Gott sei Dank haben sich die Eagles durch die Zufügung einer Nummerierung bei
ihrer 'Abschiedstour' genügend Spielraum gelassen, uns weiter mit ihrer phantastischen
Musik zu beglücken. Es ist zwar kaum denkbar, dass das Geleistete auf dieser seit kurzem käuflich zu erwerbenden DVD noch mal irgendwann zu toppen ist (wahrscheinlich nur noch mit einer völlig aus dem Rahmen fallenden Setlist), aber das hatte man nach "Hell Freezes Over" wohl auch nicht für möglich gehalten.
Fakt ist, die Mannen um Don Henley und Glenn Frey präsentieren sich selbst im hohen Musikalter stärker denn je und scheinen immer noch voller Ehrgeiz zu stecken, wie
auch das abschließende elf Minuten währende Interview (u. a. auch deutsche Untertitel) noch einmal unterstreicht. Ja, dieses an drei Tagen in Melbourne produzierte Dokument ist so mit das Beste, was bisher in meinem Player gelandet ist. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass man dieses Teil in den Musikunterricht (gibt es das Fach Musik eigentlich überhaupt noch?) der weiterführenden Schulen einbinden sollte, um so manch ehrgeizigem Jugendlichen in dieser Hinsicht den rechten Weg aufzuzeigen, und vor dem Gang in die sich immer breiter machende Schrägtönerie zu bewahren.
Wie dem auch sei, meine Wenigkeit ist froh, an diesem Event teilnehmen zu dürfen,
wenn auch nur im Wohnzimmer. Bildqualität (16:9) - und Tonformat (DTS 5.1 Surround und
L-PCM-Stereo) sind exzellent. Kommen wir zum Inhalt:
Nach ein paar Impressionen vor Konzertbeginn geht es dann im ausverkauftem Stadion
mit "The Long Run" (Don Vocals) in die Vollen. Zunächst auffällig, das ungewohnt elegante Auftreten der Herren. Alle in Anzügen, wobei Glenn Frey im pinkfarbenen Hemd unter grauem Zwirn modische Akzente zu setzen weiß. Nicht mehr im Line-Up dabei Gitarrist Don Felder, der allerdings durch den grandios aufspielenden Gastmusiker Steuart Smith mehr als nur ersetzt wurde, früher u. a. für Rodney Crowell tätig.
Die herrlich relaxte Ballade "New Kid In Town" (Glenn Vocals) lässt dann auch direkt die Paradedisziplin der Adler zum Vorschein treten, die bis in kleinste Detail ausgefeilten Harmoniegesänge, deren Vollendung nur von ganz wenigen Bands annähernd erreicht wurde. Im Interview wird auf diesen typischen Bestandteil ihrer Songs auch eingegangen. Im so getauften ‚Circle Of Fear' checken die vier Veteranen vor jedem Gig accapella-artig ihre Stimmbänder und lassen nicht locker, bis die richtige Balance gefunden wurde.
Wenn man bei "Wasted Time" Don Henley ganz in schwarz gekleidet nur von der Seite angestrahlt sieht, fühlt man sich auch von der Gestik her leicht an Joe Cocker erinnert.
"I Can't Tell You Why" gibt dann dem gewohnt zurückhaltenden Timothy B. Schmidt Gelegenheit, seine uns aus Poco-Zeiten bekannte dünne, feine Stimme zu präsentieren. Spaßvogel Joe Walsh steigt dann am Frontmikro mit "One Day At A Time" ein. Überhaupt glänzt die Band oftmals bei den neuen oder nicht so bekannteren Stücken und beweist, dass auch jenseits der Fünfzig nebst Country und Westcoast noch richtig gerockt werden kann. Walsh und Smith liefern sich klasse Duelle, spielen Twin-Leads und auch Glenn Frey an der Les Paul macht mächtig Rhythmus-Dampf. Die zwei starken Stücke "Walk Away" (ein rhythmischer Rocker, tolles E-Solo Joe) und "Sunset Grill" (moderner Song mit Synthies, Horn-Einlagen und Piano-Fills) beenden einen 19 Lieder umfassenden Set auf DVD 1, der mehr als beeindruckend ist. Zum Abschluss würdigt dann Glenn Frey verdientermaßen die wirklich hervorragenden Begleitmusiker, wobei neben dem bereits erwähnten Steuart Smith auch noch Al Garth als Mitglied der Horn-Section und auch an der Violine zu glänzen weiß.
Ja, die sonnen-bebrillte Horn-Section (allein schon der Anblick ist herrlich) ist auch eine der positiven Überraschungen des Werkes. Immer bei den dazu passenden Nummern präsent, aber nie aufdringlich. Auch ein Beweis dafür , dass die Eagles immer wieder an neuen Arrangements ihrer Klassiker feilen. Man hat jedenfalls den Eindruck, dass die Truppe wesentlich stärker auftrumpft, als das noch in den Siebziger Jahren der Fall war. Gerade Joe Walsh's Gitarrenspiel scheint immer besser zu werden. Eine weitere Auffälligkeit, dass mittlerweile drei Generationen von Zuschauern an ihrem Repertoire Gefallen gefunden zu haben scheinen, wobei der Seh- und (Hör-)Spaß des männlichen Betrachters der DVD, durch die häufigen Einblendungen recht nett anzusehender Mädels in vorderster Reihe noch zusätzlich aufgepeppt wird.
Der zweite DVD-Set startet dann mit dem großen Auftritt des kauzigen Spaßvogels. Joe,
mit einem mit einer Kamera bestücktem Sturzhelm auf dem Kopf, an der Front seine Späße treibend, dazu eine flatternde Stoffhose, die auf der Wühltheke eines jeden Billigmarktes Ihresgleichen suchen dürfte und Cowboystiefel. Ein Anblick zum Piepen. Übrigens hatten Henley und Frey im Verlauf des Konzerts dann doch wieder zu den obligatorischen Baumwollhemden zurückgefunden. Bis zur ersten Zugabe "Hotel California" legt das Quartett wie bereits erwähnt einen recht rockigen Zwischenspurt ein.
Der wohl bekannteste Hit startet mit einem grandiosen Trompeten-Intro, bis die ersten gesungenen Zeilen Don's "On a dark desert highway..." dann die Stimmung auf den Siedepunkt bringen. Fulminant die Vorstellung von Steuart Smith an der doppelhalsigen Gitarre und auch die Soli Walsh's im Schluss-Instrumentalteil. Frey hat dann mit "Take It Easy" noch sein Steckenpferd auf Lager und Henley schließt mit "Desperado" eine Show ab, die Maßstäbe setzen dürfte. Die Eagles tun es scheinbar gutem Wein nach, je älter desto besser. Man kann nur hoffen, dass die Farewell 2 Tour in einem etwas näher erreichbaren Umkreis stattfinden möge, aber andersherum lohnte es sich sicher auch, damit einen Urlaub zu verbinden.
Für mich persönlich ist diese DVD ein Highlight der Musikgeschichte. Absolut empfehlenswert auch für Nicht-Eagles-Fans. Eigentlich ein Pflichtkauf für jeden RockTimes-Leser!
Audio: DTS 5.1 Surround, PCM Stereo
Bildformat 16:9
Spielzeit: 175 min, Medium: DVD, Warner Music Group Germany, 2005
DVD 1:
1:The Long Run 2:New Kid In Town 3:Wasted Time 4:Peaceful Easy Feeling 5:I Can't Tell You Why 6:One Of These Nights 7:One Day At A Time 8:Lyin' Eyes 9:The Boys Of Summer 10:In The City 11:Already Gone 12:Tequila Sunrise 13:Love Will Keep Us Alive 14:No More Cloudy Days 15:Hole In The World 16:Take It To The Limit 17:You Belong To The City 18:Walk Away 19:Sunset Grill
DVD 2:
1:Life's Been Good 2:Dirty Laundry 3:Funk #49 4:Heartache Tonight 5:Life In The Fast Lane 6:Hotel California 7:Rocky Mountain Way 8:All She Wants To Do Is Dance 9:Take It Easy
10:Desperado 11. Interview
Daniel Daus, 13.07.2005
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