Mit "Welcome To The Show" von der dänischen Band Evil Masquerade flatterte mir ein Album auf den Tisch, welches als vielversprechendes Symphonic Metal Debüt angekündigt wurde.
Offen gesagt, wenn ich den Begriff "Symphonic Metal" höre, schwillt mir als einstigem Fan dieses Genres gehörig der Kamm: Wieder eine weitere Formation, die sich dem Trend der allgemeinen Veröffentlichungsflut angeschlossen hat und sich stilistisch von Bands wie Rhapsody, Stratovarius, Kenziner, Rage usw. in nichts unterscheidet. Und sie schießen wahrlich wie Pilze aus dem Boden.
Evil Masquerade setzt sich unter anderem aus Mitgliedern von Royal Hunt, Wuthering Heights und Manticora zusammen. Dazu haben sie diverse Gastmusiker verpflichtet, wie Mats Olausson, Andre Andersen und Richard Andersson, die bereits für Time Requiem, Majestic, Yngwie Malmsteen und Royal Hunt in die Tasten hauten.
Klar, schon allein wenn man weiß, dass einige der Musiker im Dunstkreis von Royal Hunt oder Malmsteen tätig waren, kann man sich denken, in welche Richtung der Silberling gehen wird: Gniedel - Fiedel - Dudel - Quietsch - Träller - Pomp - Bombast.
Was einstmals Yngwie Malmsteen kreierte und perfektionierte, wird von mehr und mehr Bands kopiert und dermaßen durch den Wolf gedreht, dass sich einem echten Metaller im wahrsten Sinne des Wortes die Haare sträuben.
Kein Wunder, dass ehemalige Anhänger diesem Sound vermehrt den Rücken kehren und als kitschig verabscheuen.
Bei Evil Masquerade sind Musiker an Bord, die ihr Handwerk verstehen und beherrschen, das ist erst einmal Tatsache.
Den Anfang macht das eigentlich sehr schön beginnende klassische Intro "Ride Of The Valkyries/Grand Opening". Ich lehne mich entspannt zurück und harre der Dinge, die da noch kommen werden. Aber plötzlich gipfelt dieses Stück in einem totalen Highspeedchaos und wildem Gedudel, vermutlich um zu zeigen, was man technisch drauf hat.
Selbst Nachbars Kater scheint das kalte Grauen zu packen, denn nach den ersten Fiedeltönen ergreift er mit angelegten Ohren die Flucht. Ich kann ihn ja verstehen, nur leider muss ich mir dieses Chaos noch weitere 45 Minuten geben.
Gut 80 Prozent der Songs des Albums sind fast ausschließlich im Highspeed-Tempo gehalten, was das durchgängige Anhören anstrengend und auf mich einen wahrhaft nervtötenden Eindruck macht. Mittlerweile klingeln mir wirklich die Ohren ob der von Minute zu Minute mehr in Lichtgeschwindigkeit auf mich niederprasselnden Noten.
Erst gegen Ende wird es abwechslungsreicher, und mit "Lucy the Evil" ist endlich ein anhörenswertes Stück zu finden. Dieser Song hat nämlich das, was den meisten Tracks auf "Welcome to the Show" fehlt: Melodie, und das versöhnt mich wenigstens wieder etwas.
"Deliver Us" ist das einzige Ausrufezeichen der Scheibe. Melancholisch und herzzerreißend wird emotional schön aufwühlend gesungen und musiziert, dass mir die Kinnlade nach unten fällt und sich die Lauscher steil nach oben stellen: Endlich rocken sie mal ohne großartige Frickeleien durch die Gegend. Wäre die ganze Scheibe in dieser Qualität, gäbe es rein gar nichts zu meckern. Genial! Tja, egal - dieser Song allein rettet das komplette Album nun mal nicht.
Denn wehe, sie werden von der Leine gelassen, so wie wieder bei dem Rausschmeißer "Evil Masquerade": Ein Track mit größtenteils wahnwitzigen Riffs, reißt mich allerdings genau so wenig vom Hocker, wie alle anderen Hochgeschwindigkeits-Frickeleien.
Reines Gegniedel ist eben nun mal Geschmackssacke, auch wenn es an der instrumentalen Perfektion wahrlich nichts zu deuteln gibt.
Tolle Musiker mit riesengroßem musikalischen Potenzial sind noch lange kein Garant für ein wirklich großartiges Ergebnis in Form eines spitzenmäßigen Rundlings. Ich vermisse hier einfach die Eigenständigkeit.
"Welcome To The Show" könnte vor allem den Sympathisanten des kitschigen Metalls gefallen.
Produzent: Henrik Flyman
Spielzeit: 46:02, Medium: CD, Frontiers Records, 2004
1:Intro (Ride Of The Valkyries/Grand Opening) (1:42) 2:Welcome To The Show (3:10) 3:The Wind Will Rise (4:53) 4:Oh Harlequin (5:05) 5:Surprises In The Dark (5:35) 6:But You Were Smiling (4:05) 7: Children Of The Light (4:19) 8:Lucy The Evil (6:09) 9:Badinerie (Bonus Track) (1:36) 10:Deliver Us (5: 17) 11:Evil Masquerade (4:07)
Ilka Czernohorsky, 06.05.2004
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