Zopfabschneider oder Haarverlängerer? In welche Kategorie gehört das Power Blues-Trio Firebird? Eindeutig in erstere und sie befinden sich damit ganz in der Tradition der 'Jungen Wilden' der 1990er Jahre, die die damals reichlich angestaubte Bluesszene mit vergleichsweise harten Klängen gehörig entrümpelten: gemeint sind die Bonamassas, Tognonis und Trouts. Während die beiden Letztgenannten noch immer gewaltig auf die Socken hauen, gilt Bonamassa in dieser Szene fast schon als Verräter. Aber das wäre ein Thema für sich...
Firebird schließen da eher bei einem Rob Tognoni an: ungestüm, ungezügelt, unverbraucht! Die Mannen um den Ex- Napalm Death- und aktuellen Carcass-Gitarristen Bill Steer schließen eng an die Traditionen des 1970er Hard Rocks an. Hier vor allem an britische Rock-Ikonen wie Humble Pie oder Led Zeppelin, auch wenn den Jungs das Gerede, wem sie nun eigentlich nacheifern, wohl ziemlich auf die Nüsse gehen dürfte.
Firebird liefern mit "Double Diamond" erneut ein kleines Meisterwerk in Sachen blues-orientiertem Hard Rock ab, das sechste seit der Gründung 1999.
Gleich in doppelter Hinsicht stechen die Querverweise auf Thin Lizzy besonders ins Auge. Die Gitarrenläufe, vor allem wenn sie zweistimmig gestaltet werden, machen einem Scott Gorham oder Gary Moore alle Ehre. Bassist Smok Smoczkiewicz hat offensichtlich bei Phil Lynott ganz genau aufgepasst und treibt in ähnlicher Weise die Songs an. Immer wieder feuert er im Duett mit Billy Steers Gibson furiose Unisono-Attacken ab. Auch der phänomenale Drummer Ludwig Witt, vor allem bekannt durch seine Arbeit mit den Spiritual Beggars, legt einen ordentlichen, manchmal ziemlich 'rumpeligen' Teppich, was bei einem Blues-Trio unverzichtbar ist.
Zunächst fällt einmal positiv auf, dass sämtliche Songs sehr kompakt arrangiert wurden und allesamt auf zündenden Ideen basieren. Zumeist gehen diese Impulse von Billy Steers vorzüglicher Arbeit an der Gitarre aus... und singen kann er obendrein auch noch ganz vorzüglich! Die Riffs und die Hooks sind von einer Qualität, die den Hörer sofort verstehen mitzureißen. Aber es sind eben keine 'Blender' sondern werden mit jeder Menge Feeling vorgetragen. Zu beeindrucken weiß auch die immense Spielfreude des Trios, die mitsamt der vorhandenen handwerklichen Kunst aus "Double Diamond" ein absolut authentisches Stück Retro-Rock macht.
Wie schon gesagt schließen die Jungs am blues-orientierten, klassischen Hard Rock der Seventies an. Bei allen Reminiszenzen an die großartige Musik dieser Dekade klingen Firebird aber immer unverwechselbar nach Firebird und niemand anderem. Zudem scheint mir, der ich zwei weitere Scheiben der Band mein Eigen nenne, dieses sechste Studioalbum der bislang reifste Output Firebirds zu sein. Und das Ende dieser Skala ist noch lange nicht erreicht...
Mit "Soul Saviour" und "Ruined" startet "Double Diamond" ungemein druckvoll 'groovend', wobei den Drums durchaus noch ein 'Wumms' mehr hätte zugestanden werden können. Bei letzterem wechseln sich die rhythmischen und 'singenden' Gitarrenpartien sehr schön ab - und als Sahnehäubchen wird ein zwar kurzes, aber dafür umso intensiveres Solo unter die Strophe gelegt. "Bright Lights" spinnt genau diesen Faden weiter und "For Crying Out Loud" setzt man sogar noch 'einen drauf'. Hier kann man die großen Vorbilder Phil Lynott und Scott Gorham am deutlichsten heraus hören.
Ein weiteres Glanzlicht setzt das als Power Ballade beginnende "Farewell", das sich in einen formidablen Midtempo-Rocker zu steigern vermag. Auch "A Wing & A Prayer" gehört eindeutig zu meinen 'Favs' - das 'Blechliesel' lässt erneut herzlich grüßen!
Ein feines Teilchen ist auch das mit 'angezogener Handbremse' vorgetragene "Arabesque". Hier werden - wie der Titel schon vermuten lässt - orientalisch anmutende Harmonien geschickt in einen Heavy-Rocker verschachtelt. Mit "Lose Your Delusions", basierend auf dem griffigsten Riff der ganzen Scheibe, und "Pantomime", einer enorm druckvollen Heavy Ballade, beschließen die beiden vielleicht besten Songs "Double Diamond" eindrucksvoll und nachhaltig.
Leider viel zu schnell... und das ist der einzige Kritikpunkt an dieser Scheibe. Sorry, aber lediglich 36 Minuten sind - da bin ich etwas penibel - heutzutage einfach zu wenig für einen Datenträger, der locker das Doppelte zu fassen vermag. Und auf das Sprichwort »In der Kürze liegt die Würze« kann man ohnehin locker verzichten!
Anyway: Firebird legen mit "Double Diamond" auf Lee Dorians kleinem, aber feinen Rise Above-Label eine glänzende 'Schaumkrone' auf die Classic Rock/Retro-Welle. Blues- wie Hard Rock-Fans dürfen sich gleichermaßen angesprochen fühlen.
Line-up:
Bill Steer (vocals, guitar)
Smok Smoczkiewicz (bass)
Ludwig Witt (drums)
Tracklist |
01:Soul Saviour (4:24)
02:Ruined (3:26)
03:Bright Lights (3:57)
04:For Crying Out Loud (2:33)
05:Farewell (3:54)
06:A Wing & A Prayer (2:57)
07:Pound Of Flesh (2:45)
08:Arabesque (3:15)
09:Lose Your Delusions (3:22)
10:Pantomime (5:12)
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