Rocktimes: Hallo Frank, vielen Dank, dass du dir heute frei gehalten hast, um ein wenig mit mir zu plaudern.
Frank Bornemann: Kein Problem, mache ich doch sehr gerne. Ich habe auch genug Zeit, damit wir über alles ausführlich reden können.
Rocktimes: Ich habe für das Interview bewusst eine Pause nach der Tour gewählt, damit du dich erst einmal erholen kannst und das Erlebte in Ruhe Revue passieren lassen kannst.
Frank: Ich bin sehr zufrieden mit der Tour, wenn man mal davon absieht, dass ich in Köln nicht singen konnte. Das Publikum in den einzelnen Städten war so fantastisch, was ich auch nicht erwartet hatte. Wir hatten große Lust zu spielen und die Leute im Saal haben uns von Song zu Song immer mehr angetrieben. Wir sind davon so mitgerissen worden und haben uns dadurch noch mehr gesteigert.
Rocktimes: Ihr hattet ja bereits beim Burg Herzberg Festival als Headliner großartig abgeräumt und es war schon fast klar, dass euch die Fans mit offenen Armen empfangen werden.
Frank: Auf einem Festival muss man das immer etwas anders sehen. Zum einen kommen die Leute nicht nur wegen einer Band dort hin und zum anderen wurden in Herzberg Tickets auch nur für einen Tag ausgegeben. Somit konnte sich das Publikum im Vorfeld bereits entscheiden, wen sie sehen wollten. Dann kommt hinzu, dass wir auf dem Festival nicht das volle Programm gespielt haben. So etwas ist meistens aus Zeitgründen nicht machbar. Auf der Tour war es das Ziel, so viele Songs wie möglich in das Programm zu packen, um einen gesunden Querschnitt aus fast allen Alben von Eloy zu bieten. Natürlich gab es dabei auch Schwerpunkte aus den beliebteren Alben. Bei den meisten Fans ist das "Ocean" und danach kommt "Silent Cries And Mighty Echoes". Wir haben das Material sehr lange nicht gespielt und deshalb war es eine besondere Herausforderung, es annähernd so auf die Bühne zu bringen, wie es auf den Alben zu hören ist. Mein persönlicher Wunsch war es "The Bells Of Notre Dame" zu spielen. Ich habe mich bisher immer erfolgreich vor dem Gitarrensolo gedrückt, dennoch schlummerte der Wunsch, es live zu spielen, schon lange in mir und ich denke, dass wir es ganz gut hinbekommen haben. Auf der Platte ist dieses Stück sehr emotional und man kann es zwar nachspielen, aber in dem Moment muss auch dieses Gefühl in einem da sein, welches der Song vermitteln soll. Wenn das auf der Bühne nicht rüberkommt, dann ist alles vergeblich gewesen. Mit dieser Auswahl an Musik denke ich, haben wir die beste Mixtur getroffen, die wir bisher bei unseren Konzerten gespielt haben.
Rocktimes: Nach welchen Kriterien habt ihr die Songs für die Tour zusammengestellt?
Frank: Erst einmal müssen die Stücke selbst zueinander passen. Dann muss die Tonfolge stimmen. Wir bekommen auch sehr viel Post oder Mails, in denen sich die Fans Songs wünschen, die wir spielen sollen. Aus all dem wählen wir dann das Beste aus. Wir berücksichtigen schon viele Anregungen, die wir von außerhalb bekommen. Natürlich versuchen wir dabei, von jeder Platte etwas zu spielen, allerdings ist das aufgrund der Vielzahl der Alben und der Länge der Songs kaum möglich. Dieses Mal hatten wir das Glück, alles mit zwei Keyboardern zu spielen. Dadurch konnten wir Stücke ins Programm nehmen, die früher nie möglich gewesen wären. Damals hatte Hannes Arcona abwechselnd Gitarre und Keyboards gespielt, was natürlich bei einem Live-Konzert mit solch komplexer Musik nur schwer umzusetzen ist. Danach hat es auch Steve Mann gemacht. Für mich bedeutete das immer, dass ich sehr viel mehr Arbeit an der Gitarre hatte, und wenn man sich gleichzeitig noch auf das Singen konzentrieren muss, dann ist das eine enorme Belastung. Für den Keyboard spielenden Gitarristen ist das auch nur eine bedingte Lösung. Natürlich ist es etwas ganz anderes, wenn man Musiker in der Band hat, die sich voll auf ein Instrument konzentrieren. Dadurch werden viel mehr Möglichkeiten geschaffen. Bei dieser Tour genießen wir den Luxus, gleich mit zwei Keyboardern zu spielen, wobei Hannes Folberth für mich der beste Keyboarder ist, der je bei Eloy gespielt hat. So wie er spielt ja kaum jemand, an zwei Türmen links und rechts gleichzeitig. Da fällt mir als Vergleich höchstens Rick Wakeman ein. Bei so einer Besetzung fängt man an zu träumen und stellt sich Songs vor, die nur im Studio gespielt werden können, da man vier Hände braucht, um zum Beispiel im Hintergrund Streicher und im Vordergrund ein Solo zu spielen. Wenn ich dann vorne als Sänger so einen Druck von hinten bekomme und dazu noch die Chorstimmen der Backgroundsängerinnen, sowie links und rechts jeweils einen herausragenden Gitarristen und Bassisten, spiele und singe ich mich selbst in einen Rausch hinein. Nach den Konzerten denke ich dann jedes Mal, dass es die beste Besetzung ist, die Eloy je hatte. Das nächste Problem waren die weiblichen Stimmen. Tina, die bereits seit den neunziger Jahren zum festen Stamm der Band gehört, beherrscht ihre Parts aus dem FF. Anke hat Susanne ersetzt, die ganz aufgehört hat, zu singen. Aber was machen wir bei den Titeln "The Tide Returns Forever" und "Apocalypse"? Einmal ist es klassischer Gesang und einmal ist es Soul. Auf den Platten hat es Jocelyn B. Smith eingesungen, aber sie ist ja nicht ständig verfügbar. Auf der letzten Tour wollten wir Lisa Fischer mitnehmen, die für die Rolling Stones "Gimme Shelter" singt. Das ging leider nicht, da sie auf Amerika-Tour war. Wir haben dann eine Freundin von ihr mitgenommen, die auch schon bei Tina Turner und bei Bob Dylan gesungen hat. Sie kam zwar mit "Tide" klar, aber bei "Apocalypse" hat sie sofort gesagt, dass es ihr zu schwer ist. Sie hat es aber dennoch sehr passabel durchgezogen. Bei dieser Tour hatten wir also im Vorfeld echte Schwierigkeiten, diese Position zu besetzen. Wir haben dann einen Test mit mehreren Sängerinnen gemacht und unter ihnen war eine, die Alex, die Bodo Schopf vorgeschlagen hatte. Als wir sie dann gehört haben, wusste jeder, dass sie die Richtige ist. Dazu noch ihr Erscheinungsbild mit den pinkfarbenen Haaren in ihrem Engelsgewand, besser konnten wir es nicht treffen.
Rocktimes: Wie lange habt ihr geprobt, bis alles so war, wie ihr euch das vorgestellt habt?
Frank: Dieses Mal hat es etwas länger gedauert, weil wir ja mehr Leute auf der Bühne waren und wir Titel gespielt haben, die entweder noch nie oder sehr lange nicht mehr gespielt wurden. Die letzten vierzehn Tage vor dem ersten Konzert haben wir jeden Tag zehn Stunden geprobt. Da zum Glück alle sehr professionell sind, war das in der Zeit zu schaffen. Jeder hatte sein Lunchpaket dabei und wir sind nur ganz selten mal außer Haus gewesen, um gemeinsam etwas zu essen. Ich habe es auch völlig unterschätzt, wie anstrengend es ist, ein Programm zusammenzustellen und dann auch zu singen, das fast drei Stunden läuft. Während der Tour habe ich ausreichend dazugelernt, meine Stimme besser einzuteilen, damit ich für die drei noch ausstehenden Konzerte im Januar fit bin. Wir werden auch für diese drei Konzerte noch einen weiteren Song in das Programm aufnehmen. Bei solch einer Historie, die die Band hat, kann man nicht nur ein Neunzig-Minuten-Programm plus Zugaben bringen. Dabei würde ich mich den Fans gegenüber sehr schlecht fühlen. Die anderen in der Band haben meiner Meinung zugestimmt und somit spielen wir also volle drei Stunden. Ich finde, dass wir es unseren Fans einfach schuldig sind. Wir haben eine sehr große Community, was natürlich viele andere Bands auch haben. Aber ich denke vom Zusammenhalt und der Treue sowie dem gegenseitigen Austausch, haben wir die beste. Unsere Fans haben es verdient, dass wir uns dafür bedanken und das können wir eben nur mit Musik. Viele unserer Konzertbesucher sind mit uns gewachsen, und die, die neu dazu kommen, werden von den älteren mitgerissen. Ich sehe ja auch von der Bühne, welche Altersklassen im Saal sind und bin jedesmal stolz darüber, aus jeder Generation Fans zu sehen.
Rocktimes: Es ist bei mir nicht anders. Mit vierzehn habe ich euch das erste Mal auf LP gehört. Seitdem gefällt mir die Musik und ich bin bei jedem Konzert in Berlin dabei gewesen.
Frank: Etwa auch damals in der Hasenheide?
Rocktimes: Ja, dort habe ich euch zum ersten Mal live gesehen.
Frank: Dazu gibt es eine nette Geschichte. Als ich damals gehört habe, dass wir dort spielen, konnte ich es kaum glauben, wie das heißt. In der 'Hasenheide' sollten wir spielen. Was soll das denn sein? Gibt es denn dort nur Hasen? Meine Frau hat den Spitznamen 'Hasi' und sie hat gedacht, dass ich sie verschaukeln will. [Anm. d. Red.: Gemeint ist das jetzige Huxley's Neue Welt, welches neben einem Park liegt, der den Berliner Spitznamen Hasenheide trägt.] Ich habe sogar von dem Konzert ein Bootleg zu Hause. Das hat mir damals ein Fan geschickt, der das mit einem Kassettenrekorder aufgenommen hat. Es gab ja zu der Zeit nichts anderes. Ich bedauere es auch, dass es so wenig Filmmaterial über uns gibt. Auf diversen Internetplattformen kursieren ja verschiedene Trailer, aber ich würde mir schon wünschen, dass es von damals ganze Konzertmitschnitte gäbe.
Rocktimes: Führst du Aufzeichnungen über alle eure Konzerte?
Frank: Leider nein. Ich habe auch nicht alle Konzertplakate oder Eintrittskarten. Heute ärgere ich mich etwas darüber. Besonders die aus den Anfangsjahren bereiten mir inzwischen leichte Kopfschmerzen. Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern. Das ist besonders schlimm, wenn mich Fans darauf ansprechen. Natürlich gibt es viele Konzerte, die man nie im Leben vergisst, wie in London im Marquee Club. Wenn man bedenkt, wer dort schon alles gespielt hat und dann anschließend berühmt geworden ist oder als Berühmter dorthin zurückgekehrt ist, da bekomme ich schon eine Gänsehaut, wenn ich daran denke, dort selbst auf der Bühne gestanden zu haben. Wir haben zwei Abende gespielt und die Shows gehören auch zu den Besten, die die Band je gemacht hat. Wir sind ja noch im original Marquee in der Wardour Street aufgetreten. Als ich da in den Backstage gekommen bin, habe ich gedacht, ich traue meinen Augen nicht. Bis zur Decke hoch waren die Wandpaneele mit Autogrammen und Sprüchen der berühmtesten Leute vollgekritzelt und ich habe nur gedacht, hoffentlich finde ich hier noch ein paar Quadratzentimeter, um meinen Namen schreiben zu können. Es waren ja alle da die Rang und Namen hatten, wie die Stones, die Yardbirds, Queen, Jimi Hendrix, Eric Clapton, und, und, und. Damals kam dann noch Fish, der Sänger von Marillion mit seinem Gitarristen in unsere Garderobe. Er stand auf unsere Musik und wollte uns einfach einmal live sehen. Aus dem Gespräch heraus haben wir beschlossen, dass wir mal zusammen auf Tour gehen wollten. Aber da ist nie etwas draus geworden, da deren Plattenfirma uns als Konkurrenz angesehen hatte und dachte, dass wir ihnen vielleicht die Show stehlen könnten. Dann fällt mir noch Straßburg ein. Dort waren wir in einem Saal, der anscheinend für Theateraufführungen genutzt wird. Der Sound darin war einfach bombastisch - ebenfalls ein Konzert, das ich niemals vergessen werden. Das war während der "Time To Turn" Tour. An unser allererstes Konzert in Berlin kann ich mich auch noch erinnern. Da haben wir in einem ganz kleinen Laden mit einer sehr besonderen Atmosphäre gespielt. Ganz niedrige Decke, unten im Keller und die haben da drin auch Filme und alles Mögliche gezeigt. Ich glaube der Laden hieß Sounds oder Sound. [Anm. d. Red.: Das 'Sound' in Berlin war in den Siebzigern die größte und modernste Diskothek Europas und ist durch den Film "Christiane F.: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" bekannt geworden.] Wir hatten zu der Zeit erst zwei Alben auf dem Markt und dementsprechend wenig Repertoire, sodass wir noch einige Fremdsongs spielen mussten. Als wir uns von Hannover auf den Weg nach Berlin gemacht haben, mussten wir ja noch die Grenze der DDR passieren. Das war für uns in unserem kleinen Bully das reinste Abenteuer. An der Kontrollstelle dachten wir, dass sie uns auseinandernehmen und Drogen suchen würden. Wir haben zu der Zeit wie Hippies ausgesehen und da war es naheliegend, dass sie diesen Verdacht hegen könnten. Sie haben uns aber anstandslos passieren lassen. Dennoch war es für uns ein merkwürdiges Gefühl durch diesen Teil Deutschlands zu fahren.
Rocktimes: Wie bist du damals zur Musik und zum Singen gekommen?
Frank: Du wirst es nicht glauben, aber in jungen Jahren habe ich viel geboxt. Ich bin von Hause aus kein aggressiver Mensch, deshalb hatte mir das keiner zugetraut. Ich habe das gemacht, um fit zu sein. Ich halte mich bis heute damit in Form. Dann kam irgendwann das Interesse an der Musik und das war eben stärker als das Boxen. Ich hätte ebenso Profiboxer werden können, aber Musik hat mir viel mehr bedeutet. In der Schule habe ich einige Leute kennengelernt, die die gleichen Interessen hatten und so haben wir begonnen, Musik zu spielen. Ich wollte dabei immer nur Gitarrist sein und hatte wenig Ambitionen zu singen. Damals habe ich mich in meiner Coverband an Beatles-Texten versucht, bin aber mit meinen Sangeskünsten und meiner Stimme nie zufrieden gewesen. Auf den ersten beiden Eloy-LPs hatte noch Erich Schriever gesungen und Piano gespielt. Er hatte leider die schlechte Angewohnheit, bei den Auftritten immer sehr politisch zu werden. Hat über Kernkraftwerke und Kindesmisshandlungen philosophiert und eigentlich mehr geredet, als dass wir gespielt haben. Eines Tages ist er sang- und klanglos bei Eloy ausgestiegen und wir hatten über Nacht ein großes Problem. Also haben sie mich gebeten zu singen, dabei wollte ich das eigentlich nicht. Ich habe mich dann abgemüht, die Texte auswendig zu lernen und einigermaßen gut auf der Bühne dazustehen. Nach den Konzerten haben mir dann die Zuschauer gesagt, dass ich besser singen könnte als Erich und so hat es sich ergeben, dass ich am Mikrofon geblieben bin. Ich habe natürlich ständig versucht, mich zu verbessern und einen eigenen Stil zu finden. Damals habe ich viel von Jethro Tull gehört, denn nicht nur die Musik, sondern auch die Stimme von Ian Anderson hat mich sehr beeindruckt. Meine Freunde haben da Parallelen festgestellt. Nun wollte ich aber Anderson nicht imitieren und habe nach langem Proben endlich meinen Stil gefunden. Das war etwa zum "Power And The Passion"-Album. Anscheinend bin ich seitdem damit recht gut gefahren.
Rocktimes: Wenn man bedenkt, wie lange das zurückliegt, ist es sehr erfreulich, dass du dich so gut an viele Details erinnern kannst. Als ihr damals begonnen habt, gab es in Hannover unter anderem auch noch die Scorpions, die später weltweit sehr erfolgreich geworden sind. Warst du am Anfang etwas neidisch auf sie? Wie habt ihr nebeneinander harmoniert?
Frank: Wir haben etwas früher angefangen als die Scorpions und haben bis heute ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Unser damaliger Drummer Jürgen Rosenthal hat ja auch eine Zeitlang bei ihnen gespielt und ich habe das Album "Taken By Force" produziert. Ihr großer Durchbruch kam ja erst mit "Lovedrive". Erst dann sind sie in Übersee nach oben gekommen. Da hatten wir uns bereits lange etabliert. Neid hat es nie gegeben. Wir haben uns gut ergänzt und haben eine Menge zusammen erlebt, sind gemeinsam um die Häuser gezogen und haben uns gegenseitig zu Hause besucht. Zu guter Letzt haben wir uns auch die Hallen bei Konzerten geteilt. Ich treffe mich immer noch oft mit Rudolf Schenker, um mit ihm zu plaudern und über alte Zeiten zu sinnieren. Dass sie jetzt langsam aufhören wollen, trifft mich doch sehr und erinnert mich ständig daran, wie alt ich inzwischen selbst schon bin.
Rocktimes: Wir machen mal eine großen Zeitsprung. Vor einigen Jahren hast du angedeutet, dass du keine Alben mehr veröffentlichen möchtest und auch nicht mehr auf Tour gehen willst. Nun hast du mit Visionary und The Legacy Box erneut zwei hervorragende Meilensteine gesetzt. Wie kam nach deiner Aussage von damals dieser Sinneswandel?
Frank: Nach der The Tides Return Forever-Tour, die absolut fantastisch lief, habe ich mir gesagt, besser kann man nicht aufhören. Danach kamen viele Menschen auf mich zu und haben versucht, auf mich einzuwirken. Den stärksten Einfluss dabei hatte der Manager der Fantastischen Vier und Fury In The Slaughterhouse, Bär Laesker. Der hat mich stimuliert und so lange bearbeitet, bis wir eine neue Platte geplant haben. Das war dann "Ocean 2" und ich dachte mir, das ist das Schwierigste, was ich mir vorstellen kann. Die Bedingung daran war aber, dass wir es nicht aus einer so düsteren Sicht machen wollen, wie sie damals Jürgen Rosenthal vermittelt hat, sondern es sollte so sein, wie ich die Dinge sehe. Natürlich musste "Ocean 2" auch so eine Tiefe haben und es sollten noch esoterische Züge mit eingebracht werden, da ich mich selbst sehr viel mit dieser Materie beschäftige. Zum Glück ist die Platte extrem gut gelungen und wurde sogar in dem Jahr zur Prog Rock-Platte des Jahres - vor Pink Floyd - in den USA gewählt. Ich konnte das damals überhaupt nicht begreifen, dass wir dort drüben höher angesehen waren als diese Überband. Im Anschluss daran habe ich wirklich gedacht, dass es jetzt besser wäre, aufzuhören. Ich habe mich danach erst einmal um mein Jeanne d'Arc-Projekt gekümmert. Zu dieser Zeit hatte ich gerade damit begonnen, mich mit Computern zu beschäftigen und war stolz, dass ich eine Email schreiben konnte. Viele jüngere Bands, die in unser Studio kamen, haben mir dann im Internet gezeigt, was es dort alles über Eloy zu sehen gab. Ich wusste überhaupt nicht, dass es bereits sechs Coverbands gab und was alles über uns an heimlich gedrehtem Filmmaterial im Netz kursierte. Ich habe dadurch auch einen viel besseren und intensiveren Zugang zu unseren Fans bekommen und wurde natürlich ständig gebeten, wieder eine Tour zu machen. Wir haben dann auch ein paar Gigs gespielt, mit denen ich aber nicht so zufrieden war. Dann gab es erst einmal eine lange Pause. In dieser Zeit habe ich immer wieder Post von den Fans aus aller Welt erhalten und gemerkt, dass nach der ganzen Zeit immer noch ein so großes Interesse da ist, dass ich es den Fans schuldig bin, etwas für sie zu tun. Daraus ist dann "Visionary" entstanden und der Hype wurde noch größer. Wir wurden wieder gebeten live zu spielen, haben Angebote von Festivals bekommen, sollten in Amerika spielen. Eigentlich wusste ich überhaupt nicht, wo mir der Kopf stand. Wir waren plötzlich wieder überall Headliner und die Angebote für Konzerte rissen nicht mehr ab. Zwischendurch haben wir dann noch "The Legacy Box" veröffentlicht, sozusagen als Dankeschön für die treuen Fans, was wiederum nach sich zog, dass die Anfragen nach einer Tour erneut stärker wurden. Somit haben wir dann beschlossen, in diesem Jahr noch einmal ein richtig großes Ding mit den Konzerten abzuziehen, bis dann der Unfall passierte und alles verschoben werden musste.
Rocktimes: Zum Glück geht es dir inzwischen wieder gut und ihr habt, bis auf den stimmlichen Ausfall, alles gut geschafft. Nach dem Konzert in Berlin hat mir Michael Gerlach heimlich ins Ohr geflüstert, dass ihr vielleicht noch einmal ein Album machen werdet.
Frank: Du weißt ja mal wieder mehr als andere. Bis es aber soweit ist, habe ich vor das Jeanne d'Arc-Projekt voranzutreiben und mich ausschließlich darum zu kümmern. Das soll eine Rockoper werden, bei der bekannte Musiker mitspielen und mit der wir dann auf Tournee gehen wollen. Das wird mit Sicherheit die nächsten drei Jahre in Anspruch nehmen. Allerdings bekommt das Ganze einen anderen Arbeitstitel als Jeanne d'Arc oder Johanna von Orleans. Unter diesem Namen hat es schon so viele Aufführungen gegeben, dass es den interessierten Besucher nur abschrecken könnte. Ich habe die Vision, es "Das Schwert und das Feuer" zu nennen. Das wird eine Drei-Kapitel-Rockoper werden, mit viel Musik und auch einer Bühnenhandlung mit richtigen Schauspielern. Wenn das alles unter Dach und Fach ist und die Premiere in der Kathedrale beim Jeanne d'Arc-Festival gut gelaufen ist, dann werde ich mich mit einem letzten Eloy-Album befassen. Das soll das ultimative Album werden, in das alles hineingepackt wird, was die Band über all die Jahre an Erfahrung gesammelt und an Entwicklung durchgemacht hat - eben das perfekte Album zum krönenden Abschluss. Ob es danach allerdings noch mal eine Tour geben wird, das steht wirklich in den Sternen. Machen möchte ich es eigentlich nicht mehr, da es mit sehr viel Arbeit und Zeit verbunden ist und wir werden leider alle nicht jünger. Einzige Bedingung für mich wäre, dass es in der gleichen Besetzung geschieht, in der wir jetzt spielen. Etwas anderes kommt für mich nicht in Frage.
Rocktimes: Du produzierst in deinem Studio sehr erfolgreich junge Bands. Wissen die meisten, mit wem sie es hier zu tun haben und nehmen sie deine Ratschläge an?
Frank: Ja, die meisten wissen, wer ich bin und was ich alles gemacht habe und nehmen meinen Rat dankbar an. Ich versuche aber nicht, die Musiker zu beeinflussen oder in irgendeine Richtung zu drängen. Sie sollen alle ihren eigenen Weg gehen und ihre Erfahrungen machen. Ich halte nichts davon, einer Band etwas überzustülpen. Lieber versuche ich herauszufinden, was ihre Stärken und Schwächen sind, um dann mit ihnen gemeinsam daran zu arbeiten. Im Moment habe ich nur zu wenig Zeit, mich um Produktionen zu kümmern. Wir sind hier im Horus Studio ein gutes Team, in dem alle kompetent genug sind, um Produktionen auszuführen. Die einzige Band, um die ich mich momentan noch kümmere, das ist die Progressive-Band Eclipsed Solaire. Ich selbst leite das Studio auch nicht mehr, sondern bin nur noch als Berater tätig. Dadurch, dass wir eine der besten technischen Ausstattungen haben, sind wir in der Lage, extrem hochwertige Produktionen abzuliefern. Für junge Bands, die nur ein geringes Budget haben, bedeutet das, dass sie für relativ wenig Geld ein hochwertiges Studio mieten können, bestens betreut und beraten werden und am Ende das im Laden landet, was sich die Musiker vorgestellt haben. Wir haben uns dabei von Anfang an auf Rock und Prog spezialisiert. Sachen wie Hip-Hop oder alles andere in dieser Richtung möchten wir hier nicht unbedingt machen, da uns darin einfach die Erfahrung fehlt.
Rocktimes: Ganz zum Anfang hast du beiläufig erwähnt, dass auf dieser Couch bereits die Rolling Stones gesessen haben. Wie ist es denn dazu gekommen?
Frank: Das hatte sich ergeben, als die Stones vor einigen Jahren in Hannover gespielt haben. Mick Jagger ging es an dem Tag nicht so gut und er konnte nicht richtig singen. Er hatte wohl eine Entzündung an den Stimmbändern. Irgendwie konnte sich das Management daran erinnern, dass es hier dieses Studio gibt und wir in Hannover zu Hause sind. Der Manager kannte mich und wusste, dass ich schon einmal ähnlich Probleme hatte und mein Arzt mir auch sehr spontan helfen konnte. Also ist die Truppe bei uns eingeflogen und Mick hat sich hier im Studio behandeln lassen. Natürlich hat das einer gesehen als der ganze Fuhrpark vor der Einfahrt gehalten hat und die Band hier drin verschwunden ist. Wie ein Lauffeuer hat sich das in Hannover verbreitet und im Nu waren hunderte von Fans vor dem Gebäude. Das war sogar so schlimm, dass wir das Tor verriegeln mussten und Panik bekommen haben. Dazu kam noch der Gedanke, die Band wieder hier raus zu bekommen, ohne das es Tumulte gab. Zum Glück hat aber alles gut geklappt und Mick konnte an diesem Abend auftreten. Die ganze Aktion war so hektisch, dass ich das Gefühl hatte, in einem Film zu spielen. Irgendwie, als wenn man aus einem intensiven Traum aufwacht und erst einmal überlegen muss, was überhaupt passiert ist und ob das die Realität war. Seit mir vor einigen Wochen in Köln die Stimme versagt hat, kann ich dieses Erlebnis von damals viel besser nachvollziehen. Das ist ein ziemlich bescheidenes Gefühl, wenn man den Fans im Saal gegenübersteht und nicht reden, geschweige denn singen kann. Einen unangenehmeren Moment gibt es kaum im Leben. Es tut mir immer noch furchtbar leid, dass wir das Konzert in Köln absagen mussten. Deshalb legen wir im Januar das Wiederholungskonzert nach und spielen zudem noch in zwei weiteren Städten. Bis dahin habe ich mich gewiss gut erholt und hoffe, dass ich den Fans noch einige Zeit erhalten bleibe.
Rocktimes: Das lässt ja doch noch viele Vermutungen und Hoffnungen offen und ist ein schöner Schlusssatz eines sehr schönen und informativen Gespräches. Vielen Dank dafür und alles Gute für deine Gesundheit und für die weiteren Projekte.
Frank: Von mir auch vielen Dank an dich und viele Grüße, sowie herzlichen Dank an alle unsere treuen Fans.
Externe Links:
|