Flaming Bess / Der gefallene Stern
Der gefallene Stern Spielzeit: 77:41
Medium: CD
Label: Arkana Multimedia, 2013
Stil: Hörspiel / Prog

Review vom 05.10.2013


Ulli Heiser
Wenn sich die Sternenprinzessin und Göttin des Lichts 'Flaming Bess' zusammen mit ihrem Gemahl, dem Helden 'Arkana' bei mir zum Besuch ankündigt, dann muss mittlerweile nicht mehr in den Geschichtsbüchern nachgelesen werden. Ganz vertraut sind mir die Geschichten, die musikalisch auf höchstem Niveau erzählt werden. Die Düsseldorfer Kultband Flaming Bess schafft es immer wieder, die Legende der aus der Unendlichkeit des Universums kommenden Göttin am Leben zu erhalten, indem sie uns immer wieder neue Informationen zukommen lässt - aktuell mit dem neuen Werk "Der gefallene Stern".
Die Band ist im Jahre 2013, fast fünfundvierzig Jahre nach Gründung, selbst Legende und absolut eingespielt. Und vertraut. So vertraut, dass zumindest ich weiß, was ich zu tun habe. Kein Vorabhören im Auto oder am PC - nein, Flaming Bess-Platten wollen anständig gehört sein. Zeit brauchts. Und Vorbereitung. Ein ruhiger, störungsfreier Abend ist unabdingbar, will man sich mit der Göttin aus den unendlichen Weiten 'treffen'. Dazu gönnt man sich eines der seltenen Vergnügen, in Ruhe und Andacht einen alten Whisky (ohne e) zu genießen. So vorbereitet, legt man den Raumhelm in Form eines Kopfhörers an, schließt am besten die Augen und erwartet voller Vorfreude die ersten Klänge ...
Ein einsames Klavier hämmert, orchestral aufgebaut gesellen sich die anderen Instrumente dazu und wie ein alter Freund setzt schließlich die angenehm gefärbte Gitarre zu einem ersten Lauf an. Warten. Warten auf die Göttin. »Kobaltblaue Mandelaugen, samtene Elfenbeinhaut, umgürtet mit glitzernden Perlgewändern« ... so wird sie beschrieben. Noch ein Schluck vom Wasser des Lebens und die Erzählung setzt ein. Was ansonsten oft als störend empfunden werden kann, ist bei diesem 'Film' einfach genial: die gesprochenen Texte, die ab und an über die Musik gelegt werden und von der fernen Welt berichten. Wie bereits erwähnt, das kommt im Auto weniger gut. Zu Hause, im Raumschiff und mit Helm, lässt es sich aber perfekt an. Die Musik beackert ein weites Feld. Ein sehr weites. Rockige Parts mit markanten Gitarrenspuren leben in perfekter Eintracht mit sphärischen, krautigen, psychedelischen Pendants.
So alt wie die Geschichte aus Aklabeth, kommen einem manche Instrumentalpassagen vor. Prog- und Kraut-Tunes, noch älter als der alte Highland-Brand im Glas, erfreuen auch im neuen Millennium das Hirn unter den weißen Haaren. Sie leben in perfekter Symbiose mit AOR-mäßigen oder teils harten Rockmomenten und untermalen die Fantasy-Geschichte mehr als adäquat.
Nachschenken. Akustikgitarre, Flöte, süße und schwere Keyboards sorgen dafür, dass man ganz relaxt im Sessel kauert, lauscht und dann wieder gespannt den dramatisch vorgetragenen Texten folgt. Der Kopf hat abgeschaltet. Und zwar in der Form, dass man nun weniger einer CD lauscht, sondern vielmehr einen imaginären Film anschaut, dessen Soundtrack einfach nur begeistert. Erholung braucht ihr nach einem langen Arbeitstag? Vergesst After-Work-Parties, spart euch den Spa-Besuch. CD-Player, Sessel und Kopfhörer genügen vollauf, wenn man vorliegende Silberscheibe im Hause hat. Flaming Bess können wie Medizin wirken, wenn man sich darauf einlässt. Und das Darauf-Einlassen ist nicht mal schwer. Sobald die ersten Sekunden im Player angezeigt werden, bleibt einem gar nichts anderes übrig, als an der Reise durchs All teilzunehmen.
"Der gefallene Stern" ist wie seine Vorgänger ein konzeptionelles Album, das man naturgemäß am Stück hören sollte. Wegen der Erzählungen natürlich, aber auch der Musik wegen, die perfekt - handwerklich wie kompositorisch und dramaturgisch - damit fusioniert. Rein musikalisch gesehen, kann man der Musik alleine natürlich auch z. B. im Auto lauschen. Vielleicht dann den Player so programmieren, dass man die gesprochenen Passagen skipt. Aber dann ist "Der gefallene Stern" 'nur' die halbe Miete. Zuhause ist's am Schönsten. Wer grad keinen Highländer hat, kann selbstverständlich auch einen mit e nehmen, oder einen guten Roten, oder einen gefälligen Tee. Trinkt, was ihr wollt. Hauptsache ihr tretet die Reise an.
Line-up:
Hans Wende (Bass, Gitarre)
Hans Schweiß (Schlagzeug, Percussion)
Peter Figge (Tasteninstrumente)
Achim Wierschem (Gitarre, Programmierung)
Claas Reiner (Loops, Synthesizer, Effekte)

Mike Hartmann (Text und Gesang - #8, 12, 13)
Julian Küster (Akustik Gitarre - #13)
Hacki Kommel (unverzerrte Gitarre - #13)
Jenny K. (Gesang - #4,5)
Markus Roth (Synth Solo, Klavier und Orgel - #13, Flöte - #14)
Mirjam Wiesemann (Stimme des Sterns)
Markus Wierschem (Geschichte und Stimme des Namenlosen)
Jef de Corte (Illustration des Portals, Orchesterarrangement - #11, Bläser - #2, 15)
Tracklist
Verloren im Dunkel
01:Erwachen (3:14)
02:Verloren im Dunkel (1:56)
03:Nosce Te Ipsum (5:58)
04:Verzweifelt und Vergessen (4:58)
05:Der gefallene Stern (6:30)
Anderwelt
06:Anderwelt (4:32)
07:Lichtpfad (5:14)
08:... wie Wüstenregen (5:16)
09:Identropie (4:20)
10:Erlösung? (6:18)
Am Fluss von Sein und Zeit
11:Am Fluss von Sein und Zeit (3:29)
12:Die Kyberniten (4:50)
13:Haravienna (12:20)
14:Rückkehr (4:55)
15:Friedhof der Träume (3:45)
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