Dieses Album wird von vielen Fans als ELPs Meisterwerk angesehen. Die Kompositionen sind auch alle durchaus gelungen, aber irgendwie fehlt dem Album die Seele, wie sie bei "Tarkus" und noch stärker bei "Trilogy" vorhanden ist.
Der erste Track ist eine bombastische Bearbeitung des ohnehin schon pompösen englischen Klassikstücks "Jerusalem", bei welchem vor allem die starke Hammondorgel auffällt. Lake singt hier sehr schön und eindringlich. Weiter geht es mit dem absoluten ELP-Insider-Stück "Toccata", einer Bearbeitung von Alberto Ginasteras viertem Satz seines ersten Klavierkonzertes. Wer jetzt ein Klavierstück erwartet, liegt gänzlich falsch. Emerson wurde 1973 von Robert Moog mit dem Prototyp des Polymoogs ausgestattet, welcher ihm besonders bei diesem Stück erlaubte, alle möglichen Synth-Sounds zu spielen. So wird die Nummer zu einem wahren Moog-Overkill, verstärkt durch Palmers energisches Schlagzeugspiel.
Auch er setzt hier einen der ersten Drumsynthesizer ein, mit denen er Pauken imitiert, und das ziemlich originalgetreu.
"Still... You Turn Me On" ist eine schnelle Lake-Ballade, welche Kultstatus erreicht hat. Schön anzuhören ist sie durchaus. Mit "Benny The Bouncer" gibt es ein Honky Tonk-Stück im Stil von "The Sheriff", was allerdings ein wenig unpassend wirkt.
Nun kommt das, was die Platte berühmt gemacht hat: Der in Parts aufgeteilte, 30-minütige Longtrack "Karn Evil 9". Seine drei 'Impressionen' sollen die Geschichte einer Welt darstellen, in der Computer die Menschen beherrschen und ihre Menschlichkeit als Karneval zeigen, daher der Titel. Die 13-minütige erste Impression ist meiner Meinung nach die beste. War sie auf der LP noch in einen acht Minuten langen ersten Teil und einen vierminütigen zweiten - sehr bekannt gewordenen - Teil aufgespalten, so kommt sie auf der CD als ganzes Stück daher. Hier werden wieder alle ELP-Register gezogen: Hammond, Moog, Schlagzeug, guter Gesang - es stimmt alles.
»Welcome back, my friends, to the show that never ends...«, wie es so schön im zweiten Teil heißt. Dieser Teil sollte zum klassischen ELP-Opener werden. Nach der schnellen ersten Impression folgt die zweite als jazziges Instrumental. Dort ist das Moogsolo hervorzuheben, in welchem Keith Steel-Drums imitiert. Ansonsten erinnert das Stück an "The Fugue" von "Trilogy".
Die dritte Impression bringt wieder den vollen Bandsound zurück. Besonders interessant ist hier Emersons Moog-verzerrter Sprechgesang, womit er den Computer darstellen will. Der Mittelteil des Stücks besteht aus einem klassischen Emerson-Uptempo-Solo, was er dramatisch aufbaut, um in den langsameren Schluss überzugehen. Greg singt hier sehr kraftvoll, um sich mit Keith als Sänger im Kampf Mensch gegen Maschine zu duellieren. Das Stück endet mit einer Moog-Arpeggio-Sequenz, die immer schneller wird und dann abrupt endet.
Kurios ist, dass das Titelstück als separate Single erschienen ist. Es ist eine mittelmäßige, eher simple Rocknummer und hätte nicht zu den anderen Stücken gepasst.
Alles in allem scheint dieses Album wirklich ohne Schwäche zu sein, jedoch halte ich es für überproduziert bzw. zu perfekt, da die großen Momente auf der Strecke bleiben. Man ist zwar von der Musik beeindruckt, aber Gänsehaut-Feeling kommt kaum auf. Dennoch ist es ein sehr gelungenes Werk.
Tracklist |
01:Jerusalem (2:44)
02:Toccata (7:22)
03:Still... You Turn Me On (2:53)
04:Benny The Bouncer (2:21)
Karn Evil 9 (29:38)
05:1st Impression
06:2nd Impression
07:3rd Impression
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