Fee / Notaufnahme
Notaufnahme Spielzeit: 44:58
Medium: CD
Label: Sireena Records, 2011 (1981)
Stil: Neue Deutsche Welle, New Wave


Review vom 03.11.2011


Udo Gröbbels
Man sang wieder Deutsch
Dreißig Jahre ist es her, als Anfang der 80er die sogenannte 'Neue Deutsche Welle' über das Land schwappte. Natürlich ist es einerseits nachvollziehbar, wenn man heute auf diese Welle mit einem etwas verschämten Lächeln zurückblickt, denn Songs wie "Wissenswertes über Erlangen", "Der Knutschfleck" oder "Hohe Berge" waren zwar ganz nett, aber auch sehr banal. Trotzdem sollte man diese Phase nicht komplett unter 'verzichtbar' abspeichern und alle Bands in einen Topf werfen, denn ohne Zweifel hatte die NDW auch ihre guten Momente. Bands wie beispielsweise Extrabreit , Spliff und vor allem die Fehlfarben bewiesen, dass es auch kritische und gut gemachte Musik zu dieser Zeit gab.
Vom Krautrock zum Deutschrock
Auch die Braunschweiger Band Fee hob sich damals wohltuend von den Minimal-Bands der NDW mit dadaistischen Texten ab. Bereits 1970 gegründet, brachte die damals noch Holde Fee betitelte Band mit "Malaga" 1976 einen Insider-Klassiker auf den Markt. Ihre Mischung aus Jazz, Funk und Rock wurde damals noch in die Schublade 'Krautrock' gepackt. Nach der Umbenennung im Jahre 1980 und dem Stilwechsel hin zum deutsprachigen Rock, kam auch der Erfolg und immerhin 150.000 Einheiten wurden vom vorliegenden Album "Notaufnahme" verkauft. 30 Jahre nach der Erstveröffentlichung gibt es das mittlerweile rare Album endlich wieder mit gutem Sound und zwei Bonustracks auf CD.
Irgendwie NDW, aber anders
Unter der Leitung vom ehemaligen Rattles-Mitglied Frank Mille entstand dieses Debüt, das sich schon nach ein paar Sekunden zunächst als typisches NDW-Werk entpuppt. Alle Klischees wie die etwas nölende Stimme von Sängerin Marlies Borcherding oder die frechen Texte werden erfüllt. Aber wenn man dann etwas genauer hinhört merkt man, dass es sich nicht wie damals häufig üblich um eine Freizeitband handelt, die Dank NDW-Hype sofort einen Plattenvertrag erhielt, sondern um gestandene Musiker. Zwar kommt der Jazz-Hintergrund nicht mehr offen zum Vorschein, aber man merkt schnell, dass hier Profis am Werk sind. Was ebenfalls positiv auffällt, ist die für damalige NDW-Zeiten sehr gute Produktion, die auch heute noch gut klingt. Das kann man bekanntermaßen ja nicht von vielen Aufnahmen aus dieser Zeit behaupten.
Vor allem sind es aber die Songs die zählen und da kann man ebenfalls punkten. Natürlich findet man auch bei Fee Gaga-Texte wie "Kauf mir lieber 'ne blonde Gummipuppe" oder den schrägen "Eines Tages auf dem Elektrischen Stuhl", aber der Großteil ist absolut hörenswert. Schon der Opener "Amerika" besticht durch einen klasse Text und einer schönen Melodie mit zackigem Ska-Rhythmus. Nicht nur hier erinnert die weibliche Stimme stark an Nina Hagen. Ergänzend dazu erinnert Sänger Tom Ruhstorfer etwas an Jürgen Zeltinger. Diese Kombination der Stimmen plus dem knackigen Wave-Rock schafft eine interessante musikalische Einheit. Weitere Highlights sind das witzige "Mein Guru" und das ebenfalls mit einem originellen Text versehene "Der Inder".
Endlich mal wieder eine Wiederveröffentlichung, die absolut Sinn macht. Ich jedenfalls hätte sicher sonst nie von dieser außergewöhnliche CD erfahren. Musikalisch sehr abwechslungsreich (Rock, Ska, Reggae und wavige Elemente) und auch textlich sehr interessant, kann ich diese CD wirklich von Herzen an alle weiterempfehlen, die gerne mal wieder in die Achtziger abtauchen. Da passt dann auch wunderbar das damalige Motto der Zeit: »Ich will Spaß«. Den gibt es hier reichlich. Daher klarer Tipp für alle Nostalgiker aus diesem Bereich.
Nächstes Jahr soll dann übrigens auch das 82er-Album "Rezeptfrei" mit dem Mini-Hit "Schweine im Weltraum" wieder veröffentlicht werden.
Line-up:
Marlies Bocherding (vocals)
Tom Ruhstorfer (vocals)
Andreas Becker (guitar)
Gerd Reulecke (bass)
Lothar Brandes (keyboards)
Ralli Lewitzki (drums)
Tracklist
01:Amerika
02:Mein Guru
03:Kauf mir lieber 'ne blonde Gummipuppe
04:Kein Verkehr
05:Mach dich lieber anders tot
06:Eines Tages auf dem Elektrischen Stuhl
07:Du machst mich krank
08:Der Inder
09:Du bist mein Typ
10:Overdrive
11:Ich muss hier raus
12:Coole Beziehung
13:We Are The Winners (Soviel Geld)
14:Keine Mauer ist zu stark
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