Samstag - Das Schlagerwunder trifft auf Metal
Auch heute war ich erst wieder zur vierten Band vor Ort - mit Liedfett aus Hamburg und ihrem

"Liedermaching" erwischte ich auch direkt einen guten Einstieg. Mit frechen, witzigen deutschen Texten sorgte das Trio mit Gesang, Cajon und Gitarre schon am Nachmittag für ordentlich Stimmung.
Die anschließenden Black City aus Dänemark haben zwar schon als Support für AC/DC gespielt, aber an diesem Samstag konnten sie mit ihrem Rock im Stile von Airbourne die Leute nicht so recht erreichen. Passte einfach nicht. Schade, denn die Band war alles andere als schlecht.

Was danach kam, ist mit Worten nicht zu beschreiben und kann nur ansatzweise mit 'unfassbar' erklärt werden. Der Osnabrücker Schlagersänger (!!) Christian Steiffen, der sich selber als das »Bernsteinzimmer der guten Musik« bezeichnet, sorgte von ersten Ton des Openers "Wie gut, dass ich hier bin" für völlig ekstatische Stimmung im Publikum. Klatschen, Arme schwenken, tanzen, mitsingen - einfach unglaublich. Als Bindeglied irgendwo zwischen Roland Kaiser und Helge Schneider fraß das Volk ihm aus der Hand und Songs wie "Sexualverkehr", "Ich fühl mich Disko", "Ich habe Haschisch probiert" oder das abschließende "Arbeiter der Liebe" wurden auch nachts auf dem Campingplatz hoch- und runtergesungen. Wie man mit Sound im Stile der Flippers bei so einem, eher rockig geprägten Publikum abräumen kann, war auch für den guten Christian nicht erklärbar und mehr als einmal merkte man, wie ergriffen und erfreut er von dieser Wahnsinnsstimmung war. Obwohl hier zwei Welten aufeinander prallten, passte es einfach. Wie bereits gesagt: mit Worten nicht zu beschreiben.

Damit lag die Latte extrem hoch und die Newcomer Heißkalt aus Sindelfingen hatte es schwer, danach die Bühne zu betreten. Trotzdem schlugen sie sich mit ihrem modernen deutschen Rock wacker, was vor allem beim jungen Publikum sehr gut ankam.
Die Münchener Moop Mama machten zwar Hip Hop, aber das mit Trommeln und diversen Blasinstrumenten, sodass der Sprechgesang sehr organisch und groovig rüberkam. Nicht so ganz mein Ding, aber der Beweis, das man Hip Hop auch gut auf einem Festival performen kann. Den Leuten jedenfalls gefiel es sehr gut.

Danach hieß es 'Legendenalarm', denn mit Prong hatte man, wie in den Vorjahren auch, mal wieder in der '90er-Rockkiste' gewühlt und dieses Schätzchen als Co-Headliner am Samstag präsentiert. Tommy Victor und Co. machten nach dem coolen Western-Intro keine Gefangenen und ballerten mit sehr guten Sound ihre Songs raus. Extrem tight und cool rockten man sich 70 Minuten durch die komplette Bandhistorie und wurde ebenfalls bestens aufgenommen. Dabei kamen sowohl neuere Songs, wie "Turnover" vom sehr guten neuen Album "Ruining Lives", als auch alte Klassiker wie "Beg To Differ" bestens an. Als Abschluss gab es noch das von allen erwartete "Snap Your Fingers - Snap Your Neck", was auch zwanzig Jahre nach Erscheinen immer noch richtig geil knallt. Rundrum gelungen. Danke und Abmarsch Richtung Bett.
Sonntag - Wanne-Eickel meets Barcelona
Neuer Tag - selbes Prinzip: Pünktlich zur vierten Band bin ich am Start und mit Sebel gibt es direkt ein Highlight. Stoppok trifft auf den ganz jungen Marius Müller-Westernhagen,

könnte man hier grob sagen. Mit dem Titelsong seiner aktuellen CD, "Wie deutsch kann man sein", erwischen Sebel van der Nijhoff plus Band einen Traumstart. Gute deutschsprachige Texte mit ordentlich Rock'n'Roll kommt bestens beim Publikum an und trotz sengender Hitze von knapp 30 Grad zieht es doch sehr viele vor die Bühne. Die Zuschauer werden mit guten Songs wie "Engel" oder "Scheiß auf die Disko" belohnt. Selbst die Ballade "Heimat" wirkt nicht kitschig, sondern wird genauso bejubelt wie der Rest. Nach dem abgefeierten Rausschmeißer "Wer soll das alles ficken" hat die Band einige Fans gewonnen und am Merchandise-Stand gibt es noch jede Menge Autogramme zu schreiben.
Überhaupt fehlt beim "Eier mit Speck" das ganze Stargehabe und fast alle Künstler lassen sich am Merchstand blicken, geben Autogramme und plaudern mit den Fans. Nicht nur in dieser Beziehung ist das Festival absolut vorbildlich.
Die folgenden Her Bright Skies aus Schweden sind dann wieder was für die junge Fraktion und da insbesonders für die Mädels. Einfacher Rock, der aber bei hochsommerlichen Temperaturen immerhin ganz nett rüberkommt.
Dann Hip Hop - die dritte - und hier gab es geteilte Meinungen. Akura Naru hat ihre Wurzeln eindeutig bei der ehemaligen Fugees-Sängerin Lauryn Hill und die Band spielt solide und gut eingespielt dazu. Trotzdem will der Funke nicht so richtig überspringen. Technisch zwar absolut gut, aber etwas fehl am Platze.

Mein persönlicher Abschluss ist dann der Co-Headliner La Pagatina aus Barcelona. Hier gab es nochmals richtig was für die Beine und mit einer Mischung aus Samba, Ska, Folk und Salsa ein Feuerwerk der mitreißenden Rhythmen. Ein letztes Mal ging die Menge steil - weit und breit sah man nach dem Gig völlig erschöpfte, aber strahlende Gesichter. Spielfreude in Reinkultur, die sogar soweit ging, dass man nach der regulären Spielzeit einfach ins Publikum kam und dort noch eine Zugabe mitten unter den jubelnden Zuschauern gab. So etwas ist gelebte Leidenschaft für Musik. Fantastisch.
Da fällt mir das Fazit nicht schwer: Wieder einmal bewies das 'Eier mit Speck' seinen mittlerweile weit über den Niederrhein bekannten Ruf für tolle Atmosphäre und gute Musik. Es gab wieder viel Neues zu entdecken und alte Helden abzufeiern. Als Sahnehäubchen war dieses Jahr das Wetter mit Sonne, Sonne und Sonne satt noch absolut großartig. Der Regen machte einfach mal an diesem Wochenende eine großen Bogen um Viersen. Nächstes Jahr gibt es dann die mittlerweile 10. Auflage vom 24. bis 26. Juli 2015. Wer dabei sein möchte, sollte sich schon Anfang 2015 die Karten sichern. Egal wer spielt - ein Besuch beim 'Eier mit Speck' lohnt sich auch nächstes Jahr garantiert - versprochen.
Danke an Jürgen Haigh vom EMS-Team für die unkomplizierte Akkreditierung sowie Andreas Döring für die Fotos.
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