Falco dürfte einer der Musiker sein, der an niemandem, der vor 1970 geboren ist, vorbeiging. Ob man wollte oder nicht, in irgendeinem Radioprogramm, in Kneipen und Diskotheken immer lief irgendwo einer seiner großen Hits. Im Umfeld der Neuen Deutschen Welle wurde der Österreicher mit hoch geschwemmt, auch wenn sein Stil eigentlich nicht unbedingt in diese Kategorie passt.
Horst Bork, sein langjähriger Freund und Manager, hat nun, mehr als 10 Jahre nach Falcos tragischem Unfalltod seine Sicht der Dinge in einem recht umfassenden Buch dargestellt.
Es beginnt im Jahr 1981, als Hans Hölzel, der spätere Falco, noch als Bassist der Wiener Band Drahdiwaberl spielte und Horst Bork bei der Plattenfirma Teldec für den Bereich Marketing und 'alle Artisten alles Repertoire' (A&R) zuständig war.
Beginnend bei dem Kennenlernen der Beiden in Wien, lädt Bork den Leser ein, ein Stück des Lebensweges des Gespanns mitzugehen, und zu sehen, wie aus dem schüchternen Hans Hölzel der tragische Superstar Falco geworden ist.
Dabei wird schon beim nächsten Treffen der Zwei in Hamburg eine Grundkonstellation deutlich, die sich über all die Jahre hinwegziehen sollte. Hölzel reist an, um Bork seinen Hit "Helden von heute" vorzustellen, doch Bork kann die Begeisterung des Sängers nicht nachvollziehen. Die ebenfalls produzierte B-Seite "Der Kommissar" überzeugt ihn jedoch sofort und nach langer Diskussion erfolgt die Einigung, die Single mit dem "Kommissar" als A-Seite zu veröffentlichen. Von den Radiosendern wird das Werk jedoch zunächst strikt abgelehnt. Nur mit viel Geduld und noch mehr Tricks gelingt es schließlich dem Inhaber des österreichischen GIG Labels Markus Spiegel, dass "Der Kommissar" doch einige Male beim Sender Ö3 gespielt und bei den Hörern sofort begeistert aufgenommen wird. 1982 schwappt der Erfolg auch nach Deutschland über. Bork erkennt schon früh, dass diese Nummer das Potential für internationalen Erfolg in sich trägt und sollte mit seiner Einschätzung Recht behalten, innerhalb von zwei Monaten gelangt "Der Kommissar" in 27 Ländern in den Charts. Die dafür notwendige Promoarbeit setzt Falco gehörig unter Druck, was dieser versucht, mit ersten Drogeneinnahmen zu kompensieren.
Durch den großen Erfolg der Single wächst auch der Druck, schon bald ein ganzes Album zu veröffentlichen, vom Herbst 1981 bis zum Frühjahr 1982 dauern die Arbeiten an der ersten LP "Einzelhaft".
Die erste Tour schliesst sich an, Falcos Angst vor der Erwartungshaltung wächst immer stärker und wird mit noch mehr Drogen und Alkohol betäubt. Nach dem Konzert in der Münchner Alabamahalle gibt es den ersten Exzess mit zerdepperten Flaschen und Gläsern, zertrümmerten Stühlen und zerrissenen Vorhängen im Hotelzimmer, dem noch unendlich viele weitere folgen sollten.
Mit dem Erfolg wachsen auch Falcos Ansprüche an sich selbst, sein zweites Album "Junge Roemer" sollte die "Einzelhaft" noch weit übertreffen. Mit voller künstlerischer Freiheit und sehr viel finanziellem Spielraum ausgestattet, hat Falco weitgehend freie Hand und tritt im Studio auf der Stelle. Nach fast zwei Jahren Produktionszeit erscheint die Scheibe 1984 und floppt. Für Falco stellt das eine persönliche Niederlage dar, die ihn weiter in den persönlichen Absturz treibt.
Bork schaut sich daraufhin nach geeigneten Produzenten um und findet diese mit den Holländern Bolland & Bolland, deren Song "In The Army Now" in der Version von Status Quo später zum Kulthit werden sollte. Die Brüder aus den Niederlanden legen einige Songvorschläge vor, darunter auch "Amadeus". Obwohl Falco diese Nummer gar nicht gefällt, lälßt er sich schließlich darauf ein, sie mit eigenen Anpassungen - dem 'Falconizing' - einzusingen und bringt sie so zur endgültigen Fassung "Rock Me Amadeus". Er sollte für seine Einsicht prompt mit dem nächsten Hit belohnt werden.
So reibungslos, wie das hier klingt, geht diese Entscheidung jedoch nicht vonstatten, auch während der Produktion setzt Falco seine Eskapaden fort. Nach dem schnell eingespielten "Vienna Calling" geht es an die Aufnahmen zu "Jeanny", einem Song, dessen Entstehungsgeschichte ähnlich bizarr wie der anschließende Skandal darum ist. Falco ist mit dem vorgegebenen Text sehr unzufrieden und verändert ihn, vollgepumpt mit Whiskey und Koks bis in die frühen Morgenstunden. Beim Einsingen stößt er düstere Drohungen und wirre Textfragmente aus, läßt aber nicht locker und singt immer neue Versionen auf das Band, um dann anschließend auf dem blanken Studioboden einzuschlafen. Das dritte Album "Falco 3" kommt im Oktober 1985 auf den Markt und im Frühjahr 1986 gibt es dann den oben schon angedeuteten Skandal um "Jeanny", als dem Song Gewaltverherrlichung und andere Delikte vorgeworfen werden.
Sehr clever und geschäftstüchtig nutzt Bork die Schlagzeilen und den Boykott durch die Medien und treibt damit die Verkaufszahlen der Platte noch mehr nach oben.
Immer mehr Erfolg zieht immer mehr Druck nach sich, der in immer größeren Exzessen des Superstars endet und 1988 zu einem ersten, erfolglosen Therapieversuch führt.
In den folgenden Jahren wird es immer turbulenter, die Alben "Wiener Blut" und "Data De Groove" floppen, Falco sinkt immer tiefer ab. 1990/1991 verläuft schließlich eine Therapie soweit erfolgreich, dass noch ein Erfolg mit "Nachtflug" unter den Fittichen der Bolland-Brüder möglich wird. Doch schon während der Aufnahmen wird Falco erneut rückfällig und steht provozierend mit einer Whiskeyflasche am Mikrofon. 1993 führt ein Fiasko in der NDR Talk-Show dazu, dass Bork die geschäftliche Trennung von Falco einleitet, ihm als Freund aber weiterhin zur Seite steht.
Der Unfalltod des Sängers beschließt 1998 dann die Karriere des Österreichers, ohne dass es noch eine bemerkenswerte Veröffentlichung zu Lebzeiten gegeben hätte. Drei Wochen nach seinem Tod erscheint "Out Of The Dark", wird zum Tophit und gibt Anlaß zu allerlei Spekulationen, die Bork im Epilog der "Wahrheit" kommentiert.
Bork gibt in seinem Buch Einblick in sehr viele Details des Musikgeschäftes, allein das ist schon interessant zu lesen.
Auch der Mensch Hans Hölzel und sein Scheitern am eigenen Erfolg erhält einen breiten Raum. Es wird deutlich und verständlich, wie stark der Erfolgsdruck sich auf die Musikerpersönlichkeiten auswirkt und erklärt so auch, warum nicht wenige zum Opfer von Drogen und Alkohol werden. Bork zeigt viel von Hans Hölzel, dem Menschen hinter dem Superstar Falco, seiner Sehnsucht nach einem intakten Familienleben und seiner Unfähigkeit dieses zu leben.
Nicht zuletzt legt das Buch aber auch dar, wie anstrengend und aufreibend die Zusammenarbeit mit einem solchen Menschen werden kann. Immer wieder bügelt Bork die Verfehlungen seines Stars aus, bis es ihn soweit aussaugt und belastet, dass er sich gezwungen sieht, im eigenen Interesse einen Schlussstrich unter den geschäftlichen Teil der langjährigen Beziehung zu ziehen.
Ich zähle mich nicht zu den Falco-Fans, dennoch war das Buch richtig spannend zu lesen, als die Geschichte einer Freundschaft unter sehr ungewöhnlichen Umständen und die Auswirkungen von Erfolg und Erfolgsdruck.
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