The Electric Saints / The Electric Saints
The Electric Saints
The Electric Saints, das sind die Hamburger Roland (v.), Marco (g.), Martin (b) und Levin (d) - angetreten, um mit Rhythm n`Blues-Rock den Schmalz aus den Gehörgängen zu pusten.
Rhythm n`Blues und Rock - zwei auf den ersten Blick inkompatibel erscheinende Stile; aber die Band sagt, dass sie bestrebt ist, "ausgehend von traditionellen Formen amerikanischer Roots-Musik wie Blues, Country und Soul ein zeitgemäßes Rockkonzept zu entwickeln."
Schon die Bandseite sorgt für gesteigertes Interesse, denn als musikalische Vorbilder nennen sie die Stones, Allman Brothers, Aerosmith, Free und Muddy Waters. Sie linken u.a. auf The Band und Gov't Mule, supporteten bereits Eric Sardinas, Jayhawks, Eric Burdon, North Mississippi Allstars, Yardbirds, Sweety Glitter und die Quireboys. Sieht man dann noch die LP-Cover der als Inspirationsquelle dienenden Künstler (Inselplatten nenne ich diese Auflistung), ist der Appetit so groß, dass die CD nun schnell in den Player muss.
Jetzt aber zum Eigentlichen, dem Album:
Schon beim ersten Hördurchgang kann man feststellen, dass die musikalischen Vorbilder der Band im Songmaterial verarbeitet wurden, so standen hier zum Beispiel ganz offensichtlich die Stones, Black Crows, Led Zeppelin oder auch Aerosmith Pate. Aber es handelt sich mitnichten um Cover, denn erstens stammen alle Songs aus der Feder von Marco Mauerer (und der hat ein Händchen für feine Melodien) und zweitens ist Roland Lerchl mit einer Stimme gesegnet, die den Originalen verdammt ähnlich kommt. Manchmal vibrieren seine Stimmbänder analog derer von Mick Jagger in jungen Jahren, dann wieder könnte man meinen, Chris Robinson persönlich hätte das Mikro übernommen: absolute Phasengleichheit der stimmlichen Frequenz.
Insgesamt ist die komplette Scheibe abwechslungsreich, es wird gebluest und gerockt, es gibt Balladen und es gibt etwas Mainstream.
Hänger sind keine zu verzeichnen, deshalb fällt es mir unheimlich schwer, einzelne Anspieltipps besonders hervorzuheben.
Fangen wir mal mit dem Opener "Cocaine Scarecrow" an: ein richtig nach vorn treibender Blues-Rocker, gewürzt mit feinen Gitarrensoli von Marco. Es wird frisch darauf losgerockt. Ich meine, stimmlich die Black Crowes rauszuhören. "Cocaine Scarecrow" macht schon mal Appetit auf mehr.
Bei "Ripped īn Torn" stehen ganz offensichtlich die Stones Pate. Hier ist es nicht nur die frappierend ähnliche Stimme: eingeleitet wird mit Keith Richards-ähnlichen Gitarrenlicks, selbst die Blues-Harp darf nicht fehlen. Man könnte meinen, die Rolling Stones sind soeben dem Jungbrunnen entstiegen.
"Say What You Want" ist ein richtiger Reißer, das Stück geht nicht nur voll ab - sondern frisst sich auch sofort in den Gehörgängen fest und lädt zum Mitwippen ein. Hier merkt man der Band die Spielfreude so richtig an.
Der Song ist für mich eines der Highlights auf der Scheibe. Live ist "Say What You Want" mit Sicherheit ein Knaller.
Eingebettet in ein Gewand aus Pianoklängen, untermalt mit akustischer Gitarre und einer Stimme, die wiederum dem jungen Mick Jagger nicht unähnlich klingt, sorgt die wunderschöne Ballade "Someday For Some Reason" für Gänsehautfeeling pur. Ich ertappe mich dabei, immer wieder die Repeat-Taste zu drücken.
Und immer wieder frappierend ist die absolut wandelbare, zu jedem Song harmonisch passende Stimme von Roland auf dem gesamten Silberling: mal fordernd, mal brutal, mal ruhig und dann wieder sanft....
Die gesamte Scheibe ist ein einziges Schmankerl, hier wirkt nichts verkrampft oder gar aufgesetzt, es wird locker und ohne Zwang darauf losgerockt.
Übrigens, lt. Bandinfo spielen The Electric Saints seit immerhin drei Jahren in der derzeitigen Besetzung und machen die Clubs in Hamburg und Umgebung unsicher. Ausserdem konnte die Band beim "Oxmox-Bandbattle" im Jahre 2002 einen achtbaren dritten Platz erreichten, was ihnen natürlich für zukünftige Erfolge den Weg bereitete.
Bei einem Interview mit dem Hamburger Stadtmagazin "Oxmox" meint Roland:
"Wir wollen die Band sein, die deutschen Rock'n'roll repräsentiert." Nun denn man tau.
Übrigens, das Coverbild ist ein richtig kleines künstlerisches Meisterwerk.
"Say What You Want" fragen die Elektrischen Heiligen. Nun ich sage es ihnen: mehr davon!
Wie uns Marco mitteilte, wird die CD mit einigen Änderungen im Frühjahr 2005 offiziell bei einem Hamburger Label erhältlich sein.
Spielzeit: 39:51, Medium: CD, Eigenvertrieb, 2004
1:Cocaine Scarecrow 2:Ripped `n Torn 3:Say What You Want 4:Someday For Some Reason 5:A Part Of That 6:Freakchild 7:Sweet Desire 8:The Way You Walk The Line 9:Tuxedo Society
Ilka Czernohorsky, 24.12.2004