Derek William Dick
Der Fish, der das Wasser liebt
Im Gespräch
Im Rahmen der "Return To Childhood"-Konzertreihe gastierte der schottische Ausnahmekünstler Derek William Dick alias Fish mit Band am 29. April 2006 auch in Thüringens Landeshauptstadt Erfurt, wo ihm an diesem Abend ein begeisterter Empfang bereitet wurde. Ich bekam die Gelegenheit, vor dem grandiosen Konzert im Stadtgarten , einem relativ entspannten Herrn Dick einige Fragen zu stellen.
FishRockTimes: Ursprünglich sollte es ja eigentlich nur eine einzige Show von "Return To Childhood" in den Niederlanden geben.
Was waren die Beweggründe, dieses Unterfangen zu einer Konzerttournee auszuweiten?
Fish: Wenn du die eine Show in den Niederlanden 2001 meinst, da spielten wir das "Misplaced Childhood"-Album nur als einen Teil einer Zusammenstellung. Und alle Menschen sagten uns, warum macht ihr nicht noch mehr davon, aber ich wollte das nicht wirklich tun, weil da ein Album war, an dem ich gearbeitet habe. 2004 habe ich die Tour für das "Field Of Crows" Album beendet, welches mein letztes Studio Album war, und wollte danach 2005 unbedingt wieder auf Tour gehen. Diesmal mit dem "Misplaced Childhood" Album, zu dessen 25 jährigen Jubiläum im Liveprogramm. Die Reaktionen darauf waren großartig, wirklich gut und sind es immer noch.
Nach dem heutigen Auftritt in Erfurt spielen wir noch zwei Shows in Stuttgart und Augsburg und kommen Ende des Jahres (September / Oktober) noch einmal zurück für einige kleinere Konzerte. Es ist schwer für mich, denn ich passe auf eine 15jährige Tochter auf und kann deshalb normalerweise nicht auf eine lange Konzerttour gehen. Nächste Woche sind noch ein paar Termine und Ende nächster Woche werde ich nach Hause zurückkehren.
RockTimes: Was waren die eigentlichen Beweggründe, gerade das "Misplaced Childhood"-Album als quasi Remake, wieder auf die Bühnen zu bringen?
Fish: Weil es einerseits sein 20jähriges Jubiläum hat und es anderseits immer ein sehr spezielles Album für mich war. Es entstand in einer sehr speziellen Zeit meines Lebens und enthält starke autobiografische Züge, wie die meisten meiner Alben.
RockTimes: Wird es noch mal eine DVD-Veröffentlichung davon geben? Wenn ja, warum?
Fish: Ja, es gab einen Mitschnitt im Paradiso in Amsterdam, die gleiche Woche als wir die Aufnahmen zum Sound und Tourbuch gemacht haben. Das Ganze erscheint Ende August.
RockTimes: Der Split bei Marillion verlief damals nicht eben freundschaftlich. Könntest Du Dir eine Zusammenarbeit mit deinen früheren Kollegen von Marillion wieder vorstellen bzw. besteht wieder Kontakt?
Fish: Ich will nicht darüber reden - es ist zu lange her. Ich kann mir keine Zusammenarbeit in der Zukunft mit meiner alten Band vorstellen. Ich vielleicht , aber sicherlich nicht die Band.
RockTimes: Wieso wurden in letzter Zeit so viele Live-Aufnahmen von Dir veröffentlicht?
Hast du diesbezüglich keine Angst vor einem künstlerischen Ausverkauf?
Fish: Ich verstehe nicht, was ein Verkauf von vielen Live-Alben mit einem musikalischen Ausverkauf zu tun hat. Du weißt, ich habe viele Live Alben gemacht, aber ich sehe es nicht als musikalischen Ausverkauf. Jedes Mal, wenn ich auf Tour gehe, ist das mit unterschiedlichen Musikern und jedes Mal passieren dabei auch unterschiedliche Dinge. Jedes Mal werden davon Bootlegs gefertigt und wenn ich keine Live-Alben veröffentliche, verdiene ich kein Geld. Die Regierung will ja schließlich auch ihr Geld. Wir dagegen verkaufen halt T-Shirts und Dinge, die Fans mögen. Am Ende der Tour werden wir wieder ein Live-Album auf den Markt bringen, und wenn die Menschen das nicht kaufen wollen, dann müssen sie das auch nicht tun.
RockTimes:Fish Erzähle uns etwas über deine derzeitig aktuelle Begleitband?
Fish: Da ist Frank Usher an der Gitarre, mit dem ich schon sehr lange zusammenarbeite,Steve Vantsis am Bass, mit dem ich seit 5 Jahren arbeite, Tony Turrell am Keyboard, Gitarrist Andy Trill und der neue Schlagzeuger Dave Innes , der erst seit der letzten Tour mit dabei ist, weil mein alter Drummer geflüchtet ist.

(Anm.d.V: Frank Usher ist Jahrgang 1949 und erlebte seine Kindheit in Gateshead,Durham ,wo er angetrieben von Rockrebellen wie den Rolling Stones, Pretty Things mit vierzehn zur Gitarre griff. Seit 1966 ist er fest in der britischen Folk, Blues und Rockszene involviert und begleitet Herrn Dick von Anfang an bei seiner Solokarriere.
Tony Turrell ist Jahrgang 1970, wuchs in Leicester auf und sammelte seine ersten musikalischen Erfahrungen bei einer Doors-Coverband. Danach arbeitete er noch mit Positive Light und The Silent Buddhas zusammen bzw. etablierte sich als gefragter Re-Mixer.
Steve Vantsis wurde 1969 in Leith, Edingburgh geboren und arbeitet schon viele Jahre als Studiomusiker und Produzent für Künstler wie Jimmy Miller, Paula Jones u.a.
Der gelernte Grafik Designer war u.a. bei den Fish-Alben "Sunsets On Empire", "Fellini Days" mit beteiligt.
Andy Trill erblickte 1963 in Burnley,Lancashire das Licht der Welt, seine musikalischen Erfahrungen sammelt er seit 1978, wobei dieser u.a. mit Tony in dessen Doors-Coverband zusammenspielte.
Dave Innes trommelte zuletzt für Midge Ure und Paul Carrack.)
RockTimes: Woher beziehst Du deine Inspiration für die Songs?
Fish: Aus dem Leben im Allgemeinen. Es ist so, keine Frau oder etwas ähnliches, einfach nur das Leben. Eben nicht im Globalen - ich treffe Leute, höre Geschichten und verarbeitete es in meinen Liedern.
RockTimes: Sind die Arrangements deine alleinige Arbeit oder hattest du Hilfe von Musikern?
Fish: Wir machen das im Kollektiv. Ich spiele leider kein Instrument und deshalb erarbeiten wir das gemeinsam im Team.
RockTimes: Wie sieht es mit den Plänen für ein neues Studioalbum aus?
Kannst du uns schon ein paar Details dazu preisgeben?
Fish: Es wird kommen, aber ich weiß noch nicht wann. Wir beenden die Tour Ende des Jahres. Es hängt an einigen Dingen. Es ist selbstverständlich abhängig davon, ob wir die Tour noch etwas ausweiten bzw. auch wo mich mein Weg hinführt. Es spielen verschiedene Handlungen dabei eine Rolle, ganz besonders auch meine Tochter. Ich weiß noch nicht wann es kommen wird, ich weiß eigentlich noch gar nichts darüber, auch noch nicht wie es heißen wird. Ich habe überhaupt noch kein Konzept - auch keine Texte. Aber eins ist sicher, es wird eins geben. Ich bin viel zu beschäftigt mit der Tour im Moment, dass ich einfach darüber nicht zum schreiben komme.
RockTimes: Der Fisch ist ja auch ein urchristliches Symbol. Bist Du schon einmal für einen Künstler aus der christlichen Szene gehalten worden und wie ist dein Standpunkt zum Thema Glaube und Musik?
Fish: Ich bin kein Christ und wurde bisher auch noch nie für einen Musiker aus der christlichen Szene gehalten. Ich habe keine Meinung zu Glaube und Musik. Es interessiert mich einfach nicht. Ich will auch nicht darüber reden.
RockTimes: Warum nennst du dich dann Fish?
Fish: Ich mag Wasser.
RockTimes: FishWas denkst Du über die momentane internationale Musiklandschaft bzw. deren Tendenz?
Fish: Ich habe kein Interesse an der momentanen Musikszene. Ich bin an keiner Band interessiert, dafür schaue ich gern Filme, bevorzugt die neuen Filme, bin da aber nicht festgelegt. Ich sehe viel davon, vier bis fünf Filme die Woche. Ich habe bessere Dinge im Leben zu tun, als mir anderen Leuten ihre Musik anzuhören. Ich mag es Musik zu machen und ich mag die Musik von früher.
RockTimes: Inwiefern haben dich Genrebands und Künstler der 70er Jahre, wie Genesis etc., bei deiner musikalischen Entwicklung beeinflusst?
Fish: Ja, haben sie getan und das ist gut dokumentiert in den 25 Jahren, die ich dabei bin. Sie beeinflussen mich jetzt aber nicht mehr.
RockTimes: Im Musikgeschäft geht es ja auch ums Geldverdienen!
Ist Promotion wirklich der einzige Schlüssel zum Erfolg und nicht Qualität? Uns interessiert deine persönliche Meinung dazu.
Fish: Es gibt zu viele Bands, einfach ein Überfluss an Musik und es gibt eine Menge weniger gute Musik.
RockTimes: Gibt es einen musikalischen Traum, den Du bisher noch nicht verwirklicht hast?
Beziehungsweise gibt es einen Musiker, Künstler, mit dem du gern einmal zusammenarbeiten würdest?
Fish: Vielleicht David Gilmour oder Midge Ure. Beide sind wirklich interessante Typen und hervorragende Songschreiber.
RockTimes: Wie sieht dein Wunsch für die Zukunft aus?
Fish: Die Tour beenden, heim gehen, Spargel und Bratkartoffeln im Sommergarten essen, und meine Tochter wieder sehen. Ich bin nun einmal ein Familienmensch. Sie kommt mit auf Tour wenn sie Ferien hat, jetzt geht sie aber in die Schule, die Regierung würde mich sonst einsperren wenn ich sie mitbringen würde während dieser Zeit. (lacht)
RockTimes: Du gastierst ja zum wiederholten Mal in Thüringen. Was weißt du über dieses Bundesland und die Menschen hier?
Fish: Es ist einer der schönsten Plätze in Deutschland wo ich jemals gewesen bin. Ich mag es entlang der Flüsse und Brücken zu laufen, und mich interessiert auch die Geschichte und Architektur.
Mein Lieblingsplatz in der Welt ist aber mein Zuhause, denn mein erster Job in der Welt ist nun einmal meine Tochter. Das ist das Wichtigste in meinem Leben.
RockTimes: Zum Schluss bitte noch eine ganz persönliche Botschaft an unsere Leser.
Fish: Seid echt und nicht kindisch.
Mein ganz persönlicher Dank geht an meine Dolmetscherin Mandy, Winfried Völklein, Wiv Entertainment und Moritz, Gordeon Music.


Interview mit Derek William Dick (Fish)
Ingolf Schmock, 11.05.2006