Wird es regnen oder wird es nicht regnen? Diese Frage konnte weder vor dem Konzert noch nachher eindeutig geklärt werden. Es war ein Wechselbad zwischen den jeweils dominierenden Wettergöttern. Genauso wie das gesamte Festival auch ein Wechselbad der Stile und Gefühle war. Fünf Bands haben die Zuschauer durch den Samstagnachmittag und -abend begleitet. Angefangen bei den Noetics, einer instrumentalen, elektronisch orientierten Regionalcombo aus Hannover, über Martin Turner's Wishbone Ash (Nicht zu verwechseln mit den 'echten' Wishbone Ash) bis hin zu den Elektronikpionieren von Tangerine Dream. Dazwischen waren auch die Progrocker Nektar und die Bluesrocker Ten Years After (bis auf Alvin Lee in Orginalbesetzung!) zugange. Jede Band steuerte dabei ihr eigenes Ding zum Event bei.
Offiziell sollte das Festival um 14 Uhr auf der Waldbühne Northeim beginnen. Übrigens, eine ordentliche, große Location, fernab von spießigen Nachbarn, die sich über die Lautstärke der Musik beschweren könnten. Es fuhren auch Shuttlebusse u.a. aus Hannover oder Göttingen. Vor Ort hieß es dann: Beginn 15 Uhr, ehe es ca. um 15:30 Uhr wirklich losging. 5000 Zuschauer wurden erwartet. Schätzungsweise die Hälfte war tatsächlich da. Die Arena war dementsprechend auch nur halb gefüllt.
Die Band mit dem kleinsten Namen machte den Anfang. Dabei passt die meditative, psychedelisch-spacige Musik der Noetics keineswegs zum frühen Nachmittag. Aber so läuft's im Musikbusiness. Wer sich noch Berühmtheit erspielen will, muss halt als erstes anfangen. Da die Hannoveraner auch gleich ein neues Album im Gepäck hatten, sah man ihnen - speziell dem Keyboarder - an, dass sie jede Menge Spaß am Musizieren hatten. Das meiste Material kam von neuen Werk, "Delayed Back", welches zusammen mit dem Zweitling "Cohearence" auch vor Ort gekauft werden konnte. (Das erste Album ist inzwischen vergriffen, es handelt sich somit um eine Rarität).
Der Opener war "Peninsolar", ein Stück, welches auch auf einigen aktuellen Samplern zu finden ist. Die Stücke hatten Groove, Raffinesse, waren spannend, packend und dennoch relaxend. Ein Stilmix aus Rock, Jazz, Dub, Trance, der derart gekonnt gespielt wurde, sodass man zweifellos sagen konnte, dass die Noetics der beste Act am besagten Tag waren. Showmäßig hatten sie außer etwas Rauchspielchen zwar nicht viel zu bieten, aber schließlich steht die Musik ja im Vordergrund. Und diese war erste Sahne.
Nachdem sich die Noetics verabschiedet hatten, tauchten auch die ersten Regenwolken auf und der kleine Schauer begann. Nektar betraten die Bühne und heizten das Publikum auf. Neben Klassikern wie "King Of Twilight" wurden auch neuere Stücke wie "Doctor Kool" gespielt. Der Sound war vernünftig, die Stücke hatten den nötigen Druck und konnten überzeugen. Dennoch fehlte etwas. Der letzte Biss konnte wahrscheinlich nur von waschechten Fans verspürt werden. Wer aber soliden Hard-/Prog Rock ohne großartige Höhepunkte erleben wollte, lag schon richtig. Der kurze Schauer hörte auch während des Nektar-Gigs schon wieder auf, und einige Zuschauer, die sich versteckt hatten, krochen wieder unter den Bäumen hervor.
Nach einer erneuten Entspannungsphase, einem Bierchen und einer Bratwurst, war dann auch die Zeit für die humorvollste Band des Abends gekommen. Der Weg war frei für Martin Turner's Wishbone Ash, die eine Art Abspaltung der originalen Wishbone Ash darstellen. Gitarrenrock vom Feinsten präsentierte die, genau wie Nektar, in die Jahre gekommene Band. Der Unterhaltungswert war deutlich höher als bei den anderen Gruppen, die bis dato gespielt hatten. Martin Turner's Gestik und Mimik lies den einen oder anderen schmunzeln.
Klar, warum nicht mal ein bisschen Humor statt musikalischer Ernsthaftigkeit und eintöniger Routine. Auch jene Band spielte einige ihrer Klassiker, darunter Stücke aus dem Album Argus. Die Musiker waren engagiert, die zwei Lead-Gitarren duellierten sich und das Publikum fieberte mit.
Nach einigen weiteren Regengüssen kam der Auftritt des Headliners Tangerine Dream immer näher. Ten Years After durften jedoch vorher nochmal ran. Ihre bluesig-psychedelische Rockmischung machte nochmal richtig Dampf und heiß auf den Hauptact. Mit blitzschnellen, präzisen Gitarrensoli glänzten die vier Mannen, während die Dunkelheit langsam aber sicher über die Zuschauermenge hereinbrach. Irgendwie schafften es TYA den Hörer zu fesseln, obwohl doch Tangerine Dream schon mit Spannung erwartet wurde.
Nun war es Zeit für den Hauptact. Knappe drei Stunden Tangerine Dream. Eingeleitet über schwebende Keyboardflächen, einer interessanten Lasershow mit dominierenden grünen und blauen Strahlern. Zwei blonde Damen komplett in weiß gekleidet, die eine am Saxofon bzw. an den Keyboards, die andere mit dem Rücken zum Publikum gewandt an den Percussions. Dieses Intro dauerte etwa 15 Minuten, bis aus der Zuschauerecke Sprüche fielen wie: »Das war die Einleitung, und jetzt fangt mal an!« So manch einer hatte nämlich nicht begriffen, dass Tangerine Dream durch sequencerlastige, langsam aufbauende, getragene Musik bekannt geworden ist. Nachdem besagte Herren beruhigt wurden und den Heimweg antraten, weil sie
von der Masse darauf hingewiesen wurden, die Musik nicht zu stören, ging es im gleichen Stil weiter. Schwebende Keyboards von Bandleader Edgar Froese und seinen Kumpanen, malerische, harmonisch-verträumte Saxofonmelodien, eine zurückhaltende E-Gitarre und solide Percussionarbeit.
Wer sich auf die Musik einließ, wurde wahrscheinlich von ihr gefangen genommen. Wer etwas Spannung erwartet hatte, wurde spätestens nach einer Stunde enttäuscht. Der Stil änderte sich nicht, klar getrennte Songs waren für den Otto-Normalhörer nicht auszumachen. Fan musste man sein, um die einzelnen Stücke von einander unterscheiden zu können. Etwas mehr Gitarreneinsatz und treibendere Rhythmen hätten dem Ganzen sicher gut zu Gesicht gestanden. So blieb es bei der sphärischen, aber irgendwie nicht packenden Musikberieselung.
Als die Combo fertig war, wollte auch jeder nach Hause. Die Arena war schnell geräumt und der Shuttlebus brachte einen sicher nach Hannover oder Göttingen zurück. Es blieb die Erinnerung an einen gelungenen, lohnenden, aber nicht überragenden Abend.
Und auf ein Neues im nächsten Jahr…
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