Dukes Of Stratosphear / 25 O'Clock, Psonic Psunspot
25 O'Clock, Psonic Psunspot Spielzeit: 49:17 (CD 1), 54:39 (CD 2)
Medium: CD
Label: Weatherbox, 2009 (1985, 1987)
Stil: Psychedelic


Review vom 11.04.2009


Grit Marina Müller
His royal majesty Big Ben persönlich läutet um genau '25 O'Clock' den strange trip unserer Dukes durch ihre nicht nur hinsichtlich der Schreibweise sehr eigenwillige 'Stratosphear' ein.
XTC, die in den Mittsiebzigern gegründete britische New Wave-Formation mit vielseitiger und wechselvoller Bandgeschichte, schufen 1985 ihr frappantes Alter Ego Dukes Of Stratosphear, um - und das ist wohl die intentionelle Kernfrage der hier vorliegenden herzöglichen Alben - eine beinah grotesk authentische, scharfschnittige Persiflage oder etwa doch eine ebenso leuchtfarbig schillernde Hommage an Sixties' Psychedelia ins Synthie-Pop-Reich der Achtziger zu telegrafieren?
Bei all der stratosphärischen Liebe zum grenzfrei verschrägten Detail und hoffnungslos überzogenen hippiesken Klischee bleibt mir diese Frage bis zum jeweils letzten amtlich verzerrten Akkord dieser beiden im Jahre 09 rereleasten Zeitmaschinen unbeantwortet.
Tauchen wir, per "Bike Ride To The Moon" gewissermaßen, in Raum und Zeit des zunächst 1985 erschienenen, besagten "25 O'Clock". Was einem hier mehrdimensional um die Ohren fliegt, sind die typisch psychedelischen unorthodoxen, kaskadenförmigen Melodiebögen mit opulent ausschmückenden Klang-Distorsionen und der songthematisch beliebten lyrischen Präferenz geheimnisvoller, traumgewandeter, vorzugsweise weiblich erscheinender oder auch verschwindender Wesen.
Ziemlich realitätsnah detoniert auf diese Weise im Folgenden der Klangkörper von "My Love Explodes". "What In The World??..." dürfte sich nach der eindrücklichen Explosion auch der Hörer fragen, in Wahrnehmung der rätselhaften, mit allerlei spacigen Finessen verfremdeten Psychsounds dieses Titels. Damit nicht genug. - One-way to India bucht er wenig später bei der sich in der Tracklist unter Extra Recordings schlängelnden "Black Jewelled Serpent Of Sound". Kunstvolle, stilechte Soundgefilde durchkriecht diese prächtige Exotin unter den Reptilien.
Auf beiden Alben befinden sich übrigens staunenswerte Demo-Rohlinge zu den meisten vollständig arrangierten Spaceflügen von 'Sir John Johns' and 'The Red Curtain' alias Andy Partridge und Colin Moulding. Die Songskizzen sind auffallend charakteristisch mit dem ungeschliffenen, kühl tektonischen Eighties-Oeuvre ausgestattet, um bis zu ihren Endfassungen nachhaltig auf Sixties getrimmt zu werden und damit einer chronologischen Zuordnung ohne vorherige Kenntnis mit schlafwandlerisch sicherem Lächeln aus dem Weg zu gehen.
Dieser Spaß gipfelt in den Accessoires zweier astreiner Folk-Impressionen, wiederum weiblichen Geschlechts namens "Nicely Nicely Jane", das akkurat gepickt wird und gesanglich Don Juan-gleich dargeboten sowie "Susan Revolving", das man etwas grobkörniger, jedoch mit Schmackes beherzt ins Holz hackt und in eben diesem überraschenderweise stecken lässt.
"Open A Can Of Human Beans" ist herrlich poetisches Gleichnis und zielsicherer Charts-Rider auf einmal, während man sich zum Ende der '25. Stunde' in den ozeanischen Tiefen von "Yellow Submarine" wähnt, nur hat das berühmte gelbe U-Boot hier die konkret-tonale Form eines "Tin Toy Clockwork Train". Ähnlichkeiten beglücken dabei - einmal mehr - weniger zufällig denn durchaus gewollt!
1987 veröffentlichten die XTC-Wölfe im Paisley-Kaftan ihren zweiten Psychotrip "Psonic Psunspot", aufblitzend in dem hinreißenden "Vanishing Girl", das bei den Pretty Things, Zombies oder Turtles keinen Deut bezaubernder hätte entschwinden können. "Little Lighthouse" elektrifiziert wie "Shiny Cage" mit Small Facigem Pioniergeist und frühFloydigen Reminiszenzen à la "Arnold Lane". Zur atmosphärischen Unterstützung hätten wir dazu den "You're My Drug"-Joint, liebevoll durch Byrdige Phaser gedreht.
Ein nicht nur wortschöpferisch schönes "Collideascope" überlässt man wiederholt der
Fab Four-Phrasierung, und für "Brainiac's Daughter" glaubt das fachliche Gehör ohnehin, den stimmlichen Empfindungen Paul McCartney höchstselbst zu lauschen. "Pale And Precious" setzt dem unverfrorenen Treiben die Krone auf, indem die Dukes Brian Wilsons pop-wissenschaftliches Alleinstellungsmerkmal, kompositorisch wie vokalistisch, fast ad absurdum stellen. Nicht unerwähnt bleiben darf "The Affillated", das sich einen verblüffenden Song mit zwei nahezu grundverschiedenen musikalisch interpretierten Themen teilt.
"You're A Good Man, Albert Brown" heuert völlig unbekümmert gleich auf beiden konkurrierenden Flaggschiffen der Spätsechziger diesseits und jenseits des Atlantiks an. Die tollkühne Beatles-Beach Boys-Melange verschafft sich zudem auch inhaltlich Respekt als bitterböse, blutig-sarkastische Satire auf die 'Farben des Krieges'. Die Herzöge stechen also, nicht nur in diesem Stück sei angemerkt, mit noch seinerzeit nicht selten für skandalös befundenem, provokantem gesellschaftspolitisch-kritischen Songwriting hervor.
An diesem britischen Adel der besonderen Art scheiden sich die hin- und hergerissenen Geister. Jene, die die Beatles, Byrds oder auch The 13th Floor Elevators für Jahrhundertbands halten, sollten in jedem Fall eine ausreichende Menge stratosphearischen Humors bereithalten für die gefährlich schmale Gratwanderung zwischen Genie und Wahnwitz auf dem Duke'schen Pfad der psychedelischen Erkenntnis. Außer Frage steht aber, dass die Herren Partridge & Moulding ihrem grell-bunt geblümten Bildungsauftrag mit bemerkenswert phantasievoller Hingabe und Genauigkeit gerecht werden.
Anyway! Die klare Empfehlung für alle longhaired beauties jeglichen Geschlechts kann nur lauten: Kämmt Euch die Haare, setzt Euch ins Gras, genehmigt Euch eine gepflegte Prise selbigens, stellt die Uhren auf "25 O'Clock" und die Ohren auf "Psonic Psunspot"!
Tracklist
25 O'Clock (Remaster):
01:25 O'clock
02:Bike Ride To The Moon
03:My Love Explodes
04:What In The World??
05:Your Gold Dress
06:The Mole From The Ministry
Demos:
07:25 O'Clock
08:Bike Ride To The Moon
09:My Love Explodes
10:What In The World?
11:Nicely Nicely Jane
12:Susan Revolving
Extra Recordings:
13:Black Jewelled Serpent Of Sound (Radio Caroline Edit)
14:Open A Can Of Human Beans
15:TinToy Clockwork Train
Video: Mole From The Ministry
"Psonic Psunspot" (Remaster):
01:Vanishing Girl
02:Have You Seen Jackie
03:Little Lighthouse
04:You're A Good Man Albert Brown (Curse You Red Barrel)
05:Collideascope
06:You're My Drug
07:Shiny Cage
08:Brainiacs Daughter
09:The Affiliated
10:Pale And Precious
Demos:
11:No One At Home (Vanishing Girl)
12:Little Lighthouse
13:Collideascope
14:Shiny Cage
15:Brainiacs Daughter
16:The Affiliated
Video:
You're A Good Man Albert Brown
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