Es ist mittlerweile schon eine kleine Tradition geworden, dass meine Frau und ich, uns auf
diesem einzigartigen Festival in Sachen Americana, Roots Rock , Bluegrass und
Country mit 'Bärchen Records'- (der Mailorder, für den ich seit fast zwei Jahren mit viel Freude parallel zu RockTimes reviewtechnisch tätig bin) Inhaber Jürgen Thomä und seiner Gattin Gaby treffen.
Obwohl nicht akkreditiert (ich hatte allerdings auch nicht angefragt, dieses Event möchte ich eigentlich auch immer entspannt als Privatperson genießen), hatte ich mir diesmal vorgenommen, doch einen bebilderten Bericht abzuliefern.
Nach dem letztjährigen nicht ganz so starken Festival, standen die Vorzeichen diesmal nicht
besonders gut. Meine Frau musste wegen Rückenproblemen passen, und so fiel schon mal die
etatmäßige Fotografin flach. Des weiteren stellte sich direkt beim Opener heraus, dass mit den Akkus des Apparates nicht alles zum Besten zu sein schien, von daher bitte ich die nicht immer beste Qualität zu entschuldigen.
Dieses Ereignis findet jedes Jahr im 'Musikzentrum Vredenburg', praktisch inmitten der malerischen Innenstadt Utrechts, statt. Gespielt wird jeweils zeitversetzt in einem großen Theatersaal und einem etwas kleineren. Wenn man Lust und die Energie besitzt, hat man also die Möglichkeit, alle (15 diesmal) teilnehmenden Interpreten mitzunehmen. Jede Band spielt ca. eine Stunde. Die Umbaupausen belaufen sich dank straffer Organisation des Zeitplans auf erträgliche 10-15 Minuten. Beide Locations sind angenehm klimatisiert und es herrscht innen Rauchverbot. Die Akustik ist meist vom Allerfeinsten. Es herrscht eine super angenehme, lockere Atmosphäre, die sich wie ein roter Faden durch die von mir erlebten, bisherigen Veranstaltungen zieht..
Der Eintrittspreis von 40 Euros ist angesichts der Vielzahl, von in unseren Sphären fast
nie zu erhaschenden, starken amerikanischen Musikern, sehr moderat gehalten.
Das Festival ist immer, wen wundert es, gut besucht, aber mit einer guten Planung findet man normalerweise meistens ein recht akzeptables Plätzchen.
Anders als beim letzten Mal, hatte ich schon frühzeitig beschlossen, mich nicht an meinen guten Sitzplatz im großen Saal zu klammern, und rechtzeitig auch die Events im kleineren
anzusteuern, was sich im Nachhinein als goldrichtige Entscheidung herausstellte.
Das Roots Rocker-Trio Scott Miller & The Commonwealth (guter Drummer Shawn McWilliams) eröffneten im Hauptsaal und präsentierten schwerpunktmäßig ihr starkes neues Album "Citation". Etwas blasser, aber keineswegs schwach, bot dann
Dar Williams mit ihrer Truppe ihren mit Folk durchzogenen Roots Pop. Kurz vor Ende ihrs Programms ergriff ich die Gunst der Stunde und begab mich in die Enge des kleinen Saals, wo dann nach kurzer Zeit der Texaner Hayes Carll, mit seiner Klasse-Mannschaft ( Lance Smith - Gitarre, Brad Fordham - Bass und Lisa Pankratz - Drums), seinen humorvollen, texanischen Roots Country - Rock im Stile von Wade Bowen, Randy Rogers, Cross Canadian Ragweed etc. servierte. Einfach herrlich diese rauen, staubigen und doch so melodischen Songs. Den Namen sollte man sich merken.
Direkt hinterher brachten Grayson Capps und seine Mannen, mit bluesig Louisiana-getränktem (viel Slidearbeit) Rock, das kleine Rechteck zum Kochen. Die stürmisch eingeforderte Zugabe "Poison", ließ dann alle Dämme brechen und den Saal zu einer
fröhlich beschwingten Gesangsparty aller Anwesenden mutieren. Klasse!
Die lustig-freche Nashville-Country-Ikone Joy Lynn White war bereits vor zwei Jahren mit an Bord, diesmal wurde sie von Hayes Carlls Musikern begleitet. Hier blühte der starke Gitarrist Lance Smith noch mal richtig auf. Ebenfalls mit ein Highlight.
Danach dann der Schwenk zurück ins große Auditorium. Ein paar Noten einer Legende wie Guy Clark möchte man dann doch mitnehmen, auch wenn sein monotones Storytelling eher nicht mein Fall ist
Zumindest bot es Gelegenheit sich wieder einen guten Platz für Caitlin Cary und Thad Cockrell zu sichern. Cary nahm jetzt zum dritten Mal hintereinander teil. 2004 solo, 2005 mit Tres Chichas, jetzt mit dem Singer/Songwriter. Beide hatten ja schon ein Album zusammen eingespielt. Toll ihre wunderbar aufeinander abgestimmten Harmoniegesänge. Anschließend gab es noch ein paar Takte der recht laut agierenden Slobberbone-Nachfolger The Drams. Es galt sich wiederum eine gute Ausgangsposition im kleinen Saal für Tifft Merrit zu sichern. So nahmen wir noch die letzten Noten von Stillhouse mit, von denen auch zwei Musiker ( Zeke Hutchins, Drums - Jay Brown, Bass) dann bei Merritt involviert waren.
Der kleine, hübsche Irrwisch aus North Carolina (Inhaberin eines Major-Deals) ließ anschließend trotz leichter soundtechnischer Probleme am Anfang (das Brummen des Bass-Box war nicht abzustellen), die allerdings mit sympathischem Witz locker übertüncht wurden, so richtig Dampf ab (stark auch ihr Keyboarder Dan Eisenberg und Gitarrist James Waldborn) und begeisterte sämtliche, bis zum Schluss durchhaltenden Zuschauer. Keiner verließ vor der letzten Note der Zugabe gegen 1.45 Uhr die enge und mittlerweile schweißtreibende Location. Merritt wäre sicher etwas früher und im Hauptsaal besser platziert gewesen.
Wer ist eigentlich Sheryl Crow, es lebe Tift Merritt! Ganz hervorragend.
Fazit: 'Das Blue Highways' 2006 hat sich wieder mal voll gelohnt. Es ist schon unglaublich,
wie viele Hochkaräter der nicht enden wollende Fundus amerikanischer Musiker immer wieder hervorbringt. Man fragt sich nur, warum man in unserem Lande nicht was ähnlich Gleichwertiges wie bei unseren Nachbarn zustande bringen kann. Fest steht: Auch 2007 ist dieses mittlerweile traditionelle Event wieder dick im Terminkalender eingetragen.
Höchst empfehlenswert für jeden Musikliebhaber!
Nicht im Bericht erwähnt: Marah, The Be Good Tanya's, The McKay Brothers, Adam Carroll with Scrappy Jud Newcomb, Jeffrey Foucault
Bilder vom Konzert
Grayson Capps
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