Zurückbesinnen in die 80er-Jahre und daran erinnern, dass die Band Marillion die damals kaum noch beachtete progressive Musik wieder salonfähig gemacht hat. Nach solch unnachahmlichen Alben wie "Script For A Jesters Tear" und "Fugazi" erschien im Jahr 1985 das Konzeptalbum "Misplaced Childhood". Es dürfte sich dabei wohl um das erfolgreichste Album Marillions mit Derek William Dick, alias Fish, als Leadsänger handeln. Gut 20 Jahre nach diesem Release kommt der 1958 in Edinburg (Schottland) geborene Sänger wieder nach Deutschland und spielt zunächst im Rahmen dieser Tour 4 Konzerte unter dem Motto 'Return To Childhood'. Mit im Gepäck hat er dabei, neben einigen Songs seiner seit 1988 bestehenden Solokarriere, das gesamte Konzeptalbum aus 1985, und das live auf der Bühne.
Das Konzert in Mainz war eigentlich im 'KUZ' in der Dagobertstraße geplant gewesen, wurde aber auf Grund der enormen Kartennachfrage kurzfristig in die 'Phoenixhalle' in Mainz-Mombach verlegt. Und so kamen ca. 1500 Fans zu Fish, und das ist, nach den vielen Höhen und Tiefen, endlich mal wieder ein richtiger Erfolg für den Sänger. Noch vor dem ersten Ton unterhielten sich meine Begleiterin und ich noch, wie alt Fish denn nun wohl sei. Gefühlsmäßig antwortete ich: "Um die 50 müsste er eigentlich sein". Ich mache keinen Hehl daraus, dass Fish nach außen wirklich gealtert ist, und als er uns noch im ersten Drittel des Sets erzählte, dass er 2 Tage zuvor 48 Jahre (* 25.04.58) alt geworden ist, war ich ein wenig erstaunt, denn er wirkte auf mich älter. Nun denn, soll der ganzen Sache natürlich keinen Abbruch tun.
Die 'Phoenixhalle' in Mainz ist bekannt dafür, dass es sehr schwierig zu sein scheint, einen anständigen Sound zu mixen, und so war es auch wieder an diesem Abend. Der Mann am Mischpult drehte alles sehr laut, die Instrumente kamen breiig rüber. Es gab zwar später Stimmen, die sagten, dass ganz vorne vor der Bühne alles okay gewesen sei, aber im weiten Rund der Halle war es diesmal wirklich nicht toll.
Was aber nichts daran ändert, dass Fish mit offenen und jubelnden Armen empfangen wurde. Es war von Anfang an eine Art Heimspiel. Fish und seine Mannen spielten in der ersten Stunde 8 Songs aus seinem Solo-Repertoire, allen voran kamen "Brother 52" und das von "Internal Exile" stammende "Credo" besonders gut an. Die Band ließ die erste Hälfte ausklingen, in dem jeder Musiker nach und nach die Bühne verließ, bis zum Ende hin eben nur noch Schlagzeuger David Innes präsent war. Nun ja, das kleine Solo auf seinem Drumset hätte er sich sparen können.
Ich muss sagen, die Stimmung war schon zur Mitte des Konzertes recht gut, aber als dann das bekannte Intro "La Gazza Ladra" aus der PA ertönte, ging im Publikum richtig die Post ab. Von jetzt an wurde Fish gefeiert, und es war augenscheinlich Balsam auf die Seele dieses Mannes, der es wirklich genoss, wieder Erfolg zu haben. Er wirkte auf mich stellenweise wie ein gebrochener Mann, der nun endlich wieder den Lohn seiner harten Arbeit einfährt. Auch wenn gerade an der Rhythmusgitarre ein paar Patzer wirklich nicht zu überhören waren, und wenn der Schlagzeuger im hinteren Teil der Childhood-Setlist etwas uninspiriert wirkte, muss man zu dem Fazit kommen, dass die Begleitband das Original wirklich gut gespielt hat. Frank Usher an der Leadgitarre und Fish spielen ja ohnehin schon sehr lange gemeinsam.
Als Fish wohl merkte, dass im Konzert nicht mehr viel schief gehen konnte, fehlte dann auch der Schluck Wein direkt aus der Flasche nicht mehr. Fish hatte gute Laune (was ja bei diesem Mann wahrlich nicht immer der Fall ist). Er unterhielt sich mit dem Publikum in deutscher Sprache. Aus internen Kreisen ist aber bekannt, dass diese Stories einstudiert sind und er nach eigenen Angaben kein Deutsch kann.
Noch eine kleine Anekdote aus dem Hause Fish: Zu den Zugaben erschien Fish mit einem gelben Trikot auf der Bühne. Er machte dem Publikum klar, dass er drei verschiedene Fußballmannschaften liebt.
1. Seinen Heimat-Club in Schottland
2. Die schottische Nationalmannschaft
3. Jede Mannschaft, die gegen England spielt!!!
Ja, das ist Fish und sein Nationalstolz. Es gab dann noch "Incommunicado", "Market Square Heroes", von den Fans frenetisch mitgesungen, und ganz zum Schluss der Klassiker "Fugazi".
So ging nach über 2 Stunden ein doch schönes Konzert zu Ende. Ein bombastisches Album auf einer aufgeräumten Bühne mit einem unmaskierten Fish. Alles in einem anderen, aber nicht wirklich schlechteren Flair, als damals vor 20 Jahren!
Ganz recht herzlichen Dank bei Annette Höfer, Mainz, für die schönen Konzertbilder!
Setlist:
Big Wedge
Moving Target
Brother 52
Raingods Dancing
Wake Up Call (Make It Happen)
Innocent Party
A Cold Long Day
Credo
La Gazza Ladra
Misplaced Childhood (Full Album)
Encore:
Incommunicado
Marquet Square Heroes
Fugazi
Line-up:
Vocals: Fish
Guitars: Andy Trill
Guitars: Frank Usher
Bass: Steve Vantsis
Keyboards: Tony Turrell
Drums: Dave Innes
Unser Dank geht an Moritz von 'Gordeon Music'.
Bilder vom Konzert
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