Der Schweizer Pianist Yannick Délez wurde am 22.Januar 1972 geboren und brachte sich früh das Pianospielen bei. Später studierte er in Lausanne. Er arbeitete im Laufe seines Schaffens mit so unterschiedlichen Formaten wie im Duo als auch in der Gruppe Piano Seven. Nebenbei unterrichtet er Klavier und Musiktheorie. Nun veröffentlicht er mit "Boréales" ein Soloalbum.
'Nordlichter', so lautet die Übersetzung des Plattentitels, dazu ein Musiker aus dem Süden. Kann er diese Atmosphäre nachempfinden? Eine andere Frage stellt sich bereits nach den ersten Klängen: ist es Jazz, ist es Klassik?
Die Musik perlt förmlich aus den Tasten, nicht hart angeschlagen, sondern sanft und fliegend. Nur die linke Hand gibt etwas dunkle, härtere Töne dazu und zusammen bildet das einen interessanten Kontrast. Kontrastreich geht es auch weiter, was sich manche angesichts dessen, dass es sich um eine Soloplatte für Klavier handelt, eventuell nicht vorstellen können. Ein gewisser Hauch von lyrisch-verträumten Momenten trägt uns weiter, hinein in den ersten Fremdtitel, "All The Things You Are" von Jerome Kern. Genau wie auch zum Beispiel "Solar" scheint das Original nur noch ansatzweise, aber mindestens hinsichtlich der Atmosphäre, vorhanden zu sein. Der Pianist scheint die Titel zu zerlegen und wieder auf seine Weise zusammenzufügen. Sehr angenehm geriet so der Titel "Vignette", der sich nach einer hypnotischen Einleitung langsam entwickelt. Aber auch hier ist wieder auffällig, wie zart und behutsam der Schweizer mit den Tasten umgeht.
Darüber hinaus höre ich starke Annäherungen an die Musik, wie sie Keith Jarrett in seinen frühen Jahren für das Label ECM aufnahm. Auch er war und ist seit jeher ein Wanderer zwischen den Welten. Ein weiterer Vergleich fällt mir bei "Vignette" auf, der erste Hinweis in Richtung 'Nordlicht', denn fast wie Bobo Stenson aus Norwegen klingen einige Passagen für mich. Das 'Nordlicht' birgt sicher viel an Faszination, wer es je gesehen hat, mag einen Moment des Innehaltens, des Nachdenkens erlebt haben. Eine gewisse innere Freude über dieses Schauspiel kann sich dazu gesellen. Und genau an diesem Punkt dürfte die Musik auf "Boréales" ins Schwarze getroffen haben, denn diese Empfindungen kann Délez durchaus auslösen!
Wir hören viel an Melodien, aber auch viele Improvisationen. Ich meine, dass die Elemente klassischer Musik etwas überwiegen, das, was uns andere Soloaufnahmen von Pianisten, wie zum Beispiel Swing von Thelonious Monk, bieten, geht hier meines Erachtens etwas unter. Dieses Jazz-Element ist eher weniger vertreten, zumindest empfinde ich dieses so - dafür eben sehr viele lyrische Momente, die für mich klar in Richtung Jarrett zielen.
Die einzelnen Titel verbindet der Pianist mit acht Miniaturen, die gute Übergänge bilden. Virtuos ist er, der Yannick Délez - ganz klasse, wie er spielerisch mit den Elementen umgeht, auch mit hoher Präzision im Anschlag. Die Musik empfinde ich als sehr füllig, obgleich sie manchmal eher wie das Gegenteil wirkt. Hier scheinen sich zwei Gegensätze in der Musik perfekt zu vereinen, ein wahres Kunststück, das dem Künstler hier gelungen ist. "Boréales" ist schon jetzt eine der wohl wichtigsten Piano-Soloplatten des noch jungen Jahres!
Line-up:
Yannick Délez (piano)
Tracklist |
01:Boréales (5:32)
02:Miniature I (0:53)
03:All The Things You Are (6:51)
04:Miniature II (1:06)
05:Vignette (6:44)
06:Miniature III (0 :45)
07:Solar (3:26)
08:Miniature IV (0:50)
09:Les Sages (5:04)
10:Miniature V (1:04)
11:Odd (4:58)
12:Miniature VI (0:58)
13:Concave (8:21)
14:Miniature VII a (1:36)
15:An den kleinen Radioapparat (2:58)
16:Miniature VII b (0:54)
17:Réminiscence (3:56)
(all compositions by Délez, except #3 by Jerome Kern, #5 by Gary Peacock, #7 by Miles Davis, #15 by Hanns Eisler)
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Externe Links:
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