Wenn er Geburtstag hat, verbringt der Otto Normalbürger diesen normalerweise mit den lieben Familienmitgliedern, am Abend kommen vielleicht noch ein paar Freunde und es wird eine gesellige Runde bei Speis und Trank eröffnet. Hat man jedoch einen mittelgroßen, metallischen Riss in der Schüssel, kann es auch passieren, dass - wenn dieser Ehrentag auch noch auf einen Samstag fällt - einfach die Feier zum 23. mit vier Mitreisenden in die benachbarten Niederlande verlegt wird. Dort konnte man an besagtem Datum nämlich einem Tourstop der "Bulldozing Europe"-Reise mit Bulldozing Bastard, Burstin' Out und Hellhunt beiwohnen. Zur Krönung wurde dieser auch noch von meinem liebsten Holland-Kumpel und Schreiberkollegen Spandex Marco veranstaltet.
Um 11 Uhr am Vormittag setzten sich die Räder ab der Homebase Mainz-Finthen in Bewegung. Kleine Abholrunde in den Stadtteilen Bretzenheim ( Giovanni), Neustadt ( Mona und Kevin) und Mombach ( Volker), danach nix wie ab auf die A 61. Mehrere Platten und ein obligatorischer Fast-Food-Stop später erreichten wir gegen 16:40 Uhr die Wohnung von Marco in Tilburg, wo wir auch die Nacht verbrachten. Das Auto noch schnell ausgeräumt, dann sofort per Fuß zum Hauptbahnhof. Dank der Dauerkarten unserer niederländischen Freunde hatten wir glücklicherweise die Möglichkeit, für 8 € pro Person hin- und zurückzufahren (und das auch noch in einem IC, was bei uns Krautfressern absolut undenkbar wäre...). Die Party ging schon auf den Treppen im Zug munter los, ein paar gefühlte Mittdreißiger-Damen fanden unser Auftreten scheinbar so interessant, dass sie uns doch glatt mit ihrem schnieken Smartphone abfotografierten. Angekommen in der ehemaligen Dynamo-Metropole, ging eine weitere Begrüßungsrunde los; dem ersten Eindruck nach zu urteilen, entstammten mehr Besucher dem 'Angie-Country' als dem Land der spuckenden Fußballer (Sorry, Freunde...). Der Eintrittspreis von 5 Eurokronen war ein mehr als fairer Deal, aber so kannten wir unseren szeneverbundenen Marco eben schon immer.
Gegen 21 Uhr eröffneten die beiden Ruhrpott-Black-Thrasher von Hellhunt den musikalischen Reigen im "Rambler", einem sympathisch-abgesifften Rock'n'Roll-Schuppen, zwei Fußminuten vom Hauptbahnhof entfernt. Hinter dem Schlagzeug postierte sich - jedoch nur für Live-Auftritte - niemand Geringeres als der Bulldozing Bastard-Gitarrist/Sänger Stefan, der sich auch hier mehr als gut schlug. Leider war nach gerade mal vier Songs (drei eigene Stücke sowie das amtlich intonierte Bathory-Cover "The Return Of Darkness And Evil") und einer Spielzeit von nicht einmal 20-25 Minuten auch schon wieder Schluss. Das eigene Material lässt durchaus aufhorchen, wobei ich den Black Metal-Anteil durch etliche Blast-Parts als etwas höher im Vergleich zum Thrash-Einfluss einstufen würde. Das bald erscheinende Debütalbum ist auf jeden Fall schon jetzt beschlossene Sache! Ich bin gespannt.
Nach einer doch recht kurzen Umbaupause waren anschließend - exklusiv an diesem Abend - die Lokalmatadoren von The Devil's 3rd am Zuge. Stilistisch fielen die Tilburger mit ihrem stark Punk'n'Roll-lastigen Thrash/Heavy etwas aus dem Rahmen, doch der Spaßfaktor, den Sänger und Energiebündel Frans (stilecht mit Spandex, Kutte und Co.) auf der Bühne verströmte, steckte sofort an. Zwar hat das Quartett noch keinen 'wirklichen' Tonträger vorzuweisen, aber was nicht ist, kann - wie heißt es so schön - ja noch werden... Die Bezeichnung 'Turbonegro goes Thrash' ließ Frans anschließend doch sichtlich schmunzeln, woraufhin er mir stolz seinen Turbojugend-Button auf der Kutte zeigte. Da war meine Einschätzung also doch nicht auf den Suff zurückzuführen.
Langjährigen Freunden bei 'Auslandsspielen' zuzusehen ist etwas, was einem natürlich besonders am Herzen liegt. Bestes Beispiel momentan: Burstin' Out! Die Pfälzer Stumpf-Is-Trumpf-Kumpanen haben in den letzten 12 Monaten einen gehörigen Sprung nach oben auf der Erfolgsleiter geschafft, was sicherlich nicht nur auf den Release der hammerstarken MLP/EP/Mini-LP ( Menace-Dennis, nenn' es wie Du willst... ;-)) zurückzuführen ist, sondern auch auf zahlreiche, amtliche Liveshows. Auch in Eindhoven präsentierte sich das Quartett als eingespieltes, geradezu professionelles Team, das mittlerweile längst den Ruf als Venom-Coverband hinter sich gelassen hat. Zwar wurden von der britischen Legende immer noch drei Tracks ("Burstin' Out" als Opener, "Black Metal" sowie "Witching Hour" im Grande Finale) zum Besten gegeben, doch die Eigenkompositionen ließen den Stimmungspegel nicht einmal selbst minimal absinken. Ein paar Songs des kommenden Longplayers fanden ebenso den Weg in die Setlist wie selbstverständlich auch Granaten von "Hell Commands...". Jungs, ich bin stolz auf Euch!
Ein großer Teil der Meute war bereits prächtig mit leckerem Amstel und Hertog Jan bzw. Whiskey-Cola-Mixturen abgefüllt, als die NRW-Metalpunks von Bulldozing Bastard die Bretter mit dem Titeltrack ihres Erstlings "Bulldozing The Vatican" enterten. Jenes Album kam natürlich ausgiebig zum Zuge, doch da die Platte gerade mal eine Spielzeit von rund einer halben Stunde aufweisen kann, hat man sich darüber hinaus noch zwei gelungenen Covers angenommen: Zum einen gab das Trio - gewidmet Herrn Van Empel höchstpersönlich - ein herrlich rotzig gespieltes "Let The Blood Run Red" ( Thor) zum Besten, am Schluss folgte für mich etwas überraschend eine kurze, aber würdige Interpretation des Manowar-Gassenhauers "Thor (The Powerhead)". Ich kann die Band jedem Freund alter Warfare, rockiger Venom-Sachen und natürlich älteren Motörhead nur wärmstens ans Herzen legen und hoffen, dass schnellstmöglich ein Nachfolger zusammengeprügelt wird.
Natürlich war der Abend hiermit noch lange nicht zu Ende: DJ Gerdje aus Sevenum (bei Venlo) legte anschließend nur das Feinste vom Feinsten an 80er-Metal auf, die zu großen Teilen heftig angetüddelte Meute (schätzungsweise 150 Nasen waren vor Ort) feierte munter weiter bis in die frühen Morgenstunden. Marco, Jeroen, Wannes, die beiden Mädels Chloe sowie Amanda und eben wir fünf Mainzer/Mannheimer fuhren dann mit dem letzten Zug (Abfahrt: 3:30 Uhr), den man mit dem gültigen Tagesticket noch nehmen konnte (wieder ein IC), zurück nach Tilburg. Doch wer denkt, dass hiermit die Geschichte vorbei ist, der täuscht sich gewaltig: Natürlich saßen wir in einem sogenannten 'Ruheabteil', dessen Benimmregeln wir uns selbstverständlich nicht so genau zu Herzen nahmen. Gut, mitten in der Pampa wurden wir nicht herausgeworfen, aber die mitreisenden Herren und Damen schienen von unserem lautstarken Nachgeahme alter Schwarzenegger-Zitate und dem allgemeinen Gepolter doch eher wenig angetan.
Der Super-GAU folgte jedoch erst mit der Ankunft in Tilburg um kurz nach Vier: Nach einigen Minuten stellte auf einmal Giovanni in der Straße, wo auch das kultige Little Devil liegt, fest, dass Mona verschwunden und es nicht möglich war, sie per Handy zu erreichen. Unruhe machte sich breit, man motzte sich an wie kleine Kinder, die sich gegenseitig das Spielzeug weggenommen hatten. Kevin suchte sogar die Bahngleise nach ihr ab, während Marco und Jeroen schon einmal per Taxi heim fuhren. Daraufhin gingen auch wir an den Bahnhof, um den schon etwas länger abwesenden Kevin aufzusuchen. Die Bahnhofs-Fritzen meinten anschließend, dass keiner mit unserer Beschreibung hinein gelaufen sei, kurze Zeit später kam besagte Person jedoch wutschnaubend wieder hinter ihnen heraus. Arschlöcher! Der ultimative Brüller folgte nur wenige Minuten später: Von Marcos Handy meldete sich auf einmal die 'verschollene' Person, sie sei bei ihm in der Wohnung, da sie mit unserem 'Jüngling', Wannes, auf dem Fahrrad mitgefahren sei und dachte, wir versoffenen Nasen hätten es registriert... Alle wieder schnell beruhigt, ab zu Marco mit dem Taxi: Auch hier gab es dann noch die denkwürdige Anekdote, dass uns der sich etwas blöd stellende Fahrer zuerst an der falschen Adresse rausschmeißen wollte (Rentmeesterhof statt Rentmeesterlaan), was noch einmal zu gewissem Galgenhumor führte.
Endlich angekommen am Zielort, gab's dann noch ein süffiges Einschlaf-Bierchen und etwas niederländisches Fernsehen, bevor der übernächtigte Haufen um ca. 7 Uhr endgültig in den Tiefschlaf fiel. Nach einer kurzen Nacht und einem leckeren, typisch holländischen Mittagessen (eine scharfe, rund 25 cm lange 'Frikandel mit Frietjes') setzte sich die Reisegruppe gegen 15 Uhr wieder in Bewegung in Richtung Teutonia, wobei hier noch einmal ein fetter Dank an Fahrer Kevin auszusprechen ist, der - kaum weniger verkatert als wir - den Silberpfeil sicher die kompletten 350 Kilometer nach Mainz zurückbrachte.
Trotz kleinerer, im Nachhinein aber doch irgendwie witziger Pannen wohl der beste Geburtstag, den ich bisher feiern durfte. Hail to the Dutch Metal-scene, may we conquer the earth together!
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