DragonForce - eine Powermetal-Band, die mal nicht aus Skandinavien oder Italien kommt? Ich reibe mir ganz verwundert die Augen.
Gerade in Skandinavien kann sich die Anzahl solcher Bands locker mit denen der Elche messen. Und auch in Italien hält sich vermutlich die Zahl der Pizza-Buden mit den dortigen Powermetal-Truppen die Waage.
Nein, DragonForce kommt aus dem ' Queen Elisabeth II-Land', dem Geburtsland von solchen Größen wie zum Beispiel Beatles, Black Sabbath, Deep Puprle, Led Zeppelin oder auch der NWOBHM-Welle ( Saxon, Iron Maiden, Judas Priest).
Leider schickte uns die Queen in den letzten Jahren wenig Erfreuliches in Sachen Musik. Wir wurden von einer regelrechten Brit-Pop-Invasion solcher Transülzen wie Pulp, Suede, Blur, Oasis usw regelrecht überrollt. Gerade die beiden letzteren sorgen, sehr zur Freude der Zahnspangen-Print-Magazine, immer wieder für Schlagzeilen mit dummen Kleinkriegen und 'richtig netten Wünschen' in Richtung 'gegnerische' Formation.
Doch nun endlich gibt es ne Ladung englischen Power-Metal auf die Ohren. Aber halt, ganz 'englisch rein' ist die Band nun auch wieder nicht, sondern ein zusammengewürfelter Nationen-Haufen.
Ursprünglich war das Line-up folgendermaßen: Da ist zum einen Herman Li aus Hongkong an der Klampfe sowie sein Gitarren-Kollege Sam Totman, der zwar in England geboren, jedoch in Neuseeland aufgewachsen ist. Drummer Didier Almouzni wurde aus Frankreich eingeflogen, Mikro-Schwinger ZP Theart erblickte in Südafrika das Licht der Welt und Keyboarder Vadim Prozhanov ist (der Name verrät es dem Kundigen schon fast) Ukrainer. Lediglich Tieftöner Diccon Harper ist waschechter Engländer.
Zwischenzeitlich wurde die Rhythmussektion komplett ausgetauscht und durch Adrian Lambert (Bass) und David Macintosh (Schlagzeug) ersetzt.
Und nun Bühne - ähhh Boxen frei für einen Höllenritt mit DragonForce und ihrem neuen, zwischenzeitlich dritten Studio-Geschoss "Inhuman Rampage" und glaubt mir, das Ding geht ab wie ein Düsenjet. Also schnallt Euch an, wenn die Jungs zum Angriff starten und lasst die Matten fliegen. Die Flöhe müssen sich darin mächtig festkrallen, um nicht ungefragt aus dem Haarkleid geschüttelt zu werden. *gg*, denn hier wird geklotzt und nicht gekleckert. Die Band selbst bezeichnen ihren Stil als Extreme Powermetal.
Mit einem wenige Sekunden dauernden Keyboard/Gitarren-Intro legen sich DragonForce gleich mächtig ins Zeug und hauen uns den über sieben minütigen Opener "Through the Fire and Flames" um die Ohren, das es aus diesen qualmt.
Die Richtung wird also gleich mal vorgegeben: selbst ein Pferdegalopp ist gegen die Geschwindigkeit auf "Inhuman Rampage" nur müdes Schneckentempo. Dazu gibt es jede Menge hymmnenhafter Melodien mit Mitgröleffekt; fulminante Gitarrensoli, bei der sich so manch ein Axtman die Finger brechen würde; wahnwitziges Drumming; jede Menge verspielte Details und feine Breaks, so dass das komplette Werk sehr aufgelockert wirkt.
Als ich das folgende "Storming The Burning Fields" hörte, ist mir fast die Kinnlade runtergeklappt: im Mördertempo wird einem jede Gehinrwindung einzeln durchgepustet. Ein Nackenbrecher bei dem, sofern man so wie die Jungs 5:16 Minuten lang durchhalten sollte, ein anschließender Arztbesuch bitter nötig ist. Es ist übrigens auch das kürzeste Stück auf dem Silberling - verständlich.
Drummer David Macintosh scheint jeden Geschwindigkeitsrekord brechen zu wollen - Arme und Beine sind eine rotierende Scheibe (ein Wunder, dass es die Sticks nicht in ihre Einzelteile zerlegt). Ich frag mich ernsthaft, wo dieser Mann die Kondition hernimmt.
Nun versteh ich auch, warum im Waschzettel eingangs gleich folgender Hinweis stand: "Sind sie zu stark, bist Du zu schwach".
Ich für meinen Teil wünsche meiner Nackenmuskulatur jedenfalls erst einmal jede Menge Durchhaltevermögen, denn eine Verschnaufpause gibt es immer noch nicht. Die Hooks knallen wie Maschinengewehr-Salven aus den Speakern.
Im Mördertempo geht es weiter, ob nun mit "Operation Ground And Pound" oder auch "Body Breakdown". Im letzteren Stück brilliert Tastendrücker Vadim Prozhanov sogar mit leicht spacigen Klängen.
Eins muss man den Jungs lassen: bei allem Höllentempo wird die Melodie dabei nicht aus den Augen verloren. Und immer wieder sind kleine Überraschungs-Fills mit eingebaut, so u.a. auch wieder bei "The Flame Of Youth", nette Details also, auf die es sich lohnt, zu achten.
Uff, ein Schnaufer der Erleichterung entfährt mir. Nicht, weil mir das Album überdrüssig geworden ist, nein, wirklich nicht! Sondern allein deshalb, weil mir endlich, nach gut 50 Minuten brachialer Sturmgewalt und überstrapazierter Nackenmuskulatur eine Verschnaufpause vergönnt ist. Ich glaube, die hab ich nun auch redlich verdient: "Trail Of Broken Hearts" - ich fass es nicht! Eine Ballade gibt es auch! Eine richtig schöne Ballade, die runter geht, wie Öl und - natürlich - gewürzt mit filigranen Gitarrensoli.
Nun, diese Erholungsphase braucht sowohl die Band als auch der Mosher nach knapp einer Stunde "Inhuman Rampage".
O-Ton Sam Totman: "...und auch hier schaffen wir es noch drei verschiedene Gitarrensoli reinzuquetschen". Tja, was soll man da noch sagen? Ohne Worte *gg*.
Natürlich erfüllen die Texte das gewohnte Klischee: "fantasievoller Märchenwelten mit schwertschwingenden Kriegern auf ruhmvollen Schlachten", aber was soll's.
Ich wiederhole also gerne: "Sind sie zu stark, bist Du zu schwach".
Bist du aber stark genug, dann"...erhebe den Kelch und öffne furchtlos die Ohren für "Inhuman Rampage" - dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen außer: Kaufen!
Und weil die Scheibe so stark ist, verlosten wir in Zusammenarbeit mit 's2marketing' 2 handsignierte CD's plus signierten Autogrammkarten.
Spielzeit: 56:06 Min, Medium: CD, Sanctuary Records Group, 2006
1:Through The Fire And Flames (7:21) 2:Revolution Deathsquad (7:52) 3:Storming The Burning Fields (5:19) 4:Operation Ground And Pound (7:44) 5:Body Breakdown (6:58)
6. Cry For Eternity (8:12) 7:The Flame Of Youth (6:41) 8:Trail Of Broken Hearts (5:57)
Ilka Czernohorsky, 13.01.2006
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