Musiker unter sich
Schmuddelwetter am Niederrhein und dann noch die nicht gerade feinste Gegend in Mönchengladbach in der Nähe des Bahnhofs waren alles andere als einladend für diesen Samstag Abend. Aber das war mir völlig egal, denn endlich kam Martin Engelien und sein 'musikalischer Wanderzirkus' wieder in die Stadt und wieder machte man im Cafe Message halt.
Engelien, der das "GoMusic"-Konzept 1996 erfunden hat und seitdem mit großem Erfolg hauptsächlich am Niederrhein tourt, hatte auch für diesen Abend wieder einen erlesenen Musikerkreis um sich geschart. Das Prinzip bei der "GoMusic"-Session ist schnell erklärt: Martin Engelien, der den Bass bedient, lädt sich Profimusiker ein um dann eine zwanglose und mit viel Improvisation gespickte Session zu spielen. Da aber alle wie er selber auch absolute Vollprofis sind, geht eigentlich nie was in die Hose und wenn ja, merkt es keiner im Publikum, das mit vielen Hobbymuckern gespickt ist.
Hobbymusiker sind eine heikle Sache, denn jeder kennt sicher das Phänomen 'Musikerpolizei'. Dann stehen in der ersten Reihe nur Freizeitmusikanten, die selbst nicht ansatzweise das Niveau der Bühnenkollegen haben, aber trotzdem überkritisch und 'cool' das Konzert verfolgen. Zum Glück ist dieses Phänomen meines Erachtens in den letzten Jahren immer seltener geworden und auch an diesem Samstag Abend gab es ein kollektives Abfeiern der Band - aber dazu später mehr.
Salat hier - Rock dort
Im Cafe Message angekommen, ging es am Eingang dann gleich ab in den Saal, während im Cafe-Teil noch Leute bei Salat mit Hähnchenbruststreifen saßen und zu gediegener Musik speisten. 'Gediegene Musik' gab es zum Glück nur im Restaurantteil, denn Engelien versprach ein knalliges Set und das war es wirklich.
Dieses Mal (die Musikerbesetzung wechselt monatlich) hatte er sich neben den mir bis dahin unbekannten Jörg Dudys (Gitarre) und Moritz Müller (Schlagzeug) noch die doch relativ bekannte Jutta Weinhold eingeladen. Weinhold als 'Grand Dame' der deutschen Rockmusik zu bezeichnen ist sicher nicht übertrieben. Bereits Ende der 60er und Anfang der 70er sang die damals erst knapp 20jährige in den Musicalproduktionen "Hair" und "Jesus Christ Superstar" und der damit verbundene Flower Power-Faktor sollte sich auch an diesem Abend wie ein roter Faden durch das Programm ziehen. Außerdem sang sie in den 80ern bei Zed Yago bzw. der Folgeband Velvet Viper und ist jetzt aktuell mit einer neuen Band namens Akustikrandale unterwegs.
Jutta und der 'Hippie-Spirit'
Gegen 20.45 betraten zuerst die drei Instrumentalisten die Bühne um mit einer sehr groovigen Instrumentalversion von Michael Jacksons "Thriller" das Konzert zu eröffnen. Das war dann auch die jüngste Nummer im Repertoire, denn mit Betreten der Bühne von Jutta Weinhold gab es nur noch Lieder, die alle locker 30 und mehr Jahre auf dem Buckel hatten. "Love The One You're With" war dann nicht nur die erste Gesangsnummer, sondern hätte auch gut das Motto des Abends lauten können, denn schon beim ersten Song kam der von Jutta oft genannte »Hippie-Spirit« rüber. Um direkt allen Klischees über die Grenznähe von Mönchengladbach zu Holland entgegenzutreten: Ich meine hier wirklich die Musik und keine süßlichen Rauchschwaden.
Gleichzeit gab dann diese Nummer (im Original übrigens vom Folkrocker Stephen Stills) auch die Richtung für den Abend an, denn allen Coversongs wurde durch die Musiker eine besondere Note verliehen, so dass es hier, wie Frau Weinhold so nett sagte »kein Mainstream-Set« gab, sondern mit Passion vorgetragenen Rockmusik.
Maximale Freiheit
Den Fakt, dass man im ersten Set nur fünf Songs spielte (u.a. auch noch "Like A Rolling Stone" und eine grandiose Version von Lou Reeds "Waiting For The Man") und dafür aber eine Stunde brauchte, zeigte, dass hier ausgiebig gejammt wurde und da kann ein Gitarrensolo auch mal länger dauern. Trotzdem schafften es alle Musiker, dass es bei ihren Soli nie langweilig wurde, was bei anderen Konzerten leider oft der Fall ist.
Altbekanntes im neuen Gewand
Im zweiten Set spielte man vermehrt Klassiker, die wirklich jeder kennt. Natürlich wie gewohnt in etwas anderen Arrangements. So wurde dann mal eben auch "Blowin' In The Wind" eine schöne Rocknummer, während "Hotel California" gar mit stärkeren Reggae-Anleihen aufwartete. Dass die einfachen Nummern zumeist immer noch die besten sind, bewies sich wieder, denn Dylans "Rainy Day Woman #12 & 35 (Everybody Must Get Stoned)" als schmissigen Boogie oder "Lady In Black" als coole Groovenummer, wurden vom Publikum begeistert mitgesungen. Überhaupt waren die Zuschauer schon ab Mitte des ersten Sets komplett aufgetaut und alles wurde lauthals bejubelt und die vier Musiker total abgefeiert. Höhepunkte waren sicherlich die beiden Led Zeppelin-Cover, die einfach wunderbar zu Juttas Röhre passten. "Immigrant Song" und die erste Zugabe "Rock And Roll" wurden zum kollektiven Ausflippen genutzt.
Überraschenderweise waren im Publikum nicht nur Leute jenseits der 30, sondern auch viele Jüngere. Das gleiche spiegelte sich auch auf der Bühne wieder, denn vom 25-jährigen Drummer Moritz (der am Sonntag Geburtstag hatte) bis zur 62-jährigen Jutta Weinhold war hier ebenfalls ein großer Generationenschnitt am Start.
Eine Rose zum Abschluss
Nach knapp zwei Stunden war dann Schluss und mit dem Lied "The Rose" ( Bette Midler), was damals als Tribut für Janis Joplin komponiert wurde, gab es einen schönen Abschluss eines musikalisch absolut hochwertigen Konzertes. Der beschworene Hippie-Spirit hat an diesem Abend definitiv das Mönchengladbacher Publikum erreicht und eine sehr sympathische Jutta Weinhold gab allen noch auf den Weg mit, dass man doch bitte weiterhin in Clubs gehen und sich auch kleine Konzerte ansehen sollte, denn nur so könnte der Spirit des Rock'n'Rolls überleben. Dem brauche ich nichts mehr hinzuzufügen. Doch, eins noch: Geiler Abend!
Danke an Martin Engelien und Gregor Herzog vom Cafe Message für die problemlose Akkreditierung.
Externe Links:
|