Menschenmassen im Sony Center am Potsdamer Platz in Berlin und ich an vorderster Front. Schwarzer Teppich, schwarze Limousinen und als greller Kontrast: Robert Trujillo in strahlendem Blau. Wer hätte gedacht, dass sich das Tier am Bass von Metallica heimlich in einen geschliffenen Biedermann verwandelt. Aber wer ihn besser kennt, der weiß von seiner Vorliebe für geschmeidige Maßanzüge. Ganz im Gegensatz zu ihm sein Kollege, Drummer und Bandgründer Lars Ulrich. Er war die Ruhe in Person, schlenderte gemütlich den Teppich auf und ab, kam fast allen Fans sehr nahe und war auch in den knappen Interviews bereit, auf jede Frage eine passende Antwort zu geben, auch wenn sie - wie von mir - etwas weit außerhalb des Geschehens im Rahmen der Filmpremiere von "Through The Never" war. Ja, ich bekam kurzfristig die Gelegenheit, jedem drei Fragen zu stellen. Aber alles der Reihe nach.
Das IMAX Kino im Sony Center ist inzwischen über die Grenzen hinaus bekannt, wenn es um Premieren für Blockbuster geht. Die Stars und Sternchen der Filmindustrie geben sich fast im täglichen Wechsel die Klinke in die Hand. Dass ein guter Film für eine Mega-Band ebenso erfolgreich werden kann, hat man ja erst vor kurzem mit dem Konzertfilm von Led Zeppelin gesehen. Dass man aber nicht nur ein gutes Konzert filmen, sondern die Show auch noch in eine spannende Handlung verpacken kann, das zeigen Metallica mit dem 3D-Endzeit-Rockmovie "Through The Never".
Endzeit deshalb, weil neben der Band ein weiterer Hauptdarsteller agiert, ein Roadie namens Trip, der während eines Konzertes einen Auftrag erhält, dafür die Arena verlassen muss und sich durch eine Stadt voller spektakulärer Gefahren kämpft, die dem Untergang geweiht ist. Regisseur Nimród Antal ("Predators", "Motel", "Kontroll") hat sich bei seiner Wahl des Darstellers für Shootingstar Dane DeHaan entschieden, der bereits in "The Amazing Spider-Man 2", "The Place Beyond The Pines" und "Chronicle - Wozu bist du fähig?" brillierte. Leider ist das - bis auf einige technische Details - bereits alles, was ich über den Film berichten kann, denn den Pressemitarbeitern wurde überaschenderweise die Teilnahme an der Filmvorführung verwehrt. Wie soll man so den Fans den Gang ins Kino schmackhaft machen, wenn man vorab nichts darüber berichten kann? So bleibt es nur bei einigen Fotos der anwesenden Akteure, während sie über den Teppich schleichen.
Der Film hat rund 35 Millionen US-Dollar gekostet, wurde mit 24 3D-Kameras gefilmt und es wurde eine spezielle Bühne gebaut, die die Größe eines Eishockeyfeldes hatte. Kinostart in Deutschland ist am 3. Oktober - der Soundtrack erscheint bereits am 20. September. Etwas ungewöhnlich ist nur, dass Metallica bei der Wahl des Filmtitels auf einen Track ihrer, bis heute erfolgreichsten CD, dem 'Black Album', zurückgegriffen haben, der auf dem Album (für mich) nur eine Nebenrolle gespielt hat.
Der Andrang der Fans und Reporter am schwarzen Teppich ist gewaltig. Redaktionen aus allen umliegenden Ländern sind ebenso vertreten, wie Fanclubs und Fans aller Altersklassen. Mit rund fünfzig Personen ist der Fanclub St. Germany die größte Gruppe. Sie erhalten sogar einen Extrabereich an der Absperrung und bekommen - wie alle anderen - durch Moderator Markus Kavka in einem Frage- und Antwortspiel die Möglichkeit, Eintrittskarten für die Premiere zu gewinnen. Nebenbei werden noch Shirts und andere Gimmicks vergeben, um die Wartezeit zu verkürzen. Selbstverständlich wird das Ganze mit Musik von James Hetfield und Co. untermalt und ich bin erstaunt, welch unglaublich guter Klang unter dem gigantischen Zeltdach des Sony Centers, das den Fujijama darstellt, in meine Ohren dringt. Das hat schon Konzertcharakter.
Etwa eine Stunde vor dem Eintreffen von Lars Ulrich und Robert Trujillo laufen die geladenen Gäste ein. Neben den Großen der deutschen Musikszene wie Christoph Schneider von Rammstein, Silly, Karat, The Boss Hoss und vielen anderen, tummeln sich auf dem Teppich Natalia Avelon, Simone Thomalla, Wilson Gonzales Ochsenknecht und weitere mehr oder weniger Bekannte der Filmbranche neben Sportlern wie Silvio Heinevetter um die besten Plätze vor den Fotografen. Lokalmatador und Metaller der ersten Stunde - bekannt aus Funk und Fernsehen - unser aller Martin Kesici schießt dabei einmal mehr den Vogel ab, als er die Hose herablässt, sein Hinterteil entblößt und sein neuestes Tattoo in Form von '666' in die Kameras hält.
Als der Mann an den Reglern diese bis zum Anschlag nach oben schiebt und mit voller Lautstärke "Enter Sandman" dröhnt, sind sie endlich da, die Götter der Metalheads leibhaftig und nach mehreren Jahren Abstinenz wieder in Berlin. Als erster schreitet Trujillo im eleganten Zwirn und mit streng nach hinten zusammengebundenen Haaren vor die jubelnde Menge. Händeschütteln hier, Fotos da, er ist sehr gut gelaunt und macht jeden Spaß mit. Ulrich dagegen ist viel gefasster. Locker und leger gekleidet sieht man ihm an, dass er ständig voll konzentriert ist und die Menge sowie alles um ihn herum sehr genau beobachtet. Beim Fotoshooting bleibt er, bis auf wenige Momente, ruhig und wirkt eher teilnahmslos. Dennoch wirft auch er sich in die Menge und ist gegenüber den Fans extrem aufgeschlossen. Moderator Kavka zerrt beide nacheinander vor die Kamera, um mit ihnen ein paar Worte zu wechseln, bevor die anderen großen Fernsehanstalten zuschlagen dürfen. Erst dann sind ausgewählte Reporter der schreibenden Zunft an der Reihe, zu denen auch RockTimes gehört.
Ich frage Lars Ulrich wann die Band wieder in Berlin spielen wird und erhalte die Antwort, dass sie schon darüber nachgedacht hat und es wohl bald machen wird. Die nächste Frage liegt mir selbst schwer im Magen, aber ich traue mich doch sie ihm zu stellen. Ich erkläre ihm, dass er in Deutschland von einem Magazin bereits mehrfach zum schlechtesten Drummer der Metalszene gewählt wurde und möchte von ihm wissen, wie er darüber denkt. Zu meinem Glück setzt er ein breites Grinsen auf und sagt mir, dass jede negative Kritik ihn trotz der vielen Jahre im Musik Business immer noch ansporne, an sich zu arbeiten und zu verbessern. Kritisiere ihn jemand, dann versuche er zu ergründen, woran es liege und bemühe sich, es zu korrigieren. Meine letzte Frage bezieht sich dann doch noch ein klein wenig auf den neuen Film. Im Trailer habe ich gesehen, dass er sein Drumset deutlich reduziert hat und frage ihn, ob er sich nun wieder auf das Wesentliche beim Spielen konzentriere. Meine Frage wird erst einmal nur mit einem knappen »Ja« beantwortet und nach einigen Bruchteilen von Sekunden Bedenkzeit fügt er an, dass er damals klein angefangen hat, sich während der Jahre an riesigen Sets austoben konnte und dabei festgestellt hat, dass er keinen Grund habe, sich hinter solchen Megateilen zu verstecken und nun langsam zu seinen Wurzeln zurückkehren wolle. Was aber nicht bedeuten solle, dass seine Energie auf der Bühne zurückgeschraubt werde. Bevor er zu anderen wartenden Reportern gebracht wird, bedanke ich mich noch bei ihm und bitte ihn um ein gemeinsames Erinnerungsfoto.
Robert Trujillo wird zu mir geführt. Er ist schwer zu bändigen. Posiert ständig, albert herum, ist hyperaktiv. Meine erste Frage spielt auf seine Bandzugehörigkeit an. Er hat 'Zehnjähriges' gefeiert und ich frage ihn, ob er sich nun als voll integriert fühlt und was es für ihn für ein Gefühl sei, wenn bei Konzerten die älteren Stücke gespielt werden, an deren Entstehung er nicht beteiligt war. Er sagte, er wäre der Spaßvogel in der Truppe, der stets zu Scherzen aufgelegt sei und somit oft die Stimmung bei den Proben hebe. Somit fühle er sich als voll integriert, da er denke, dass die anderen nicht mehr ohne ihn auskommen würden. Da er schon vorher ein riesiger Fan von Metallica war, sei es eine große Ehre für ihn, die alten Songs mit seinen ehemaligen Idolen spielen zu dürfen. Meine nächste Frage zielt auf sein äußeres Erscheinungsbild ab, denn auf der Bühne mime er immer den ganz Wilden und trage seine Haare 'extra long'. Hier gäbe er heute den Biedermann. Wie er im wahren Leben, außerhalb der Musik sei. Er bezeichne sich als Familienmenschen, bekomme ich als Antwort, liebe es, viel zu unternehmen und habe sehr viele Interessen. Nun gut, denke ich mir, vielleicht etwas oberflächlich, deshalb muss ich etwas tiefer bohren. Was eine Familie über sein abwechslungsreiches Leben denke und wie er in seinem Alter inzwischen zu 'Sex, Drugs And Rock'n'Roll' stehe. Er muss lachen, gesteht mir aber dann, dass es keine Groupies gibt und sich die Drogen auf Alkoholkonsum beschränken würden. Für ihn zähle nur der Rock'n'Roll und im Film könne jeder erkennen, wie sehr er es liebe, auf der Bühne zu stehen. Leider zerren auch an seinem Arm bereits die Verantwortlichen und ich schaffe es gerade noch, ein paar dankende Worte an ihn zu richten.
Kaum war ich damit fertig, ist er auch schon wieder in der Menge verschwunden. Beide werden über eine Rolltreppe in den Kinosaal geführt, die Musik verstummt, Reporter verstreuen sich in alle Richtungen und nur einige Fans harren noch eine Weile aus, in der Hoffnung noch irgendetwas zu ergattern. Mit einer kleinen Gruppe von Redakteuren versuchen wir noch einmal, mit den Verantwortlichen zu reden, um eventuell doch noch Einlass in den Saal gewährt zu bekommen, aber alle Bemühungen bleiben leider vergeblich. Somit hoffe ich, dass es am 3. Oktober regnet und ich somit an diesem freien Arbeitstag den Weg ins Kino antreten kann.
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