Auch wenn wir es schon mit der zweiten Scheibe der Lübecker zu tun haben, so kann zumindest ich den Titel der vorliegenden "Encounter" wörtlich nehmen: Es ist für mich nämlich die erste Begegnung in puncto Dungeon Rocks. Seit Anfang 2009 treibt der Sechser aus der Stadt des Holstentors bereits sein musikalisches Unwesen und ein erster schneller Durchlauf sagt mir, dass er dabei nicht so richtig viel falsch macht. Da wird kräftig abgerockt und es kommt schnell das Gefühl auf, dass es sich bei der Truppe zudem um eine Band handelt, die live ziemlich gut abgeht. Rifflastiger Hard Rock, der auch vor zwanzig Jahren hätte gespielt werden können und dazu eine Frau namens Urte Brügge am Mikro, die sofort mit ihrer kernigen Mischung aus Rockröhre und gefühlvoller Frontfrau zu bestechen weiß. Sie führt ihre fünf Mitstreiter eindrucksvoll durch die knapp fünfzig Minuten Spielzeit und versteht es dazu beizutragen, dass einige der Tracks sofort hängen bleiben.
Dungeon Rocks bieten dem Hörer eine Melange aus hauptsächlich englischen, aber auch ein paar deutschen Texten, "Mutter Erde" und "Unschuldiges Wasser" machen dabei den letztgenannten Anteil aus. Textlich ist das teilweise schwere Kost, was uns die Holsteiner da so bieten. Sie singen vom Sensenmann, von Eitelkeit, Neid und Hass und verpacken es in düster-schweren Rock, der manchmal ein wenig an frühe Passagen von
Black Sabbath erinnern. Beim ersten Hören von "Mutter Erde" springt mir allerdings sofort der Gedanke
Doro Pesch meets
Till Lindemann ins Hirn. Wem das suspekt vorkommt, dem empfehle ich, ab hier nicht weiterzulesen, alle anderen dürfen ein Auge und ein Ohr riskieren.
Ich habe nun weder etwas gegen Deutschlands Rocklady Nr. 1 noch gegen die Jungs von
Rammstein und ich muss gestehen, dass gerade "Mutter Erde" eines dieser Stücke ist, die sich vom Text und der Melodieführung sofort festbeißen.
Aber auch die englische Fraktion unter den Tracks hat so Einiges zu bieten, allerdings herrscht hier der bereits angesprochene Hard Rock mit viel Gitarren- und Rhythmusarbeit vor. Mal prescht die Truppe nach vorn, mal zügelt sie das Tempo und die Noten kommen zäh aus den Boxen geflossen. Eingängigkeit wird auch hier mit versalem E geschrieben und da sollen als Beispiele mal nur der Opener "I Have To Run" oder auch "The Reaper" dienen. "Unschuldiges Wasser" lässt bei mir leichte Assoziationen einer
Nina Hagen hochkommen, die sich mit
Ina Deter auf orientalisch rockenden Abwegen befindet - ganz clever gemacht. Natürlich geht so eine Scheibe nicht ohne balladeske Anflüge ab und auch diese Rubrik verstehen die Lübecker, gekonnt mit Leben zu füllen ("See You Again"). Außerordentlich gut gefällt mir zudem in weiten Teilen die Tastenfraktion, die dem musikalischen Zweitwerk von
Dungeon Rocks noch einen gewissen 'finishing touch' gibt.
In Summe haben wir es hier mit einem Album zu tun, das sich der oft und immer wieder totgesagten Attribute des guten alten Hard Rock annimmt und die Fahne hochhält. Ich habe hier für mich eine Band entdeckt, deren weiteres Schaffen mehr als nur ein Registrieren aus den Augenwinkeln verdient. Speziell von den von mir gemutmaßten Live-Qualitäten möchte ich mich ganz schnell mal überzeugen. Die CD bietet ein gut gemachtes Booklet mit allen Texten und ein paar Fotos und Notes. Eine kleine Anmerkung sei mir allerdings trotz all der positiven Dinge, die "Encounter" in sich vereint, abschließend noch kurz gestattet: Liebe
Urte, Artikulation in der englischen Sprache ist keine Krankheit und das Fehlen derselben, trotz toller und variabler Stimme, dient nicht unbedingt einem besseren Zugang zu den Texten - das ist mir vor 35 Jahren schon bei
Bob Dylan gehörig auf den Sack gegangen und ich bin in dem Punkt mit den Jahren nicht lockerer geworden. Ansonsten Daumen hoch für diese Scheibe, ich bin gespannt auf Nr. 3 aus den Kerkern der Hansestadt!