Fleetwood Mac / In Chicago
In Chicago
Weiße Bluesmusiker trafen schwarze Blueser. 1970 kam es in den Londoner Olympic Sound Studios zu einer Zusammenkunft von Eric Clapton, Steve Winwood, den Rolling Stones-Members Bill Wyman und Charlie Watts, Ian Stewart und Howlin' Wolf, veröffentlicht unter dem Titel "The London Howlin' Wolf Sessions".
1969 begaben sich Fleetwood Mac für Aufnahmen u.a. mit Wolf Begleitmusikern (Otis Spann, Willie Dixon) in die berühmten Chess Studios.
Leck die Söck, es ist nicht zu glauben in wie vielen Versionen diese Session mit unterschiedlichen Titeln auf Silberling gebannt wurde. Welch ein Durcheinander. Das vorliegende Review-Exemplar hat den Titel "In Chicago" und stammt aus dem Jahr 1993. immer noch mit einem Sticker versehen: 'Blues Jam At Chess'.
In unterschiedlichen Kombinationen von Musikern hören wir uns durch die Doppel-CD. Ein cool, relaxt groovendes "Watch Out" und Howlin' Wolfs "Ooh Baby" zunächst ohne die schwarzen Bluesheroen. Peter Green am Mikro und zusammen mit Danny Kirwan an den Gitarren.
Noch so ein Ding! Shackey Norton!!!! Gemeint ist natürlich der Harper Big Walter Horton.
"South Indiana" ist in zwei Ausgaben auf dem Album. Take 1 ohne Kirwan. Beim Take 2 dann mit ihm. So kommt der Track natürlich um einiges kräftiger rüber.
Der Titel "In Chicago" macht das, was bei den Aufnahmen abgegangen ist, m.E. nicht so deutlich.
"Blues Jam At Chess" ist da schon treffender. Es wird gejammt und alles ist live. Selbst die Studiogespräche sind auf dem Silberling belassen, sodass man das Gefühlt hat, unmittelbar dabei zu sein.
Weder Danny Kirwan noch Jeremy Spencer können einem Peter Green, wie er sich hier präsentiert, das Wasser reichen. Green hat das Feeling für den Chicago-Blues. Es stellt sich die Frage, ob auch Page, Beck oder Clapton zu dem Zeitpunkt dazu in der Lage waren.
In "Red Hot Jam" sind sie dann (fast) alle zu hören: Horton, Guitar Buddy (machen wir uns nichts vor, hinter dem Namen verbirgt sich Buddy Guy), Honeyboy Edwards und Willie Dixon. Wieder so ein heißes Groove-Stück! Danach wird mit "I'm Worried", "I Held My Baby Last Night", "Madison Blues" und "I Can't Hold Out" ausgiebig Elmor James gewürdigt. J. T. Brown, der lange Jahre in James' Band war, gesellt sich am Saxofon dazu, ich mag diesen Sound immer wieder und er hat eine tragende Rolle in den Songs.
Jeremy Spencer hat genügend Raum und kann sein Vorbild an der Slide-Gitarre ehren.
Einen Tag im Studio verbringen, mit diesen Musikern, das allein ist schon Anerkennung wert. Und dann auch noch mit diesem hervorragenden Ergebnis.
Diese Session gibt es auch als Einzel-CD. Das bringt alles nichts, wenn man sich mit einem Rundling zufrieden gibt. Der Griff muss zum Doppelpack gehen, denn das Hörvergnügen ist mit einer CD keine gesättigte Lösung!
CD 2 ist mit weiteren Highlights gespickt. Zusammen mit Green an der Gitarre singt Kirwan die ersten vier Tracks, bevor Otis Spann und dann J. T. Brown das Mikrofon übernehmen.
Über den Klassiker "Everyday I Have The Blues" und "Rockin' Boogie" (Spencer, Green und Edwards an den Gitarren) gibt es zum Abschluss eine prächtige Ausgabe von "Homework".
Die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort.
Aus der heutigen Sicht kann man sich diese Zeitreise als ein mehr als lohnenswertes Blues-Dokument in den Plattenschrank stellen, wenn man es nicht schon hat.


Spielzeit: 53:27 (CD 1), 50:01 (CD 2), Medium: Do-CD, Sony Music/Blue Horizon, 1993 (1969), Blues
CD 1:
1:Watch Out 2:Ooh Baby 3:South Indiana-Take 1 4:South Indiana-Take 2 5:Last Night 6:Red Hot Jam 7:I'm Worried 8:I Held My Baby Last Night 9:Madison Blues 10:I Can't Hold Out 11:I Need Your Love 12:I Got The Blues
CD 2:
1:World's In A Tangle 2:Talk With You 3:Like It This Way 4:Someday Soon Baby 5:Hungary Country Girl 6:Black Jack Blues 7:Everyday I Have The Blues 8:Rockin' Boogie 9:Sugar Mama 10:Homework
Joachim P. Brookes, 04.08.2006