»Prog-Folk Legend Judy Dyble releases the third masterpiece of her career in the USA, a mere 45 years after the last.« So lautet der Einstieg im Pressetext zu dieser CD. Doch das ist kein neues Album. Im August 2009 erschien es erstmalig und nun, nach weiteren Anläufen, ist dieses der nächste Versuch, diese Aufnahmen bekannt zu machen. Dazu gibt es zwei Bonustracks und ein neues Cover.
Judy Dyble, ein Name, der in einem Zusammenhang mit Fairport Convention, Trader Horne und Giles, Giles & Fripp steht, und insofern in die Richtung von King Crimson deutet. Und wo sind die Zusammenhänge?
Ihre erste Band hieß Judy And The Folkmen, dann wurde sie die erste Sängerin von Fairport Convention, um danach der Band Giles, Giles And Fripp beizutreten. Aus dieser Formation entwickelte sich schließlich King Crimson. Judy gründete nun mit Jackie McAuley die kurzlebige Band Trader Horne. 1973 verließ sie letztlich die Szene, etwa bis 1994, als sie wieder da war. Und nun erscheint dieses noch aktuelle Album, auf dem sich Musiker aus ihrer Vergangenheit wiederfinden.
Man kommt wohl insofern nicht umhin, die Schublade 'Folk Prog' weit aufzuziehen, um die unterschiedlich ausgeprägte Musik hier unterzubringen. Höhepunkt ist mit Sicherheit für viele Hörer/innen der ganz lange Track, der "Harpsong", mit über neunzehn Minuten Spielzeit. Sind alle anderen Songs mit teils wunderschönen Arrangements streng strukturiert, dabei aber mit einfühlsamen Soli ausgestattet (ich liebe zum Beispiel dieses Violinen-geprägte Spiel auf "C'est La Vie"), so tobt sich die Band auf dem Longtrack entsprechend mehr aus - d. h. obwohl es dennoch ruhig zugeht, fließt es nur einfach mehr und Räume öffnen sich. Wie der Titel bereits aussagt, geht es hier um eine Harfe - in dem Fall eine Autoharp - mit der Dyble den Song einleitet. Es ist das einzige Mal auf der Platte, dass man Robert Fripp wahrnehmen kann und so werden wir ein wenig in die Zeit zurückgeführt, als McDonald & Giles ihre Platte veröffentlichten - sehr verträumt und sanft proggig. Dazu bläst McDonald ein sanftes, einfühlsames Solo auf dem Altsaxofon. So ist dieser Song für mich ein Höhepunkt dieser Scheibe. Ein Stück, das für mich endlos laufen könnte, bis dann doch nach etwa zehn Minuten der 'Wecker anspringt' und King Crimson plötzlich vor der Tür zu stehen scheint - eine nette Überraschung. Doch etwa fünf Minuten später kehrt wieder Ruhe ein und geleitet das Stück zum Ende.
Dazwischen sind die kürzeren und sehr folkigen Songs mit sehr feinen und ausgeklügelten Arrangements gestreut, in die sich immer wieder Einflüsse des Jazz mischen. Gesanglich halte ich die Gesamtstimmung für etwas unausgewogen. So gibt es Stücke, bei denen die Stimme ein wenig brüchig klingt und wieder andere, bei der das genaue Gegenteil der Fall ist. Nun gut, die jugendliche Stimme ist nicht mehr vorhanden, aber letztlich bleibt der Ausdruck, mit dem sich Judy Dyble behaupten kann. So hebt und senkt sich die oft verträumte Atmosphäre innerhalb eines ruhigen Ambientes - mal ein wenig zupackender, mal ein wenig zurückhaltender, wie zum Beispiel beim Titelsong, der sehr spärlich instrumentiert ist, gleichwohl aber zupackend und entgegenkommend wirkt.
Ein wenig lasziv swingt es auf dem "Grey October Day" und nicht nur hier beweisen die Musiker, dass sie ihr Handwerk beherrschen und auch mit Zurückhaltung viel expressive Atmosphäre schaffen können.
Die Bonustracks sind etwas anders als die Stücke der Originalplatte. Mellotron- und Harfenklänge wabern bei "Sparkling" und kleiden die Stimme wattemäßig aus - fauchende Keyboardklänge tun ihr Übriges dazu. Ähnlich atmosphärisch wirkt der letzte Song. Leider sind im Booklet keine näheren Angaben zu den Titeln zu finden, und für mich wären die beiden Songs nicht nötig gewesen, stören sie das Gesamtbild doch ein wenig, weil sie sich nicht nahtlos in das Konzept einfügen.
Line-up:
Judy Dyble (vocals, autoharp - #2,5,7)
Tim Bowness (additional vocals - #1-7, electric guitar - #7)
Simon Nicol (acoustic guitar - #1,7)
Jacqui MacShee (additional vocals - #2,5,7)
Alistair Murphy (acoustic guitar - #2,3,5-7, electric guitar - #2,5,8, slide guitars - #2, organ - #2,3,5-7, keyboards - #2,3,5,7, piano - #4-7, the Mighty Dianatron - #4, 12string guitar - #5, E bow guitar - #7, electric piano - #7, synthesizer - #7)
Mark Fletcher (bass - #2,3,5-7)
Pat Mastelotto (drums - #2,5,6,7, percussion - #2,5-7)
Julianne Regan (additional vocals - #3,7)
Celia Humphris (additional vocals - #3,7)
Rachel Hall (violin - #3,7)
Jeremy Salmon (electric guitar - #3)
John Gilles (acoustic guitar - #5)
Ian McDonald (alto flute - #5,7, lead alto sax - #7, flute - #7, ukulele - #7)
Laurie A'Court (tenor saxes - #6,7, alto saxes - #6,7)
Robert Fripp (guitar - #7, soundscapes - #7)
Harry Fletcher (electric guitar - #7)
Paul Robinson (electric guitar - #7)
Sanchia Pattinson (oboe - #7)
Tracklist |
01:Neverknowing [Tim Bowness, Alistair Murphy] (4:42)
02:Jazzbirds [Bowness, Judy Dyble, Murphy] (3:05)
03:C'est La Vie [Greg Lake, Pete Sinfield] (4:15)
04:Talking With Strangers [Dyble, Bowness, Murphy] (3:23)
05:(In The) Dreamtime [Dyble, John Gillies] (4:19)
06:Grey October Day [Dyble, Bowness, Murphy] 6:04)
07:Harpsong [Dyble, Bowness, Murphy] (19:19)
08:Sparkling [Dyble,Bowness] (3:22)
09:Waiting [Dyble,Murphy] (6:23)
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