The Fabulous Thunderbirds / 06.07.2010, Spirit of 66, Verviers (B)
Spirit of 66
The Fabulous Thunderbirds
Spirit of 66, Verviers (B)
06. Juli 2010
Konzertbericht
Stil: Rock'n'Blues

Artikel vom 14.08.2010


Volker Fröhmer
Mein fünftes Konzert mit den Fabulous Thunderbirds begann gegen 20 Uhr und 40 Minuten belgischer Zeit. Vor, neben, hinter und über mir befanden sich ca. 230 Leute, die sich statt der Fußballweltmeisterschafts- die Texasbluesdröhnung gaben. So gut besucht habe ich das Spirit of 66 in Verviers bei meinen bisher zahlreichen Stippvisiten selten erlebt.
Leider viel zu selten versammeln sich so viele Leute in diesem Kleinod der Volksmusik; mit Volksmusik meine ich die Musik, die unsereins und Gott sei Dank auch noch, oder immer noch einige andere auch lieben: Texasblues mit Essenzen aus dem Rock'n'Roll, Country und R & B, das ist bei den T-Birds der Stoff, der für Wohlbehagen im Publikum sorgt, ein Wellnessabend der Töne für 24 €.
Das pankt und rollt und rockt und bluest uns vor und in den Leib und die Seele. Die fünf Meister auf der Bühne meistern alles locker und intensiv mit links oder rechts oder beidhändig, einstimmig und backgroundstimmig. Die T-Birds, wieder mit einer völlig anderen Besetzung wie in Peer, Belgien 2006 oder in den 90ern in Köln, der Grand mit fünf Assen: Die einzige Konstante seit Gründung der Truppe in den 70ern ist Kim Wilson, ein begnadeter Harmonikaspieler, mit großer Lufthoheit und von Anfang bis heute der Sänger der Band. Der Schlagzeuger Jay Moeller, der u.a. bei der famosen CD von Omar Kent Dykes und Jimmie Vaughan auf dem "Jimmy Reed Highway" die Trommelstöcke bewegte. Am Bass Randy Bermudes, der u.a. auf zwei CDs von Rusty Zinn und einer CD des Harmonikameisters Mark Hummel die Fundamente bebasste. Die beiden Gitarristen sind Mike Keller aus Austin/Texas, der mit seinem Bruder Ende der 90er in einer Band spielte - The Keller Brothers Band - sowie Johnny Moeller. Von Johnny gibt es die CDs "Johnny's Blues Aggregation" und seit einigen Wochen "BlooGaLoo" und zusammen mit Paul Size aus dem Jahr 1996 die CD "Return Of The Funky Worm".
Aber es ist völlig egal, mit welchen Musikern Kim Wilson die Truppe spickte und spickt, das waren und sind immer Spitzenleute und absolute Profis an ihren Spielgerätschaften und das funktionierte auch heute wieder bestens als Mannschaft. Diese Besetzung besteht jetzt seit knapp drei Jahren, obwohl es keinerlei Bedenken gab, wer hier auf der Bühne der Boss ist; aber völlig ohne Egotrips von Kim. Im Gegenteil, 'seine Jungs' haben im Verlauf des Konzerts jede Menge Luft zum Atmen und können sich richtig austoben! Es gab in knapp 100 Minuten ohne Pause einen Querschnitt aus der über dreißigjährigen Bandgeschichte in die Ohren. Blues und Bluesrock von einer der besten Bands dieser Art auf diesem Planeten, so meine bescheidene Meinung.
Randy Bermudes und Jay Moeller sorgten für den Dampf und den Spirit unter und im Kessel of 66, Johnny Moeller spielte sich mit seiner Fender die Finger rau und fegte einige Soli aus den Saiten, die Seinesgleichen suchen und wohl nicht allzu häufig finden; völlig frickelfrei und ohne jeden Firlefanz und Zierrat, zwar manchmal auch zig Töne pro Meter Gitarre, aber das Wie und Warum passte. Und Mike Keller? Ein Master an der Telecaster, das Zusammenspiel mit Herrn Moeller bewegte sich in traumhaften Bereichen und seine solistischen Zwischentöne und Einspieler waren klasse.
Zu Kim Wilson: Seine Stimme ist mit der richtigen Portion Blues behaftet, mal Low Fidelity, mal High Fidelity und sein Mundharmonikaspiel ist sehr druckvoll und mörderisch gut, mal leise und mal laut, mit das Beste was es in der Welt der Stimmzungen zu hören gibt. Bei einem Stück spielte Herr Wilson so leise, dass ich die Flügelschläge der musikbegeisterten Fliege, die über uns so vor sich hinschwirrte hörte und zählen konnte, bei anderen Titeln so kräftig, dass uns die Töne durch das Fahrradlampenharpmikro schüttelten und rührten, es teilte ganz schön aus.
Eine zehnminütige Reise durchs Harmonikaton-Wunderland war vom Feinsten, zeitweise suckte und blowte Kim Wilson gleichzeitig Melodie und Rhythmus, was durch das so genannte Tongueblocking funktioniert. Dabei wird ein Tonkanal der Harp mit der Zunge blockiert und nach dieser Einlage atmete Kim Wilson erstmal kräftig durch und das Volk und Volker (ver)prellten danach einige Zeit ihre Handinnenflächen.
Ein großes Lob an das Publikum möchte ich hier loswerden: So gut wie kein Lautreingequatsche und wie beschrieben, bei den leisen Passagen vorbildlich.
Wir hörten im Laufe des Abends "Wait On Time", einen gut abgehangenen, mittelschnellen Mitschnippblues und einen meiner Favoriten: "My Babe". Der rockte wie immer wie die Sau und verwirbelte die Schaumkronen auf den Bieren aus dem Hause Leffe oder Jupiler. "Judgement Day", eine Komposition des leider 2006 verstorbenen Snooky Pryor, mittelschnell und sehr schön groovend, verwandelte den Spirit im Spirit immer weiter in eine Massenbewegung und danach wurde es funky, die Massenbewegungen ließen nicht locker und "You Got Me Where You Want Me" und "I'll Around" gaben uns allen auch noch den Soul. Das alles hob mich mal wieder völlig aus den bequemen Schuhen. Beim Intro zu einem der Hits der T-Birds, der es sogar in die Top Ten-Single Charts der USA im Jahre 1986 schaffte, "Tough Enough", stellte Kim die Band vor und die zündelte anschließend weiter in der Hütte rum.
Bei "Pretty Baby" gab's feine Soli von Johnny Moeller und Kim Wilson und "Roll, Roll, Roll" rockte und rollte kreuz und quer. Nach dem Konzert ging es nicht mit einem Thunderbird sondern mit einem Twingo Fabulous und nachhallend nachbegeistert auf die 130 km kurze Heimreise. Bis zum nächsten Mal ...
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