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Ja, wer kennt ihn nicht, den Mann aus New Jersey?
Im nächsten Jahr erreicht er mit fünfundsechzig auch sein Rentenalter, doch angesichts der Frische seiner neuen Produktion wird daran nicht zu denken sein. Donald Fagens frühe Beschäftigung und Hinwendung zum Jazz hat seine Musik stets mitgeprägt. Der musikalische Durchbruch kommt, als er mit Walter Becker zusammentrifft. Das war 1968 und schon bald kam es zur Gründung von Steely Dan. Das erste Soloalbum von Fagen, "The Nightfly" von 1982, ist zwischenzeitlich auch schon zu einem Klassiker gereift. Von der 'Nightfly Trilogy' wird im Zusammenhang mit den Nachfolgealben "Kamakiriad" und "Morph The Cat" auch gesprochen. Hierbei entwickelte die Musik nach und nach eine Art Steife in all ihrer Perfektion - sehr kühl wirkte es bisweilen.
Ist das neue Album nun der Auftakt zu einer weiteren Serie? Meiner Meinung nach ein guter Neuanfang hinsichtlich dessen, dass (mir) die Musik nun wieder greifbarer erscheint. Das 'Coole' ist wieder natürlich geworden, ein gewisser eleganter Swing durchzieht die Atmosphäre - ich begrüße das ausdrücklich. Neben Eigenkompositionen gibt es einen Fremdtitel, "Out Of The Ghetto" von Isaac Hayes. Dieser ist mit einem elastisch durchgängigen Groove durchzogen - eine tolle Interpretation. Ganz cool mit sanftem, geschmeidigen und elegantem Funk eröffnet "Slinky" den gehobenen musikalischen Reigen. Ja, gemäß des Titels ist die Eröffnung aufreizend und verführerisch, eine Verführung dazu, mehr hören zu wollen. Das Vibraphon setzt, wie bei einigen anderen Songs auch, jazzige Tupfer. Ganz klasse gemacht, eigentlich eine Kleinigkeit, die aber letztlich Bestandteil dieses aufregenden Gesamtsounds ist.
Ferner vernehme ich, wie zu Zeiten von Steely Dan, ein verhalten und leicht verhallt eingesetztes E-Piano, dann wieder eine gestopft gespielte Trompete oder auch einmal eine kratzig gespielte E-Gitarre, die die Eleganz auf "Weather In My Head" unterbricht und dabei noch ein gewaltiges Stück Blues in den Song einbringt. Ja, das ist in der Tat genau der Blues mit Souleinfluss, wie man ihn schon früher aus Chicago hat hören können, ab Ende der Siebziger etwa. Ein wenig atmet dieser Titel auch etwas von "The Thrill Is Gone" von B.B. King. Es ist Jon Herington, der das sehr emotionale, hervorragende Gitarrensolo spielt, ohne irgendwelche Ansätze zu Superlativen, ein feines Solo!
Grundsätzlich, wenn das Vibrafon Akzente setzt, vermittelt mir die Musik den Teileindruck gehobener Unterhaltungsmusik vergangener Tage, von Leuten wie George Shearing oder Lalo Schifrin zur Perfektion gebracht. Mir gefällt diese Variante, die ein wichtiges Stilelement der Musikgeschichte, nämlich Eleganz, verkörpert. Etwas, das als Gegenpol zu oft nervtötenden modernen Auswüchsen einiger 'moderner' Musik richtig gut tut und Merkmal von Qualität ist. Das ist keine Musik für die Charts - schade eigentlich, denn ich möchte Donald gern dort sehen. Als Jazzfreund war ich angenehm überrascht, in der Bläsersektion einen sehr guten Bekannten aus der Jazzszene zu entdecken: Walt Weiskopf an den Saxofonen, hier integriert er sich vollends.
Die Musik ist Jazz Pop der feinsten Qualität - es gibt wenige, die diese Richtung repräsentieren, mir fiele da z.B. noch Michael Franks ein. Kritiker mögen nun zu dieser neuen Platte bemerken, dass sie zu perfekt sei, einigen möglicherweise auch zu glatt, einige mögen bemerken, die Trilogie mit den ersten Alben sei hier einfach nur erweitert worden. All das ändert jedoch nichts daran, dass man die hohe Qualität dieser Veröffentlichung anerkennen muss, es sei denn, man hat keine Ohren zu Hören.
"Sunken Condos"? Ich las, Condo soll die Abkürzung für Condominium sein, und das sind Eigentumswohnungen. Beschreibt Donald hier ein neues Atlantis?
Für erwähnenswert halte ich noch die Beteiligung von Michael Leonhart, der als musikalischer Partner und Mitproduzent der Platte wichtige Akzente gesetzt hat.
Line-up:
Donald Fagen (lead vocals, piano, Prophet 5, Wurlitzer, clavinet, B3 organ, Fender Rhodes, melodica, background vocals)
Michael Leonhart (clavinet - #1,6, vibraphone - #1,6,8,9, percussion - #1-9, trumpet -#1-5,8, glockenspiel- #1, background vocals - #1-3,5-7,9, Fender Rhodes - #2, Minimoog - #2,6,8, Prophet 5 -#2,4,5,7-9, mellophone - #2, L 100 organ - #3, flugelhorn - #3,7,8, mellophonium - #3,5, trombonium - #3, Wurlitzer - #5,6,9, Mellotron - #5, B3 organ - #5,6, accordion - #6, scream - #6, M 100 organ - #7, Juno 6 - #8)
Earl Cooke, Jr. (drums)
Joe Martin (acoustic bass - #1)
Jon Herington (guitar - #1,2, 5-8, 12-string guitar - #2, solo guitar - #4, rhythm guitar - #9)
Walt Weiskopf (alto saxophone - #1-5,7, tenor saxophone - #3,5, clarinet - #7)
Charlie Pillow (tenor saxophone - #1,2, clarinet - #2,6,7, bass clarinet - #6, bass flute - #7)
Jim Pugh (trombone - #1,2,4)
Roger Rosenberg (baritone saxophone - #1,2,4)
Carolyn Leonhart (background vocals - #1,2,4,7-9, ad-lib -#1)
Jamie Leonhart (background vocals - #1,9)
Catherine Russell (background vocals - #1,2,4,7,8)
Harlan Post (bass - #2,5,7,8)
William Galison (harmonica - #2,5, bass harmonica - #5)
Lincoln Schleifer (bass - #3,4,9)
Gary Sieger (guitar - #3)
Larry Campbell (rhythm guitar - #4)
Cindy Mizelle (background vocals - #4,7)
Jay Leonhart (acoustic bass - #5)
Freddie Washington (bass - #6)
Antoine Silverman (violin - #6)
Kurt Rosenwinkel (solo guitar - #9)
| Tracklist |
01:Slinky Thing
02:I'm Not The Same Without You
03:Memorabilia
04:Weather In My Head
05:The New Breed
06:Out Of The Ghetto
07:Miss Marlene
08:Good Stuff
09:Planet D'Rhonda
(all tracks written by Donald Fagen,
except #6 by Issac Hayes)
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Externe Links:
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