Eier mit Speck-Festival / 24. bis 26.07.2015, Viersen
Rockwiese Hoher Busch
Eier mit Speck 2015
Eier mit Speck-Festival
Rockwiese Hoher Busch, Viersen
24. - 26. Juli 2015
Festivalbericht
Fotos: Andreas Döring und Udo Gröbbels


Artikel vom 12.08.2015


Udo Gröbbels
Das etwas andere Jubiläum
Erstens kommt es anders - und zweitens als man denkt. Das 10. Eier mit Speck (kurz: EMS) sollte, wie Organisator Tappi im Interview vorab mitteilte, eigentlich nicht besonders herausstechen, sondern die Tradition des gemütlichen Festivals fortsetzen. Aber es kam anders. Ganz anders. Der Samstag war von Sturm geprägt und sogar eine Absage schien möglich. Aber zum Glück wurde aus dem Drei-Tages-Festival immer noch ein 2,5-Tages-Festival. Was genau passiert ist und wie vorbildlich hier das Team vor Ort mit den Behörden zusammen gearbeitet hat, findet ihr in den folgenden Zeilen.
Der Freitag - Sunny
Adam Angst Der erste Tag war musikalisch nicht der beste, aber das Wetter gab alles und so empfing uns das Gelände kurz vor 17.00 Uhr mit strahlendem Sonnenschein und einem bereits gut gefüllten Platz vor der großen Bühne. Die Metaller von Cyrcus nutzten den Heimvorteil und boten eine wirklich tolle Show. Ihre Mischung aus Hardcore, Metal und Alternative Rock kam beim Publikum bestens an. Vor allem die lokalen Zuschauer kannten die meisten Songs und als erst dritte Band des Tages verbreitete man direkt mal richtig Partystimmung. Hut ab! Der folgende Adam Angst samt Band bot Punk-Rock mit deutschen Texten. Insgesamt gefiel der Gig dem Publikum relativ gut, aber mich konnte der gute Herr Angst irgendwie nicht erreichen. Trotzdem solide Leistung.
Soulfly Die Rakede aus Köln begeisterte mich vor sechs Jahren bei ihrem Auftritt auf dem EMS sehr. Da ich alles andere als Hip Hop-Fan bin, wunderte ich mich selbst über die tolle Show der Jungs. Sechs Jahre später sah die Sache allerdings ganz anders aus. Aus der 2009er Version ist fast niemand mehr dabei und heute steht die Rakede für absolut nervtötenden Elektro-Sound. Sorry, aber das war nix. Mein persönlicher Tiefpunkt des Festivals. Doch mit dem nächsten Act wurde es schlagartig besser, denn Soulfly fahren nun mal das volle Brett auf und an einem Freitagabend um 20.30 Uhr war dies genau das Richtige. Max Cavalera war gleich mit zwei Söhnen, Zyon und Igor an Schlagzeug und Bass, auf der Bühne und nur Gitarrist Marc Rizzo gehörte nicht zur Verwandtschaft. Gemeinsam haute das Quartett neben dem brandneuen Song "We Sold Our Soul For Metal" (Anmerkung: Welch origineller Titel) natürlich auch alte Sepultura-Hits raus wie "Refuse/Resist" und dem Live-Oberknaller "Roots Bloody Roots". Was für ein Monster von Song. Nach einer Stunde 'voll auf die 12' war der Spaß vorbei. Grandios!!
Kadebostany Abwechslung wird beim EMS schon immer groß geschrieben und mit den Schweizern von Kadebostany ging die musikalische Weltreise von Südamerika zurück nach Europa. Die Musik ist schwer zu beschreiben. Avantgardistischer Elektro-Pop mit Balkan-Einflüssen trifft es vielleicht etwas. Visuell war die Show definitiv grandios mit tollen Lichteffekten - musikalisch jedoch sehr gewöhnungsbedürftig, aber auch nicht schlecht. Highlight war das Bowie-Cover von "Heroes". Nicht ganz mein Ding, aber definitiv interessant. Um 23.30 Uhr kamen dann endlich die Headliner des ersten Tages und die Subways wurden dieser Rolle auch voll gerecht. Drei Leute machen einen Lärm für sechs und lebten sich einfach mal komplett auf der Bühne aus. Vor allem Charlotte Cooper am Bass sprang wie ein Flummi, tanzte und bangte permanent. Die 90 Minuten boten einen guten Querschnitt aus allen vier Alben, wobei natürlich ihr Hit "Rock`N`Roll Queen" am meisten abräumte. Man konnte meinen, dass der Song extra für Festivals geschrieben wurde. Das nenne ich mal eine klassische Stadionhymne. Toller Auftritt.
Samstag - Riders On The Storm
Subways Der Samstag wird allen noch lange in Erinnerung bleiben. Es wurde sehr ungemütlich am Himmel, mit teils sehr heftigen Böen. Da wären zum einen die Festival-Camper, die nach der Sturmwarnung am späten Vormittag ins angrenzende Stadion und in eine benachbarte Reithalle evakuiert wurden. Zum anderen die Zuschauer, die zu Hause übernachteten und über Facebook immer auf dem Laufenden gehalten wurden. Den schwersten und undankbarsten Job des Tages hatte aber das Orga-Team vor Ort. Zusammen mit der Feuerwehr wurde beratschlagt und als das Sturmtief dann durch war, wurde schließlich doch noch geöffnet und um 19.00 Uhr war endlich Einlass. Dadurch fielen die ersten sechs Bands aus. Leider sagte am Nachmittag ausgerechnet der Headliner des Tages ab. Die Donots kamen nicht aus Münster raus, da der Sturm genau dort war. Schade, denn ihr Auftritt 2013 gehörte zu meinen persönlichen Highlights in der EMS-History. Aber daran war nun mal nichts zu ändern. Die Leute waren auch durchweg verständnisvoll und so wurde am Ende doch noch eine große Party mit immerhin vier Bands gefeiert.
Godsized The Intersphere aus Mannheim erwischten dabei, trotz etwas sperriger Musik, einen guten Start und ihr progressiv angehauchter Indie Rock gefiel. Die Briten von Godsized dagegen fuhren schon härte Geschütze auf und ihre Mischung, grob gesagt aus Black Sabbath und Alter Bridge, räumte richtig ab. Als dann auch noch die Sonne rauskam, war die Stimmung nach dem verstürmten Vormittag wieder bestens. Traditionell hat beim man EMS immer mindestens eine Band aus dem angrenzenden Nachbarland am Start und Kensington aus Utrecht waren eine gute Wahl. In Holland längst Stars ist man hier eher noch ein Geheimtipp, aber das kann sich bald ändern. Grob kann man Coldplay als Vergleich nennen, wenn auch etwas verspielter und epischer. Das Publikum feierte die Band ab. Hier wurden definitiv viele neue Fans gewonnen.
Den Abschluss machte der Bonner Nosliw mit Band. Eigentlich sollte er um 20.20 Uhr die Bühne betreten, aber durch die ganzen Umstellungen des Tages durfte er nun um 23.30 Uhr ran und sich als Headliner fühlen. Die Mischung aus Reggae mit Hip-Hop-Elementen war ganz okay, aber im Nachmittag bei vorausgesetztem Sonnenschein sicherlich erheblich besser. Trotzdem bot Nosliw eine gute Show, auch wenn die Songs sich nach einer halben Stunde gefühlt zu wiederholen begannen. Nicht so mein Ding, aber das Publikum hatte Spaß und darauf kommt es nunmal an.
Sonntag: London Calling
Kensington Am Sonntag war der Sturm vorüber und das Programm konnte wieder genau wie geplant ablaufen. Zur dritten Band, Buster Shuffle aus London, war ich auch wieder am Start und die fünf Jungs plus Backgroundsängerin Carrie waren vielleicht die Entdeckung des Festivals. Ihre Mischung aus Ska mit klassischen Rock'n'Roll-Elementen kam bei Sonnenschein bestens an und bis in die hintersten Reihe wurde mitgetanzt. Immer wieder schön, in die Gesichter der Band zu blicken, die völlig überrascht war, was denn da vor der Bühne um 15.00 Uhr schon abging. Vielleicht einer dieser Momente, wo alles stimmt und den man nur auf Festivals erleben kann. Ohne Zweifel nicht nur mein Highlight der drei Tage. Anekdote dazu am Rand: Eigentlich sollte als Überraschungsgast Vom Richie von den Toten Hosen beim letzten Song Schlagzeug spielen, aber der Gute stand im Stau und kam genau fünf Minuten nach dem Auftritt an. Schade auch. Trotzdem ein absoluter Hammerauftritt.
Itchy Poopzkid Die US-Amerikaner von Red City Radio boten dann anschließend soliden melodischen US-Punk - nicht mehr aber auch nicht weniger. Das Quartett aus Oklahoma City konnte durchaus die Massen etwas mobilisieren, aber diese schienen nach der vorherigen Band noch etwas Kraft zu sammeln. Die Kraft wurde auch dringend gebraucht, denn mit Skinny Lister gab es erneut beste partytaugliche Musik. Das Folk-Sextett kommt wie Buster Shuffle ebenfalls aus London und auch hier wurde wieder mächtig Gas gegeben. Die Meute tanzte erneut wild mit. Mit einer Energie wie die Pogues vor 30 Jahren gewannen auch Skinny Lister die Herzen der Zuschauer und auch hier kann man nur sagen: Daumen hoch - sauber abgeliefert!
Rotfront Itchy Poopzkid haben zwar einen beknackten Bandnamen, aber ansonsten liefert das Trio astreinen Punkrock ab. 14 Jahre Erfahrung, über 800 Auftritte und sechs Alben sprechen für die Band aus Baden-Württemberg, die auch ihre Karten voll ausspielte. Trotz des einsetzenden Dauerregens feierte die Band mit den Fans eine Riesenparty. Top. Insgesamt war der Sonntag der musikalisch stärkste Tag. Beigetragen haben dazu auch die mir vorher völlig unbekannten Rotfront aus Berlin. Die Multi-Kulti-Truppe präsentierte natürlich Multi-Kulti-Sound. Ihre Mischung aus Ska, Reggae und osteuropäischen Einflüssen passte wunderbar zum EMS und so wurden Rotfront rigoros abgefeiert. Nach so vielen Klasse-Bands noch einen draufzusetzen, war verdammt schwer. Aber die alten Hasen von den H-BlockX schafften das locker. Mit 25 Jahren Bühnenerfahrung und jeder Menge Evergreens auch kein Problem. 80 Minuten Hits, Mitgröhlen, Hüpfen und Feiern waren der Beweis. Hymnen wie "Risin High", "Move" oder die tolle Coverversion von "Ring Of Fire" funktionieren selbst 2015 noch immer. Wunderbarer Abschluss.
H-BlockX
Was bleibt vom EMS 2015? Viele tolle Erinnerungen, ein kurioser Samstag und vor allem extrem viel gute Musik. Immer wieder schön, wenn man neue Bands aus den unterschiedlichsten Genres hier live kennenlernen kann. Kompliment an die Veranstalter, die dafür absolut ein Händchen haben. Als Abschluss soll nochmals gesagt werden, dass man hier in Zusammenarbeit mit Feuerwehr und Orga-Team eine tolle Leistung beim stürmischen Samstag verbracht hat. Hut ab vor so viel Verantwortung gegenüber den Besuchern und damit verbundenen Stress gerade am Vormittag. Das war wirklich nicht einfach. Dafür nochmals meinen Respekt.
Man sieht sich 2016 beim 11. EMS. Und dann bei drei Tagen Sonnenschein... also ganz bestimmt.
Wir danken Jürgen Heigh vom EMS-Team für die, wie immer, unkomplizierte Akkreditierung und ein Danke an Andreas Döring für die tollen Fotos.
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