ab, indem er ihm gar ein für Fachkreise ungleich höheres Kompliment aussprach: »He doesn't sound like me, he sounds like Jack Elliott«.
Der denkwürdige Abend in Dylans Suite offenbart sich als eine Art Schlüsselszene, die den rasant wachsenden Stellenwert Donovans als unabdingbare Größe in der Folkwelt diesseits und jenseits des Atlantiks dokumentiert. Schnell und souverän streifte der den vermeintlichen Makel des Dylan-Kopisten ab, interpretierte stattdessen seine völlig eigene stilistische Wandlungsfähigkeit während der Hochzeit beispielloser Entwicklungen von Folk, Rock und Pop in den 60ern immer wieder neu.
"Sunshine Superman" ist eine fulminante, detaillierte Werkschau des Star-Romantikers Donovan Leitch inmitten revolutionierender Folkpoesie, leuchtender Kaleidoscopes-of-Colours und den frühen, scharf kontrastierenden Hard Rock-Tendenzen, die im Laufe ihres Reifungsprozesses das Jahrzehnt der 70er soviel lautstärker und schlagkräftiger erschüttern sollten, als alles bisher Dagewesene.
Bereits am Anfang seiner Karriere manifestierte der keltische Troubadour innerhalb kürzester Zeit seinen Status als signifikante Schlüsselfigur an der chronologisch wie folk-strategisch wichtigsten transatlantischen Schnittstelle zwischen Pete Seeger, Bob Dylan, Joan Baez sowie Bert Jansch, Cat Stevens und - Nick Drake - ewiges Genie unter den Might-Have-Beens.
Wer Donovan bisher nur als anmutig charmanten, fachkundigen Fremdenführer von "Atlantis" zu kennen glaubte, wird mit diesem dokumentarischen, intensiven, vielfarbigen Bilderrausch durch das Leben des Klangmalers, Poeten und musikalischen Allrounders lektionenweise gleich um ein Vielfaches belehrt. Dessen Ruhm kam nach der Entdeckung und ersten Auftritten bei der ultimativen englischen Talentshow "Ready Steady Go!" praktisch über Nacht. Plattenvertrag und Singleveröffentlichungen folgten. Dylan war gewarnt, als der viktorianische Abgesandte des Vereinten Königreichs auf Einladung von Joan Baez und Pete Seeger 1965 mit standesgemäßem "The War Drags On"-Politsong-Repertoire in New Port debütierte und auf entrückt verzaubernde Weise wenig später noch weitere bestgesicherte Hoheitsgebiete für sich vereinnahmen sollte: Auf Ostküste folgte Westküste, als "Sunshine Superman" in San Francisco die Sonne aufgehen ließ. "Mellow Yellow" sorgte fortan für die überdurchschnittlich hohe Namensgebung 'Safran' bei neugeborenen Mädchen.
»Superfame wasn't just a phrase« verdeutlicht Donovan das beinah unerklärliche Wunder seines Riesenerfolgs in Serie. Nicht nur in Amerika. Das Music-Business brachte seinen definierten Overnight-Success und Up-Nouveau-Neoromantic-Style-uniformierten, buchstäblichen 'Universal Soldier' bald an jeden Ort der Welt.
Fast besinnungslos vom Tanz der Sinne und Rausch der Farben kehrte der Prinz heim ins Königreich, wo er bereits von Sgt. Pilcher erwartet wurde, der ihn auf der Stelle wegen Drogenbesitzes verhaftete und mit folgenden Worten um Verständnis bat: »You know Donovan, it's just my job but can I have your autograph for my daughter?«.
Derart unterhaltsam und eben allzu typisch für die verrückten Mid- und Latesixties präsentiert sich diese feine Retrospektive Anekdote um Anekdote. 'Mr. Catch-the-Wind' selbst erzählt neben den Original-Aufnahmen, Zeiteinblendungen, Konzertmitschnitten, auch ersten richtigen Songvideos interessant, anschaulich und amüsant über sein wahrhaft filmreifes Leben, dessen Weg das gesamte, künstlerisch übergreifende Spektrum nahezu aller wichtigen und berühmten Namen in den Sechzigern kreuzte.
George Harrison und Ringo Starr klären beispielsweise über die wahren Zusammenhänge und Absichten des berüchtigten Sergeant auf, der später für seine Dreistigkeiten zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Der Zuschauer begleitet die vier Beatles mit Donovan auf ihrer Reise nach Indien und erfährt, wie John Lennon von ihm Gitarrenunterricht erhält und dass George während ihres Aufenthaltes eine letzte Strophe zu "Hurdy Gurdy Man" verfasste, jenem Superhit, der sich durch Jimmy Pages seinerzeit sensationell hartes, charakteristisches Gitarrenspiel auszeichnet. Auf dem ebenso bezeichneten Album von 1968 versammelt Guru-Voodoo Donovan verheißungsgleich die fast komplette Led Zeppelin-Besetzung vor ihrer eigentlichen Gründung.
Initialzündungen von eminenter Tragweite gelangen dem selbstsicheren Schotten mit eingebautem hochsensiblen Trend-Radar immer wieder. So beeinflusste der junge Jeff Beck maßgeblich den 1969 erschienenen, deutlich rockorientierten Geniestreich "Barabajagal". Das Phänomen Donovan - bekannt für sein effektsicheres Vibrato und ein markant rollendes 'r' im Folk-Gesang - ersann als Rockact also seine nächste, wegweisende Neuerfindung innerhalb einer sagenhaften, märchengleichen Biografie.
Die besondere, in diesem Maße und der Glanzzeit der Band-Gründungen keineswegs übliche Popularität des klassischen, singenden Sologitarristen aber lässt sich nicht nur auf sein feinfühliges, distinktives Saitenspiel und das magisch samt-seidene Timbre seiner Stimme zurückführen. Es ist der Zauber jenes überlieferten, phantasievoll dichterischen Songwritings, das durch den Irish, Celtic, Scottish Folk und seine sehr spezielle, distinguierte Lyrik inspiriert ist, deren Reiz auch Dylan zuvor schon hörbar erlag. Bis heute ist Donovan Verfechter dieser Traditionen und genießt darüber hinaus sein besonderes Faible für die Interpretation von heimatlichen Volks- und Kinderliedern vergangener Zeiten.
Im letzten Drittel seiner Memoiren wird ausführlich auf die filmischen und filmmusikalischen Aktivitäten Donovans in den 70er Jahren eingegangen. Die 80er startet der zeitkritische Beobachter in Auftritten bei Unterhaltungssendungen mit sozialpolitischem Anspruch. Er singt wieder Protestsongs gegen Machtgier, Krieg und Aufrüstung und sieht sich, rückblickend betrachtet, im memorablen Déjà-vu von "Universal Soldier" der unmittelbaren Aktualität seiner damaligen politischen Themen gegenüber.
Mitte der 90er begegnet der ehemalige Folk Rock-Star, der nicht ohne Stolz auf seine 12 Hit-Singles in den 60ern verweist, dem scheinbar unermüdlich goldschürfenden Ausnahme-Produzenten Rick Rubin, um mit ihm "Sutras", sein bisher letztes, offizielles Studioalbum, aus der Schatz-Miene ans Tageslicht zu fördern.
"The Journey Of Donovan" erzählt ebenso märchenhaft die atemlos romantische Liebesgeschichte von ihm und Linda, seiner langjährigen Angetrauten, ihrer gemeinsamen Familiengründung und über die lebenslange besondere Freundschaft zu Gypsy-Dave. Die 180-minütige Zeitreise in kurzweiligem und dennoch höchst informativem Unterhaltungsformat wird durch eine Bonus-DVD ergänzt, die alle Hits enthält, Interviews mit Wegbegleitern - dem Who is Who des Golden Age of Rock'n'Roll - , Auskunft gibt zu verschiedensten Kollaborationen, ein privates Fotoalbum öffnet, Resümees zieht und Einblicke in das heutige Leben des mittlerweile 62-jährigen Künstlers gewährt, der im letzten Jahr die Invincible Donovan University mit Unterstützung von Star-Regisseur David Lynch ins Leben rief.
»It was extraordinary!« reflektiert der einstige Verkörperer des Romantizismus wiederholend gern die außergewöhnlichen Momente seines eindrucksvollen Lebensweges bis zum Hier und Jetzt.
Nachdenklich stimmt am Ende einmal wieder die ratlose, resignierende Aussage Donovans als Zeitzeuge und -veränderer ersten Ranges zur Problematik der fehlenden Authentizität, Originalität, Tiefe und Phantasie in der gegenwärtigen Musiklandschaft: Die Zeit heute sei einfach sehr schnelllebig und leider nur auf Eines ausgerichtet... »As we began... life wasn't for buying, music wasn't for buying, music was for experiencing«.
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