Australien, Sydney, man schrieb das Jahr 1973: zwei Musikverrückte wollten sich unbedingt einen Traum erfüllen und ihre eigene Band gründen - die Brüder Malcolm und Angus Young. Zuerst ging jeder eigene Wege, aber als Malcolm, der Ältere der beiden Brüder eine neue Band formierte, wollte er diese um einen zweiten Gitarristen verstärken. So stieg sein Bruder Angus mit ein.
Das damalige Line-up bestand weiterhin aus Colin Burgess am Schlagzeug, Larry Van Knedt am Bass und dem Sänger Dave Evans. Natürlich benötigte die Band noch einen zugkräftigen Namen.
Angus: "Eines Tages schlug meine Schwester Margaret einen Namen vor, den sie auf ihrem Staubsauger gesehen hatte: AC/DC. Es hatte etwas mit Elektrizität zu tun, also schien das zu passen..."
Vorerst aber spielte die Band das berühmte "Bäumchen-wechsle-Dich"-Spiel.
Die meisten Probleme hatte man mit Dave Evans, der sich nach Meinung der Young-Brüder immer mehr an Rod Stewart und Gary Glitter orientierte. Man versuchte sich damit zu arrangieren und schaffte es sogar, eine erfolgreiche Platte zusammen zu zimmern.
Mit den beiden neuen Mitgliedern Ron Carpender und Robe Bailey nahmen sie in den "Albert Studios" in Sydney die Single "Can I Sit Next To You Girl/Rockin' In The Parlour" auf. Diese ist heute bei Sammlern eine begehrte Rarität.
Der Rest ist Geschichte: Evans musste seinen Platz am Mikro für einen ehemaligen Kraftwagenfahrer der Band, einem gewissen Ronald Belford Scott überlassen und fortan erlebten AC/DC einen Höhenflug nach dem anderen. Sie wurden zur Kultband für die Musikfans, die noch ehrlichen Rock'n'Roll zu schätzen wussten und sind es bis heute geblieben.
Dave Evans aber gründete seine eigene Band Rabbit, zog mit dieser von Club zu Club und machte das, was er seit je her am besten konnte: Rock'n'Roll.
Mit seiner Solo-Scheibe "Sinner" scheint uns Evans beweisen zu wollen, dass er das Rocken bis heute nicht verlernt hat und ja, ich bin begeistert. Ganz offensichtlich hat er eine solide Crew um sich geschart, mit welcher 12 zwar simpel gestrickte, aber dennoch gute Songs eingespielt wurden.
Gleich nachdem ich den Silberling in den Player meines PC´s schob und mir die ersten wuchtigen Klänge aus den Boxen entgegendröhnten, hatte ich ein breites Grinsen im Gesicht und dachte, dass das eine Scheibe ist, die auch AC/DC gut zu Gesicht stehen würde.
Im Folgenden habe ich mir mal 4 Anspieltips rausgepickt. Das soll aber keine grundsätzliche Wertung des kompletten Albums sein, sondern lediglich Appetit auf mehr machen:
Sofort mit dem Opener "Back On The Firing Line" legt Dave sich mächtig ins Zeug und zeigt, wohin sich die komplette Scheibe bewegt: es gibt keine eingeschlafenen Füße.
Ein feiner Nackenbrecher wird uns um die Ohren gedonnert, der animiert, den Regler auf volle Lautstärke zu drehen, bis der Schreibtisch bebt.
"Rock'n'Roll Or Bust" - nun - ich ziehe den Rock'n' Roll vor und Dave vermutlich auch, denn das beweist er eindrucksvoll mit diesem Song. Hier hat man das Gefühl, eine AC/DC Scheibe zu deren kreativsten Zeiten zu hören. Evans läuft mit seinen Mitstreitern zur Hochform auf.
"Take Me Down Again" lädt wiederum zum gnadenlosen Mitbangen ein. Es ist ein richtig schöner, nach vorn treibender Song mit feinen Soli gewürzt. Trevor Dare und Dave Hinds liefern sich regelrechte Gitarrenduelle, überhaupt - das Zuhören macht einfach Spaß.
Mit "The Thunder Down Under" wurde ein würdiger Rausschmeißer auf das Album gepackt. Ein toller Song mit stampfendem Rhythmus, überwiegend drumbetont dargeboten und untermalt mit einer von Ngariki gespielten Slidegitarre. Dazu gibt es einen passender Mitgrölrefrain:
"We are the thunder
the thunder down under."
Nun, ich bin überzeugt, damit wird Dave Evans jede Halle zum Kochen bringen.
Bierseelig und bikermäßig dreckig geht es auf der Scheibe zu. Da wirkt nichts gekünstelt - rau und ungeschliffen wird jeder einzelne Song dargebracht, es wird ehrlich gerockt; gerockt bis der Arzt kommt. Dazu passend Daves Röhre, die vermutlich in der Vergangenheit mit jeder Menge harter Alkoholika "geölt" wurde und auch noch wird. Der komplette Rundling beinhaltet alles, was ein Rockerherz begehrt: mitreißende Songs, Gitarrenduelle par excellence, Mitgröl-Refrains und es wird natürlich jede Menge gute Laune verbreitet.
Kritiker werden ihm Plagiatarie vorwerfen und natürlich, wer sucht der findet auch.
Aber seine Vergangenheit kann und will der Sänger nicht unter den Teppich kehren, sie zieht sich wie ein roter Faden durch sämtliche Songs. Nun, warum sollte er?
Ach übrigens - Balladen wird man hier vergeblich suchen...
Eine Kaufempfehlung für alle, die AC/DC, Krokus oder ZZ-Top mögen.
Im Booklet sind alle Songtexte gut leserlich enthalten sowie die jeweils dabei Mitwirkenden aufgelistet.
Spielzeit: 44:53, Medium: CD, Cultural Minority, 2004
1:Back On The Firing Line 2:Rock'n'Roll Or Bust 3:Take Me Down Again 4:Only The Good Die Young 5:Sinner 6:Carnal Knowledge 7:Turn It Up 8:Out In The Cold 9:Go Down Fighting 10:Sold My Soul To Rock'n'Roll 11:D.O.A. 12:The Thunder Down Under
Ilka Czernohorsky, 10.01.2005
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