Duke Ellington / Will Big Bands Ever Come Back Again? + Recollections Of The Big Band Era
Will Big Bands Ever Come Back Again? + Recollections Of The Big Band Era Spielzeit: 77:02
Medium: CD
Label: Essential Jazz Classics, 2014 (1963)
Stil: Big Band Jazz


Review vom 03.03.2014


Wolfgang Giese
Edward Kennedy 'Duke' Ellington wurde am 29. April 1899 in Washington/D.C. geboren und starb am 24. Mai 1974 in New York. Gern experimentierte er mit Klängen und Stilen. Die Titel dieser beiden auf einer CD zusammengefassten Original-LPs aus 1963 sprechen eine deutliche Sprache. Die Ära der Big Bands war offensichtlich vorbei. Es klingt so, als wäre das ein trauriger Rückblick auf das, was einst war, jedoch nicht die Hoffnung auf ein Revival ausschließend. Nun, heute wissen wir es besser als damals: Die Big Bands der Dreißiger kamen in dieser Form nicht mehr zurück, nur vereinzelt gab und gibt es Musiker, die diese Tradition aufrecht erhalten. Spätestens ab etwa Mitte der vierziger Jahre endete dieser seinerzeit bis dahin stark ausgeprägte Zweig der Jazzgeschichte.
So waren die Sechziger nicht mehr eine gute Zeit für solche Orchester, doch der Duke führte diesen Stil unverdrossen weiter. Auf den ersten zwölf Songs der ersten Originalplatte interpretiert er bekannte Titel der Swing-Ära neu, mit seiner ihm ganz eigenen Art des Arrangements. Zu den Höhepunkten zählen sicher jene Stücke, die etwas ungewöhnlicher gestaltet waren, und es sind dann auch jene, wo Ray Nance zur Violine griff und mit Pizzicato-Klängen ganz andere Nuancen in den Big Band-Sound brachte. "Artistry In Rhythm" ist ein sehr gutes Beispiel für eine recht geheimnisvolle Atmosphäre. "Woodchopper's Ball" - auch da ist Ray wieder dabei und dieser Song rockt sogar ein wenig mit seinem treibenden Rhythmus.
Eine Herausforderung stellt sicher auch der große Hit des Konkurrenten Count Basie, "One O'Clock Jump", dar, der im Wechselspiel zwischen Ruhe und Aufbegehren im Arrangement mit Bravour vorgetragen wird. Ist es hier das kurze Solo auf dem Saxofon, das wirkungsvoll dargestellt wird, so ist es die Trompete auf "Sleep, Sleep, Sleep", die dort in höchsten Tönen jubiliert. Manchmal werden Klänge derart ungewöhnlich erzeugt, dass man meint, Instrumente zu hören, die gar nicht aufgeführt sind - so eine scheinbare Wah-Wah-Gitarre auf "Goodbye". Auf jeden Fall wird keines der Originale Note für Note nachgespielt. Es ist pur Ellington, was man hört.
Die zweite Originalplatte startet mit jenem Titel, der wohl unweigerlich sofort mit Cab Calloway in Verbindung gebracht werden wird: "Minnie The Moocher", allerdings als Instrumentaltitel. Die Posaune übernimmt den Vokalpart auf sehr skurril-belustigende Weise. Beim romantischen Song "It's A Lonesome Old Town When You're Not Around" soll der Drummer das Schlagzeug nur mit den Fingerspitzen gespielt haben. Sehr verführerisch und mit dem gewissen Extra Mitternachtsfeeling ausgestattet, wie es sich aus dem Titel ergibt, erklingt "The Midnight Sun Will Never Set". "Contrasts" glänzt durch feine Soli von Gonsalves und Hamilton. Der alte Titel "Christopher Columbus" wurde umfassend restauriert und so erscheint er in neuem Glanz, mit stechend scharfen Bläsersätzen. Zum Schluss bringt man eine alte Folkweise zum Swingen: Das schottische "Auld Lang Syne" stellt einen feierlichen Abschluss dar.
Viele Stücke wurden ohne Piano eingespielt, der Duke hatte sich oft in den Kontrollraum zurückgezogen, dennoch fehlte seine führende Hand dann nicht. Soundtechnisch gab es in den Sechzigern auch einen mittlerweile anderen Standard als in den Dreißigern und Vierzigern, sodass die Musik offener, vielschichtiger und weniger direkt klingt, vielleicht aber auch ein wenig 'klinischer' im Verhältnis. Nichtsdestotrotz spürt man die Leidenschaft.
Kurzum: Auch wenn hier nicht die Sternstunden Ellington'schen Schaffens geboten werden, die elegant fließende und swingende Musik zeigt erneut, dass hier ein Meister des Arrangements am Werk war! Doch eine Frage stellt sich mir noch, wo ist der im Line-up aufgeführte Sänger Milt Grayson geblieben?
Line-up:
Duke Ellington (piano, talking, except #13,14)
Cat Anderson (trumpet)
Roy Burrowes (trumpet)
Cootie Williams (trumpet, except #7,14)
Ray Nance (cornet, trumpet, violin)
Lawrence Brown (trombone)
Chuck Connors (trombone)
Buster Cooper (trombone)
Paul Gonsalves (tenor saxophone)
Jimmy Hamilton (clarinet, tenor saxophone)
Russell Procope (alto saxophone, clarinet)
Johnny Hodges (alto saxophone)
Harry Carney (baritone saxophone, clarinet, bass clarinet)
Ernie Shepard (bass)
Sam Woodyard (drums)
Milt Grayson (vocal - #8,9,18-20,23)
Eddie Preston (trumpet - #1,15,21)
Billy Strayhorn (piano - #2-5,16,17,21, celeste - #3)
Bill Berry (trumpet - #7,14)
Tracklist
01:Tuxedo Junction [Erskine Hawkins, Bill Johnson, Buddy Feyne] (3:29)
02:Smoke Rings [Gene Gifford, Ned Washington] (2:53)
03:Artistry In Rhythm [Stan Kenton] (3:18)
04:The Waltz You Saved For Me [Gus Kahn, Wayne King] (2:28)
05:Woodchopper's Ball [Joey Bishop, Woody Herman] (3:16)
06:Sentimental Journey [Les Brown, Bud Green, Ben Homer] (2:30)
07:When It's Sleepy Time Down South [Clarence Muse, Leon René, Otis René] (3:16)
08:One O'Clock Jump [Count Basie] (7:20)
09:Goodbye [Gordon Jenkins] (3:04)
10:Sleep, Sleep, Sleep [Earl Lebieg] (2:46)
11:Rhapsody In Blue [George Gershwin] (4:48)
12:Don't Get Around Much Anymore [Ellington, Russell] (2:38)
13:Minnie The Moocher [Cab Calloway, Clarence Gaskill, Irving Mills] (2:47)
14:For Dancers Only [Sy Oliver, Don Raye, Vic Schoen] (3:04)
15:It's A Lonesome Old Town When You're Not Around [Charles Kisco, Harry Tobias] (2:21)
16:Cherokee [Ray Noble] (2:53)
17:The Midnight Sun Will Never Set [Dorcas Cochran, Quincy Jones, Henri Salvador] (3:06)
18:Let's Get Together [Chick Webb] 2:37)
19:I'm Getting Sentimental Over You [George Bassman, Ned Washington] (3:20)
20:Chant Of The Weed [Don Redman] (3:22)
21:Ciribiribin [Alberto Pestalozza] (3:29)
22:Contrasts [Jimmy Dorsey] (2:46)
23:Christopher Columbus [Chu Berry, Andy Razaf] (3:03)
24:Auld Lang Syne [Robert Burns, Traditional] (2:19)
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