Steve Earle / Guitar Town
Guitar Town
Endlich, möchte man sagen, endlich nimmt sich "MCA" auch mal Steve Earles an und veröffentlicht sein bahnbrechendes Debüt als Remasterausgabe.
Irgendwie war die Platte bei der Erstveröffentlichung 1986 zu rockig für Country, was im Umkehrschluss aber nicht bedeutete, dass sie zu Country für Rock war. Denn seltsamerweise war es die anerkannte Rockpresse, die diese Platte in den Himmel lobte.
"Everybody told me you can't far on Thirty-seven Dollars and a Jap Guitar", lautet eine Textzeile im Titelsong und es sah in Nashville, beim konservativ auf der Stelle tretenden Establishment, ganz danach aus, dass er Recht hätte. Ein Outlaw, ein (Mit-)Begründer der Alt-Country Szene, einer, der sich sich nichts und niemanden beugte (das ist auch heute noch so), das war nicht gern gesehen. Die schmalzten sich lieber mit unsäglichem Gefiddle die Ohren zu.
Der Titelsong, das kritische "Someday" oder auch "Little Rock'n'Roller" bliesen gehörig Staub durch die Strassen der Hauptstadt der Country Musik. Dort war manch einer geschockt, als es "Guitar Town" auf den ersten Platz der Billboard Country Charts schaffte.
Ich habe auf einer Website gelesen, dass Steve Earle weit mehr als andere, die vorgaben (und vorgeben) die Erben von Hank Williams Sr. zu sein, in dessen Fußstapfen trat, sowohl in seiner Textaussage, als vor allem auch durch seinen teilweise ausschweifenden Lebensstil. Alkohol, Drogen, Knast, er hat nichts ausgelassen. Und sorgte so fast zur Identitätskrise der Jünger des verstorbenen Country-Gottes.
Der Country-Experte Scott Smith hat bezeichnenderweise dann auch Steve Earle in seiner Liste mit dem aussagekräftigem Titel: "Country Music that doesn't suck", in der nur Künstler vertreten sind, die sich durch glaubwürdige Country Musik ausgezeichnet haben. Die üblichen Zuckerpüppchen und andere Heuler aus Nashville sind dort auch dann nicht vertreten - gut so.
Das Original war schon in Digitaltechnik eingespielt worden, so dass die klanglichen Verbesserungen marginal sind, das konnte man fast nicht mehr verbessern. Leider hat die Reissue-Ausgabe auch nur einen Bonustrack: Bruce Springsteen's "State Trooper" in einer bestechenden Liveaufnahme aus der Zeit, in der "Guitar Town" entstand, also schon sinnvoll, weil absolut passend.
Verärgert stellt man aber fest, dass in Deutschland EUR 17,99 verlangt werden (Hochpreis-CD), während in den USA das Werk nur $ 11,99 kostet. Selbst unter Berücksichtigung des Umrechnungskurses im April 2002 ist die CD hierzulande damit sage und schreibe 38% teurer. Manche scheinen aus der Absatzkrise nun wirklich nichts zu lernen. Schade, dass es gerade Steve Earle trifft, denn ein solches Preisschild für eine alte Platte ist für die Mehrheit der Musikfreunde einfach nur abschreckend.
Spielzeit: 39:48, Medium: CD, MCA Records, 1986 (Reissue 2002)
1:Guitar Town 2:Goodbye's All We Got Left 3:Hillbilly Highway 4:Good 'ol Boy (Getting Tough) 5:My Old Friend The Blues 6:Someday 7:Think It Over 8:Fearless Heart 9:Little Rock'n'Roller 10:Down The Road
Bonus: 11:State Trooper (live)
Manni Hüther, 10.04.2002