Spielzeit: 79:41 Medium: CD Label: Phoenix Records, 2014 (1957, 1959) Stil: Jazz Review vom 22.07.2014 Wolfgang Giese

Sollte man spontan eine Liste von Rockgitarristen zusammenstellen, ginge das sicher flott von der Hand. Obwohl auch der Jazz mit großen Namen gut bestückt ist, dürfte es hier wohl weniger flüssig gehen. Dabei zählte Herb Ellis aus Texas zu jenen in der ersten Reihe, gleichwohl er nicht so breitgefächert bekannt geworden sein dürfte.

Ellis lebte vom 4. August 1921 bis zum 28. März 2010 und war am Anfang seiner Karriere in Big Bands tätig. Es folgten Trioeinspielungen und eine sicher wichtige Phase als Gitarrist in der Band von Oscar Peterson. Das auf dieser CD vorhandene Album "Nothin' But The Blues" (#1-8) wurde 1957 eingespielt und zählt für mich zu den Klassikern des Jazz. Als Bonus gibt es "Herb Ellis Meets Jimmy Giuffre" aus dem Jahr 1959 (#9-15) dazu.

Zudem ist die erste Platte für mich ein Klassiker, weil - der Titel sagt es ja aus - die Musik auf ganz besondere Weise zwei Musikstile verbindet: Jene des Jazz mit dem Blues und somit zeigt Herb Ellis deutlich und eindringlich, wie dicht beide doch zusammenliegen. Teilweise gibt es typischen Blues mit Bläserarrangements - hier verknüpfen sich die beiden Elemente auch noch mit Rhythm & Blues auf ganz natürliche Weise. Manchmal fließt die Musik in Richtung Texas und T-Bone Walker könnte jederzeit als Mitspieler auftauchen, denn viele dessen Songs wiesen auch eine sehr jazzorientierte Spielweise auf. "Big Red's Boogie Woogie" nähert sich dem stark an. Dann wieder, wie bei "Soft Winds", swingt es typischerweise jazzig. Vordergründig orientiert sich die Spielweise des Gitarristen ja letztlich am Jazz, dies bezeugen seine Improvisationen, aber auch die alten Blueser der Fünfziger scheinen ihre Spuren hinterlassen zu haben.

Die Musik ist meistens ganz cool und wird noch cooler... und dann einen Tick eleganter, wenn wir zur zweiten Platte dieser Kollektion kommen. Der Brite würde sagen, die Musik klingt 'sophisticated'. Balladen wie "When Your Lover Has Gone" triefen nur so voller Dramatik und betören durch ihre ganz besonders berührende Atmosphäre - ganz hervorragend, wie Ellis dann in diesem dichten Arrangement sein Instrument fast zum Singen bringt.

Die Bläserarrangements wirken auf der zweiten Originalplatte orchestraler und Stücke wie "A Country Boy" marschieren bereits in Richtung Big Band , bevor das dann ganz offensichtlich mit dem ganz schnellen Swinger "People Will Say We're In Love" sehr mitreißend zur Schau gestellt wird. Aus technischen Gründen fehlt leider ein Song: Das unbegleitete Solo "Patricia" fand leider keinen Platz auf dieser Kollektion.

Herb Ellis besticht durch seine klare und perlende Art des Spiels. Er hatte sich an dem großen Vorbild vieler Gitarristen, am Pionier Charlie Christian, orientiert - das heißt: sehr melodisch und mit viel Blues und Gefühl, feinen Phrasierungen und nie effekthaschend und rasend schnell. Vielmehr scheint die Gitarre manchmal kleine Geschichten zu erzählen.

Als wichtigen Mitmusiker erleben wir auf der zweiten Platte den Musiker und Arrangeur
Jimmy Giuffre, wie man dem Plattentitel bereits entnehmen kann. Dieser im Jazz so wichtige Musiker ist bekannt für sein Wirken im Bereich des Cool Jazz und war auch maßgeblich an der Entwicklung freierer Formen beteiligt. Diese spätere Hinwendung zur Lehre freier Improvisation deutet sich bei diesen Aufnahmen bereits an und schafft den Musikern viel Raum.
Schön, dass man Herb Ellis und seine prominenten Mitspieler in diesem feinen Umfeld wohltuend genießen kann!

Line-up:
Herb Ellis (guitar)
Stan Getz (tenor saxophone - #1-8)
Roy Eldridge (trumpet - #1-8)
Ray Brown (bass - #1-8)
Stan Levey (drums)
Jimmy Giuffre (tenor saxophone, baritone saxophone, arranger - #9-15)
Art Pepper (alto saxophone - #9-15)
Bud Shank (alto saxophone - #9-15)
Richie Kamuca (tenor saxophone - #9-15)
Lou Levy (piano - #9-15)
Jim Hall (rhythm guitar - #9-15)
Joe Mondragon (bass - #9-15)