»The first reaction on hearing this album is "WOW".« - Meine erste Reaktion nach dem Hören war: Nicht ganz übel, muß ich mir aber noch mal anhören.
Dieses neue Album, nach der 4 Track-EP The Dreaming Tree und den Alben "Unplugged-How To Send Good Naked" sowie "Grafting Lines And Spreading Rumours" wurde unter der Regie von Karl Groom von Threshold im Thin Ice Studio unter großem technischen Aufwand, was besonders die Soundqualität betrifft, produziert. Und dieser Aufwand hat sich ganz und gar gelohnt. Nach dem Gehörten und meinem Empfinden kann ich das nur bestätigen; klar ausgearbeitete Strukturen, Arrangements und Kompositionen bestimmen insgesamt das Hörbild, wofür sich besonders Dan Jones an der Gitarre und auch Steve Barrett an den Tasten verantwortlich zeigen.
Ungewöhnlich, aber so gewollt, beginnt die CD mit einem sehr ruhigen und sehr kurzen Stück, das mit vier Sekunden und namenlos dann auch auf der Titelliste keinerlei Erwähnung findet. Der Chronologie jedoch folgend, nämlich mit Track zwei, "Silence Won't Steal" (vielleicht sogar als Anspielung zum ersten Nicht-Titel), gibt es ein sehr ordentliches Stück progressiver Musik zu hören, das sich bereits durch Rhythmusvielfalt, kräftigen, lauten, sanften und stillen Abschnitten auszeichnet, ein erstes Oh! dem Gitarrenspiel abgewinnt, aber auch ein wenig Popeinfluß (nach R. Williams klingend) hervorbringt.
"Arcadia" stellt an Chris Buckler einige sehr gut von ihm gemeisterte Anforderungen. Da muss er ganz schön tief in die Stimmkiste greifen. Orientalischer Rhythmus durchzieht zu Beginn diesen Titel, der von einigen Popstrukturen, Marke 80'er-Jahre, dann, vor allem im Refrain abgelöst wird. Und da legt Steve Barrett sehr dominant seinen Keyboardteppich aus.
Pianosolistisch, vom Bass und akustischer Gitarre dann zum eigentlichen Sound geführt, beginnt "Grown Too Small". Musikalisch ein sehr rockiges, gesanglich ein eher ruhiges Stück. Hier erinnert mich Steve Bucklers Gesang und der Stil der Interpretation ein wenig an IQ. Sehr verspielt und äußerst facettenreich, Pianosolo, Gitarrensolo und das alles in leicht jazzigem Stil spielt sich dieser Titel auf 5:13 ein.
Mein erster Gedanke beim Hören von "Love And The Heart" war, das kennst du doch - zumindest klingt es wie Spandau Ballet von vor 25 Jahren oder wie Chicago noch mal 10 Jahre früher, allerdings ohne Bläser. Und bei der Nennung dieser beiden Gruppen macht sich der Musikhörer ein Bild in welche Richtung dieses Stück geht.
Ich warte immer noch auf den progressiven Rock des ersten Titels.
"Moult" beginnt als zunächst sehr ruhiges Stück, schleppend und bassträchtig, mit sehr angenehmen Gitarrenzwischenspiel, das sich langsam in der Intensität steigert, dann auf den Anfangsstatus des Zwischenspiels zurückfällt (Bass + Gitarre). Es erfolgt eine erneute, sogar ausufernde Steigerung, die in einem exzellenten Gitarrensolo endet, das stark an Pink Floyd erinnert. Wiederum Abfallen, wieder Steigerung mit Gitarrensolo …, also, was zumindest den Titel "Moult" (sich mausern, haaren) angeht - das war ein Mausern und "Moult" bekommt mein WOW, sogar ein WOW WOW.
Progressiv geht es weiter, IQ lässt grüßen; sehr rockig, sehr unterschiedlich in der Erarbeitung der einzelnen Titelabschnitte, Tempiwechsel, schöne Breaks zwischen Gesangs- und Instrumentalteilen, zwischen Strophen und Refrain; "Ophidia" heiß das gute Stück mit WOW-Effekt. Und den gibt es auch wegen des frischen Gitarrensolos ab ca. der Titelmitte und des wunderbaren Keyboardübergangs zum Ende hin, das dann hervorragend lang hinausgezogen, nach 8:14 Minuten leider definitiv hereinbricht.
In Vorfreude auf die 'knappen Versionen der Wahrheit' (nach diesen letzten beiden WOW WOW- und WOW-Stücken) bekomme ich eher, nach gutem Beginn mit Piano und Bass eine poppige-funkige Version, die dann jedoch bald in eher rockige, progressiv-rockige Strukturen fällt und sogar einen gewissen klassischen Einschlag nach Ekseption aufweist und außerdemr ungeahnte Überraschungen bereithält. Kriegt auch ein WOW (nach anfänglichen Bedenken).
Es ist ein wenig schade, dass sich einige Nummern nach klasse Beginn in poppigen, softigen Strukturen verlieren, die zunächst die Anfangsfreude abdämpfen, wie auch hier in "You The One". Rockige Gitarre, dann fast Schmuseschnulze, aber mit schön schrammelnder akustischer Gitarre. Und dann retten sich The Dreaming Tree mit waghalsigen Steigerungen (bloß gut) auf einen würdigen Grund, der dem Progressive Rock alle Ehre bereitet. Die gesungene Aussage »You the one« kann ich so gesungen aber echt nicht für voll nehmen.
Mit "Tide And The Mast" greifen sie zeitlich ganz weit zurück, schon fast folkig verspielt, sechziger, siebziger Jahre würde ich mal tippen. Passt so gar nicht ins bisher Gespielte oder eben gerade deshalb. Und die Zeit halten sie auch mit der Titellänge von unter zwei Minuten.
Der "Whisper Song" hält sein Namensversprechen, ruhig, gitarrendominiert (wieder Pink Floyd- ähnliche Gitarre wie bei "Moult"), dazu noch Spracheinspielungen eines Films im Hintergrund - kurze Einschätzung: WOW WOW.
Am Ende nun "The Only Truth", mit Keyboards, akustischem Bass (sehr bemerkenswert Jim Peterson), gemäßigtem Trommelwirbel, Gitarre, ohne Auswirkung auf den Titel (eher ein Zeichen) und im Pianospiel verklingt ein schönes, ruhiges Stück nach fünf Minuten Spielzeit.
The Dreaming Tree sind sehr vielfältig im Spiel und ich hoffe, sie finden sich in den WOW-Titeln "Moult", "Whisper Song" und "The Only Truth"; dann wird meine erste Reaktion sicher auch WOW sein.
Line-up:
Chris Buckler (vocals)
Dan Jones (guitars, backing vocals)
Jim Peterson (bass)
Neil Ablard (drums, percussion)
Steve Barratt (keyboards)
Tracklist |
02:Silence Won't Steal
03:Arcadia
04:Grown Too Small
05:Love And The Heart
06:Moult
07:Ophidia
08:Slender Versions Of The Truth
09:You The One
10:Tide And The Mast
11:Whisper Song
12:The Only Truth
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