Klaus Doldinger's Passport / 24.06.2011, Pumpwerk, Wilhelmshaven
Pumpwerk
Klaus Doldinger's Passport
Pumpwerk Wilhelmshaven
24. Juni 2011
Stil: Fusion
Konzertbericht


Artikel vom 30.06.2011


Wolfgang Giese
Klaus Doldinger Was erwartet man, wenn man ein Konzert eines 75-jährigen Musikers besuchen möchte? Eventuell ruhige und gepflegte Unterhaltung ohne große Aufregung?
Weit gefehlt, denn was Klaus Doldinger in seinem Alter bot, war eher Ausdruck von Kraft, Energie und Innovation. Zusammen mit seiner sicherlich 'x-ten' Besetzung von Passport, die es nun auch schon vierzig Jahre lang gibt, seit ihrer ersten Plattenveröffentlichung. Mit dem berühmten Schalk im Nacken berichtete Doldinger darüber, wie ihn seinerzeit die komplette Band verließ, unter anderem damals mit Lothar Meid und Udo Lindenberg - und dass er Meid kürzlich wiedergetroffen und eigentlich gar nicht mehr erkannt hatte. Nun ja, nach so langer Zeit...
Klaus Doldinger Zwischen den Titeln gab es noch einige weitere Anekdoten und kleine Geschichten aus der langen Musikerkarriere des Künstlers, die mitunter mit einer Art Spitzbübigkeit auf galante Art und Weise erzählt wurden, Elke Sommer hatte es ihm wohl offensichtlich seinerzeit angetan, als es darum ging, welche Filmmusiken im Laufe der Zeit auf sein Konto gingen.
Doldinger spielte Tenorsaxofon, Sopransaxofon und eine Flöte, die er 1969 als Reiseandenken aus Indien mitgebracht hatte. Überhaupt konnte er von einigen Reisen um die Welt erzählen, woraus sich erklärte, dass verschiedene folkloristische Einflüsse in die Musik Einzug hielten - am beeindruckendsten dabei sicher die Musik mit brasilianischem Anstrich, kam doch der Titel "Samba Cinema" aus dem zweiten Set einem brodelnden perkussionistischen Vulkanausbruch gleich. Gut, dass sich zwei versierte Perkussionisten mit an Bord befanden. Diesen Titel widmete er übrigens dem Regisseur Wolfgang Petersen, womit wir gleich beim Thema "Das Boot" waren, denn auch die Titelmusik zu diesem Streifen stammt bekanntermaßen von Doldinger. Klar, dass man auch dieses Stück noch zu hören bekam.
Klaus Doldinger Aus gut 50 Jahren Musikschaffen eine Titelauswahl herauszuschälen, ist sicher kein leichtes Unterfangen, doch gelang es, die Bandbreite von einem 1965 geschriebenen Stück bis zu denen der aktuellen CD, "Inner Blue", darzustellen.
"Mangroove" zeigte imposant, dass die Ideen noch nicht ausgegangen sind. Aber auch anderen Stilen wurde ausgiebig gefrönt, z.B. eine Hinwendung zu einem stark elektrischen Sound mit Anklängen an den Miles Davis der Achtziger, als Doldinger sein Sax dann auch elektrisch verstärkt zum ekstatischen Klingen brachte. Das erste Set endete nach gut einer Stunde und das relativ zahlreich erschienene Publikum wurde in die Pause entlassen.
Klaus Doldinger Gleich die erste Nummer des zweiten Sets zeigte auf, dass in diesem Teil die Musik vielseitiger werden sollte. Hier wurde nun endlich auch Jazz gespielt, es swingte richtig gut und ich hatte den Eindruck, dass die klassischen Tenoristen, wie insbesondere Coleman Hawkins für seine Spielweise Pate standen.
Hier war dann auch weniger auffällig, dass Doldinger seine Vorträge eher integriert, als zu stark den Solisten herauszukehren. Dieses oblag in größerem Maße vor allem dem hervorragenden australischen Gitarristen Peter O'Mara, der sich als versierter Musiker in vielen Lagern erwies - ob stark rockorientiert mit intensiver Verzerrung, ob swingend oder mit einem Sound, der gelegentlich an den Kollegen Bill Frisell erinnerte, oder dem italienischen Keyboarder Roberto Di Gioia, der mit sattem Einsatz manchmal das Keyboard zum Beben brachte, besonders in einem Titel des zweiten Sets, bei dem ihm reichlich Spielraum für ein entfesseltes Solo belassen war. Dem sicher agierenden Bassisten Patrick Scales war es leider nur einmal vorbehalten, seine solistische Virtuosität zur Schau zur stellen.
Klaus Doldinger Dafür aber wurden die beiden Perkussionisten Biboul Darouiche aus Kamerun und Ernst Ströer reichlich gefeaturt. Nicht nur allein, dass sie zusammen mit dem Drummer Christian Lettner einen oft gewaltigen Rhythmusteppich legten, sondern auch zum Beispiel im Duo-Zusammenspiel zwischen Darouiche und Doldinger oder anläßlich anderer Zwischenspiele zeigten sie, dass sie ein wertvolles Rückgrat für die Band darstellen.
Wo wir gerade bei 'Duo' sind: Einer der mich am tiefsten beeindruckendsten Titel war ein Zwiegespräch zwischen Gitarre und Saxofon, in dem Doldinger sein Saxofon wie einst Ben Webster unglaublich gefühlvoll spielte, ein 'Gänsehautvortrag' war das einfach...
Klaus Doldinger "Happy Landing" von der Platte "Passport To Paradise" und "Lucky Loser" sowie auch ein Reggae-inspirierter Titel waren weitere Höhepunkte einer an solchen nicht armen Show, deren zweiter Teil auch eine gute Stunde dauerte.
Anschließend gab es noch einen Zugabenteil von einer weiteren halben Stunde, gefüllt unter anderem mit der 'unvermeidlichen' Tatort-Titelmelodie, spritzig und frisch intoniert sowie zum Abschluss ein Jamtitel auf Bluesbasis, ein Stück, das der Bandleader einst bereits live mit Johnny Griffin gespielt hatte. Hier holte Doldinger dann noch einmal 'tief Luft' und ein Abend voller guter Musik mit enormer Spielfreude aller Akteure war leider zu Ende.
Klaus Doldinger Nun, an der Verfassung des Bandleaders kann es also nicht gelegen haben, dass er sich partout nicht mehr erinnern konnte, bereits einmal im Pumpwerk gespielt zu haben. Hoffen wir, dass er sich an diesen Abend erinnern wird, der übrigens durch einen besonderen Anlass zustande kam:
In Kooperation mit dem Marinemuseum Wilhelmshaven, das vom 16. April bis zum 30. Juni 2011 die Sonderausstellung "Das Boot - Die Fotografien" aus dem Buchheim Museum zeigt, ist dieses Konzert realisiert worden.
Reent Froehlich vom Pumpwerk-Team an dieser Stelle noch einen Dank für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Klaus Doldinger (tenorsax, soprano sax, flute)
Peter O'Mara (guitar)
Roberto Di Gioia (keyboards)
Patrick Scales (bass)
Christian Lettner (drums)
Biboul Darouiche (percussion)
Ernst Ströer (percussion)
Klaus Doldinger     Klaus Doldinger     Klaus Doldinger
Klaus Doldinger    Klaus Doldinger    Klaus Doldinger
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Klaus Doldinger
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