Spielzeit: 69:02 (CD1), 75:33 (CD2), 35:52 (CD3) Medium: 3-CD Label: Virgin, 2009 Stil: Ambient, Pop, Electronic Review vom 28.01.2010 Alexander Mathias

Man schrieb das Jahr 1990 des Herren, als ein Longplayer, der diese Jahreszahl in römischer Schreibweise im Titel trug, das Licht der Welt erblickte: "MCMXC a.D.", der Erstling eines deutschen Musikprojekts namens Enigma.
Groß war anfangs das Rätselraten, wessen Werk - diese extrem eingängige Mischung aus Ambient, Pop, Electronic und Klassik - da rasant die Charts stürmte und in den Diskotheken die Dauerrotation auf den Plattentellern gebucht hatte.
Mindestens ebenso groß war das Entsetzen der katholischen Kirche, die sich auf "MCMXC a.D." ausgiebig mit ihrem 'Lieblingsthema' konfrontiert sah: Sex!
Während gregorianische Chöre ihre lateinischen Andachten zum Besten geben, vernimmt man dazu immer wieder im Hintergrund das lustvolle bis orgasmische Stöhnen einer Frau.
Auch die sonstigen französischen und englischen Texte auf "MCMXC a.D." drehen sich überwiegend um die sinnliche und ekstatische Hingebung, zelebrieren, garniert mit Sphärenklängen und rhythmischen Electronic-Beats, die akustisch erotisierte Fleischeslust.

Bald wurde das Geheimnis um Enigma gelüftet. Niemand geringeres, als der aus Rumänien stammende Musiker und Musikproduzent Michael Cretu hatte hier den Grundstein für seine Popularität gelegt, die seit nunmehr zwanzig Jahren andauert.
Cretu studierte in Bukarest und Frankfurt Musik, 1975 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft.
Im Laufe der Jahre arbeitete er mit verschiedensten Musikern und Bands zusammen, produzierte, komponierte und verhalf ihnen zu entsprechendem Erfolg im Musik-Business. Darunter befand sich auch die gebürtige Saarbrückerin Sandra Ann Lauer, die knapp sechs Jahre lang bei dem Mädchen-Trio Arabesque mitsang.
Sandra und Cretu lernten sich im Studio kennen und lieben. Dann hatte Cretu genau den richtigen Riecher und produzierte Sandra mit dem weltweit erfolgreichen Song "Maria Magdalena", der einiges an Geld in die Kasse spülte.
Und genau Sandra war es auch, die bei Enigma für die weiblichen Stimm- und Stöhnparts zuständig war, bis Cretu und sie 2007 nach über 20 Jahren sowohl die Ehe, als auch die Zusammenarbeit aufkündigten.

Das Erfolgskonzept von Enigma ging über die ganzen Jahre auf. Sieben Studio-CDs, Remix-Alben, Compilations und DVDs, über 50 Millionen verkaufte Tonträger, 100 Gold- und Platinauszeichnungen und 50 Nummer Eins-Platzierungen in den internationalen Charts machte Enigma zum bisher erfolgreichsten Musikprojekt aus deutschen Landen.

Mit "The Platinum Collection" ist jetzt ein dreiteiliges CD-Set auf den Markt gekommen, das auf dem ersten Silberling die größten Hits versammelt. Die zweite Scheibe bietet eine durchaus gelungene Remix-Sammlung, während die dritte CD elf bisher unveröffentlichte Tracks, bzw. Fragmente beinhaltet, die einen schönen Einblick in Michael Cretus Ideenwelt geben. Nicht jede dieser Instrumental-Skizzen hat dabei das Zeug zum nächsten Chartbuster, aber mit ein bisschen Fantasie lässt sich abschätzen, dass immer noch Potential für neue Enigma-Veröffentlichungen vorhanden ist, ohne dabei gähnende Langeweile zu erzeugen.

Für gegenwärtige und zukünftige Enigma-Fans bietet "The Platinum Collection" ein ansprechendes Päckchen, das immer wieder den Weg in den Player findet und eine schöne Werkschau darstellt. Erfreulich ist dabei auch die knapp dreistündige Gesamtspielzeit.

Zum kommerziellen Erfolg von Enigma kann man stehen wie man will. Sicherlich bedient Cretu mit seinen Kompositionen die breite Masse, schwimmt im Mainstream der Unterhaltungsmusik und beherrscht die Kunst, nicht nur die Herzen der Menschen, sondern auch deren Geldbeutel zu öffnen.
Dennoch beinhaltet seine Musik eine Magie, der man sich nicht ohne weiteres entziehen kann. Cretu hat mit Enigma zeitlose Klänge erschaffen, die Freude beim Hören bereiten. Musik muss nicht immer für den Kopf sein, sie darf auch bis mindestens in den Bauch absinken.
Darauf ein lustvolles Stöhnen und ein paar Euro in den Opferstock.