Drive-By Truckers / A Blessing And A Curse
A Blessing And A Curse
Die 'greatest band in the world' hat ein neues Album vorgelegt. Nein, weder die Stones, die Beatles, noch Led Zep oder die Deads, nicht Motörhead, Metallica, Gov't Mule oder Voodoo Lake, nicht die Zillertaler Schürzenjäger und schon gar nicht Tokyo Hotel. Die Drive-By Truckers aus Macon, Georgia! Nach ihrer viel gerühmten 'Southern'-Trilogie gab es offensichtlich Irgendjemand, der das Quintett mit den drei Klampfern so ultimativ hypte. Was im 'Beipackzettel' des Label-Vertriebs natürlich gern aufgegriffen wird.
Mmmhhh.

Die "Southern Rock Opera" erschloss sich mir auch nicht gleich, zumindest was die 'Komposition' betraf. Das 'Libretto' fand ich dagegen sehr gelungen, ein gutes Stimmungsbild der Jugend im U.S.-amerikanischen Süden und die Begegnung mit dem Southern Rock.
"A Blessing And A Curse" ist kein Konzeptalbum mehr. Aber es hat eine deutliche Grundstimmung. Und die ist düster und verdammt depressiv. Das spiegelt sich auch in der Cover- und Booklet-Art wieder, die erneut von Wes Fred stammt.
Alles voller Totenvögel, wie man bei uns im Frankenwald dazu sagt. Da ist nichts naiv, beklemmender Expressionismus in Comic-Verpackung. So vordergründig naiv, wie sich manche Fans des Genres das Leben im Redneck-Dunstkreis gern vorspiegeln lassen.
Insofern setzen die DBT ihre Saga fort, nur dass es diesmal keine Story, sondern Stories gibt. Von Loosern, Junkies, Verzweifelten, Opfern und Verlassenen, halt der ganzen Mischpoke der Auf-die-Schnauze-Gefallenen.
Ein Blick auf die Tracklist genügt: "Gravity's Gone", "Aftermass USA", "Goodbye", "A World of Hurt" oder den Titeltrack.
Patterson Hood zeichnet für den Hauptteil der Songs und als deren Sänger verantwortlich, je zwei stammen von Jason Isbell und Mike Cooley - die nehmen sich nichts. Aufgenommen und produziert hat wieder David Barbe, der auch als Gastmusiker und Co-Autor mitmischt. Mit John Neff, Jojo Herman und Mitch Easter sind weitere bekannte Szene-Musiker mit Wertsteigerungsgarantie an Bord.
Der Sound ist obligatorisch gitarrenlastig, rough, fast schon grungig. Mir oft zu heftig, die Klampfen quengeln penetrant, quietschende Saitengeräusche als häufiges Stilmittel - meins ist das nicht. Auch die ähnlichen Stimmen mit dem deutlichen 'Southern Accent' von Hood muss man auf Dauer mögen. Dem Inlet (mit allen illustrierten Texten) nach wurde die Musik innerhalb weniger Wochen geschrieben, aufgenommen und dann sehr schnell mit zusätzlichem Material fertig gestellt.
Die bekannten Klischees des Southern Rock tauchen nicht mehr sehr auf, dafür werden die Stones und CCR des öfteren kräftig zitiert. Oder es klingt Richtung Tom Petty und Neil Young; wenn's zur Sache geht, sind die Schwarzen Krähen nicht nur auf dem Cover präsent und das 'Verrückte Pferd' schnaubt wild.
"Daylight" erinnert mich gar an die unlängst besprochenen Bayside.
Es gibt einige Highlights wie "Little Bonnie" oder das heavy "A Blessing And A Curse", aber trotzdem bleibt nicht viel hängen. Trotz aller unterschiedlichen Songgestaltungen rauscht das Album auch nach dem x-ten Durchgang ziemlich durch und hinterlässt einen recht zwiespältigen Eindruck bei mir. Vielleicht braucht man selber einen Knacks weg, um die düstere Stimmung genießen zu können. Masochismus ("to love is to feel pain" - "A World Of Hurt"), auch in der Rockmusik, ist nicht meine Erfüllung.
Ich bin gespannt, wo die Drive-By Truckers mit dem nächsten Album hinsteuern. Etwas mehr "Blessing" und weniger "Curse" wär mir schon recht.


Spielzeit: 47:00, Medium: CD, New West Records, 2006
1:Feb 14 2:Gravity's Gone 3:Easy On Yourself 4:Aftermath USA 5:Goodbye 6:Daylight 7:Wednesday 8:Little Bonnie 9:Space City 10:A Blessing And A Curse 11:A World Of Hurt
Norbert Neugebauer, 01.05.2006